
Abgeguckt von Mutter Natur: Biomimetics
In der Natur scheint alles reibungslos zu funktionieren. Unsere Umwelt hatte Jahrmillionen Zeit die nachhaltigsten und effizientesten Wege zu entwickeln, die ein Leben ermöglichen. Darin hat alles seinen Platz und seine Funktion. Jedes Lebewesen trägt seinen Teil zu den komplexen Systemen und Kreisläufen bei, sodass stets ein Gleichgewicht herrscht.
Solch einen Kreislauf durchwandert ein einfaches Laubblatt von den Baumkronen bis in den Boden, wo es zu Humus zersetzt wird. Dabei ist es zu jeder Zeit von großem Nutzen für seine Umwelt unterdessen der Kreislauf stets von vorn beginnt.
Solche natürlichen Vorgänge, Konzepte und Strategien könnten doch auch Menschen von der Natur abschauen, oder?
Na klar! Das tun wir sogar bereits!
Das Fachgebiet Biomimetics beschäftigt sich damit die Muster und den Sinn natürlichen Designs zu verstehen und diesen anschließend auf menschliche Designs zu übertragen. Es werden dabei wissenschaftlich und entwerfend technische, chemische und biologische Prinzipien in künstlichen Systemen oder Maschinen umgesetzt und damit biologische Prozesse imitiert. Man erhofft sich, dass durch Biomimetics technischer Fortschritt entsteht und Lösungen für menschliche Probleme gefunden werden. Von der Natur abgeschaut sind diese auf lange Sicht nachhaltig und funktionieren auch in der Praxis. Solche Innovationen sind teilweise noch Zukunftsmusik, jedoch gibt es bereits alltagstaugliche, von der Natur abgeschaute Vorgänge, die wir für selbstverständlich nehmen.
Ein sehr bekanntes Beispiel ist der Lotus-Effekt. Die Lotusblume ist durch spezielle, noppenartige Nanostrukturen sehr stark wasserabweisend und gleichzeitig selbstreinigend, da die abperlenden Wassertropfen die Schmutzpartikel entfernen. Dieser Effekt wurde untersucht und nachempfunden, sodass es heute Wasserabweisende Stoffe für Zelte oder Jacken gibt, sich selbst reinigendes Glas, oder Kleidung, die keine Flecken bekommt.

Häuser, die ihre eigene Temperatur ohne Klimaanlagen selbst regeln, sind weiterhin Beispiele für Biomimetics. Diese Technologie wurde von Termiten abgeschaut, in deren Hügeln die Luft ständig zirkuliert. Innerhalb der Termitenhügel gibt es viele enge Gänge, einen großen von ganz unten nach ganz oben führenden Gang in der Mitte und weiterhin mehrere vertikale im äußeren Bereich. Die Luft in den äußeren Gängen heizt sich bei warmen Außentemperaturen auf und steigt nach oben. Dort kommt sie nicht weiter und wird gezwungen im großen Mittelgang abzusinken. Dabei kühlt sie sich ab, schiebt die kalte Luft vor sich her und drückt diese in die Gänge bis sie ganz unten ankommt. So beginnt der Kreislauf von neuem. Inspiriert von den Termiten kann man Gebäude nun theoretisch so bauen, dass die Luft innerhalb eines Gebäudes durch die Temperaturschwankungen außerhalb zirkuliert, ohne Energie verbrauchen zu müssen.

Und so gibt es vieles, was perfekt funktionierend und bis ins kleinste Detail geplant vor unserer Nase liegt. Wir müssen nur zuschauen, verstehen und anwenden.
Die Möglichkeiten und Anwendungsgebiete von Biomimetics sind unbegrenzt. Von sozialen Strukturen über Bildung, Architektur, Medizin und Stoffkreisläufen bis hin zu Design zeigt uns die Natur einen Weg, der sich bereits bewährt hat. Es ist an uns diese Vorgänge zu analysieren und unsere eigenen Probleme damit zu lösen.
Durch die Kurzsichtigkeit des Menschen haben wir Vieles geschaffen, was für den Moment vielleicht von Nutzen ist aber auf lange Sicht keine weitere Verwendung hat. Das sieht man beispielsweise an den riesigen Plastikfluten, die uns zu überwältigen drohen und unsere Meere ersticken, da Plastik nach Gebrauch fast nicht wiederverwendbar ist. In der Natur gibt es so etwas nicht, dort ist alles bis ins kleinste Detail miteinander verflochten und gehört zu einem Kreislauf, der das Überleben sichert.

In dieser Hinsicht können wir Menschen uns noch viel von der Natur abkucken und von ihr lernen. Allerdings sollten wir dabei nie vergessen, dass auch wir ein Teil des großen Komplexes sind und von dessen Wohlergehen abhängen. Obwohl wir uns bereits sehr weit von ihr entfernt haben, sind wir Menschen mit der Natur verbunden.
Es ist unser zu Hause, welches wir mit unserem rücksichtslosen Denken und unüberlegten Eingriffen in Gefahr bringen. Wir müssen nun einen Weg finden uns in diesen Komplex einzufügen, ohne das empfindliche Gleichgewicht zu zerstören. Vielleicht kann uns unser zu Hause helfen, nachhaltige Wege des zivilisierten Lebens zu finden und uns damit auf einen besseren Weg bringen. Biomimetics ist immerhin ein Anfang.
Titelbild: Ökosystem Wald; DSC06730-c-Robert-Gunether-WWF.JPG: © Robert Günther / WWF
Eine Story von: Lena
Lena schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community.
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