
Türchen 14
Wandel hat viele Gesichter. Wandel hat auch unterschiedliche Auswirkungen und sorgt wiederum für den Wandel in anderen Bereichen. Im heutige Türchen erfährst du eine solche Wandelbeziehung besser kennen.
Genauer genommen die Folgen des Kohleausstieg auf die Baubranche.
Baustoff Gips Dieses Weisse Pulver, welches ihr vielleicht schon mal im Kunstuntericht oder eurem gebrochenem Arm hattet. Die Mengen, welche aber in Baubranche gebraucht werden sind um einiges größer. Und ein sehr großer Teil davon wird als Nebenprodukt bei der Kohleverstromung erzeugt. What?!
Ja, der sogenannter REA -Gips. REA steht hier für “Rauchgasentschwefelungsanlage”. Die Abgase eines Kohlekraftwerkes enthalten Schwefeldioxid durch die Zusetzung von Suspensionen von Calciumoxid oder Calciumcarbonat. Die REA- Anlagen sind an sich eine sehr gute Sache und sorgten durch deren Einführung in den 80er Jahren für eine Minderung des sauren Regens. REA-Gips hat aktuell einen Marktanteil der Gips-Herstellung von 55%, die restlichen 45% werden durch den Abbau von Naturgips erreicht.
Wofür brauchen wir eigentlich Gips im Bauwesen?
Gips wird sehr häufig im Trockenbau eingesetzt. Bei dem also ohne Einsatz von Mörtel Wände errichtet werden. Im Mörtel oder im Estrich (Fußbodenaufbau), aber auch im Brandschutz findet er durch seine Einstufung als A1 - nicht brennbar, wird er sehr stark beim schaffen von Brandschutz.
Kommen wir zu dem vielleicht eigentlichen Problem - Der Recyclingquote. Eigentlich zeigt sich an Hand des Rohstoffes Gips ein allgemeines Problem in der Baubranche. Recycling ist zu teuer und Deponierung zu günstig. Genau aus diesen Gründen ist Gipsrecycling aktuell weniger verbreitet und im Rahmen von Abbruchmaßnahmen werden, diese Platten als Sondermüll deponiert und somit sind sie fallen aus dem Rohstoffkreislauf. Ein Grund, warum Gips aktuell weniger recycelt wird, liegt auch an den geringen Deponiekosten. Wie auch das SOROBAU-Forschungsprozess des Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung dargelegt hat, kann der Recyclingprozess von Gips noch als energieintensiver als Gewinnung von Naturgips eingestuft werden. Naturgips wird aber meist dort abgebaut, wo sich ein hohes Maß an Biologischer Vielfalt identifiziert werden kann wie im Harz.
Wie anfangs erklärt hatte, kann Gips nicht nur über die Rauchgasentschwefelung, sondern auch als Naturgips in den Rohstoffkreislauf gebracht werden. Die Gipsindustrie fordert deswege schlussendlich sind wir (leider) einige der wenigen im europäischen Raum, welche so “schnell” aussteigen wollen, daher kann in den Übergangsjahren auch davon ausgehen, dass auch ein Anteil importiert werden kann. Allerdings war die Produktion an REA-Gips in den letzten Jahrzehnten sehr hoch und so kann für die übergehenden Jahre auf Zwischenlagerungen auf Halden zurückgegriffen, hier kann man von Mengen zwischen 14 bis 16 Mio Mg. ausgehen.
Aber brauchen wir Gips als Baustoff unabdinglich?
Jein, es gibt viele Alternativen wie Holzbaustoffe, Zellulose, Stroh, Lehm aber auch auf Schilf, Flach oder Hanf kann zurückgegriffen werden. Die Ökobilanzierung sowie dessen steigende Bedeutung dieser genannten Baustoffe zeigt, dass man den Bedarf von Gips als Baustoff um mindestens 50% mindern kann. Nach einem Gutachten für den BUND zeigen pessimistische Szenarien, dass der Bedarf bis 2045 von Naturgips um 0,75 Mio Mg pro Jahr zurückgehen. Ein kompletter Ersatz ist jedoch nicht möglich.
Aber vor allem die geringe Recyclingqoute von Gips Baustoffprodukten zeigt wie stark der Wandel einer Industrie den Wandel einer anderen verlangt. Bei den Recyclingquoten geht man vor allem auf geschätzte Mengen für mögliche anfallende Mengen. Viele Mengen sind in den letzten Jahren schon “verloren” gegangen, weil Stoffe bereits auf Deponien eingelagert worden sind. Solche Fakten zeigen ich sehr gut in welcher Wechselwirkungen politische Entscheidungen haben.
Kennt ihr noch ähnliche Fälle, welche anderen Wandel bedingen?
Quellen:
https://www.fr.de/wirtschaft/energiewende-kohleausstieg-weniger-gips-probleme-fuer-baustoffindustrie-90120203.html
https://de.wikipedia.org/wiki/REA-Gips
https://www.bund-thueringen.de/fileadmin/thueringen/Gipskarst_Suedharz/Gutachten_Alwast_Bericht_BUND_20092020.pdf
https://www.geo.de/natur/warum-der-kohleausstieg-naturschuetzer-auf-den-plan-ruft-30440246.html
https://www.ioer.de/projekte/serobau

Die Autorin Antonia
Eine Story von Antonia
Antonia schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - komm in unser Team.
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