Wieviel Aufbruch steckt in der "Fortschrittskoalition"?

Published on April 1, 2022

    Wir vom Jugendrat haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung auseinandergesetzt und uns gefragt: Gelingt uns mit der "Fortschrittskoalition" der Aufbruch in eine nachhaltige Zukunft? Dazu gibt es jetzt von uns eine kleine Zusammenfassung in Form eines Statusberichtes. Viel Spaß beim Lesen!

    Deutschland, September 2021. Die CDU verliert die Bundestagswahl krachend (und durchaus nicht unverdient). Nach 16 ununterbrochenen Jahren an der Regierung geschieht das fast schon Unvorstellbare: die “Volkspartei der Mitte” wird samt der kleinen Bayrischen Schwester in die Opposition verbannt; zum ersten Mal seit Adenauer stellt eine Dreierkoalition die deutsche Bundesregierung.

    Nach eineinhalb Dekaden unter Merkel ist das Undenkbare auf einmal denkbar. Tabula rasa in Berlin, es liegt Aufbruchsstimmung in der Luft. Eine Stimmung, die die neue Ampelkoalition geschickt einfängt. “Mehr Fortschritt wagen” betiteln die drei Parteien ihren Koalitionsvertrag und inszenieren sich als kühne Vordenker, als visionäre Architekten einer neuen Ordnung. 

    Aber auf wie viel Aufbruch kann die Jugend mit der “Fortschrittskoalition” tatsächlich hoffen? 
    Natürlich ist die Aufregung des Wahlkamps der vergleichsweisen Nüchternheit der alltäglichen Regierungsarbeit gewichen. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit: denn schon im Koalitionsvertrag selber vermissen wir wichtige Weichenstellungen für den so dringend notwendigen Aufbruch.

    Dabei wollen wir die wichtigen, positiven Signale des Koalitionsvertrages nicht kleinreden. Darunter fällt das Wahlrecht mit 16, das wir als Jugendrat in die Forderungen des WWF zur Bundestagswahl eingebracht haben. Ein wichtiges Signal für junge Menschen, die sich einmischen wollen!

    Auch im Bereich der Klima- und Umweltpolitik bewegt sich etwas und es ist unverkennbar, dass die weltweiten Klimabewegungen der letzten Jahre hier Einiges bewegt haben. Dem Thema wird im Koalitionsvertrag erfreulich viel Platz eingeräumt. Das gilt zum Beispiel für die Energiewende, die deutlich eingeleitet wird. Aber es ist halt leider einfach nicht genug, um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten. 

    # Nach wie vor fehlt es an der Bereitschaft, eine echte Verkehrswende weg vom individuellen PKW in Angriff zu nehmen. Stattdessen begnügt sich die Ampel mit halbherzigen Versprechen für mehr E-Autos - will aber den Verkauf von Neuwagen mit Klimakiller-Verbrennungsmotoren noch bis nach 2030 erlauben.  
    # Auch bei den Emissionspreisen steht die Ampel auf der Bremse. Tatsächlich plant sie nicht einmal die nach Meinung der meisten Experten viel zu niedrigen CO2-Preise der GroKo anzuheben.  
    # Gleichzeitig werden weiter Unmengen an staatlichen Geldern in klimaschädliche Subventionen wie beispielsweise das Dienstwagenprivileg gesteckt. Wir bezuschussen also die Zerstörung unserer Zukunft, unserer Lebensgrundlagen. Pläne zum schnellstmöglichen Abbau dieser wahnwitzigen Subventionen lässt die Ampel allerdings bisher schmerzlichst vermissen.  

    Solche Maßnahmen würden nicht nur unser Klima schützen, sondern auch die Finanzierung von Krieg und Unterdrückung beenden.
    Vieles ist an dieser Stelle natürlich noch schwer zu beurteilen und der Vertrag stellt nur ein grobes Programm dar. So bleibt abzuwarten, wie die notwendigen Maßnahmen sozial gerecht gestaltet und steigende Preise ausgeglichen werden. Aber Entwicklungen wie die Einordnung von Erdgas als nachhaltige Energie stimmen uns nicht unbedingt optimistisch. 

    Das ist bedauerlich, denn was im letzten Herbst gestimmt hat, stimmt immer noch: wir können es uns nicht leisten, mit der Bekämpfung der Klimakrise noch vier weitere Jahre zu warten. Daran erinnert uns nicht zuletzt der Ende Februar erschienene IPCC-Bericht, der uns auf dramatische Weise vor Augen führt, wie stark wir von den Auswirkungen der Klimakrise – Hitze, Dürre, Überschwemmungen, Wassermangel – betroffen sein werden. Gemessen an dem Versagen der Großen Koalition gibt es also deutliche Fortschritte, aber klar ist auch: angesichts der Realität der Klimakrise reicht es vorne und hinten nicht. Für uns heißt das: den Aufbruch muss sich die Jugend weiterhin selbst in Handarbeit erkämpfen. Bei Klimastreiks, im Parlament, und beim Mittagessen mit Onkel Manfred.



    Die Autorin Mara

     

    Eine Story von Mara und Maximilian

    Beide sind aktiv im WWF Jugendrat, der darauf achtet, dass die junge Perspektive innerhalb des WWF beachtet wird.

    Falls du Fragen hast, schreib sie gerne als Kommentar unter diese Story!