„Wir haben die Lösungen schon!“ – Was wir mit Indigenem Wissen über Klima- und Umweltschutz lernen können

Am August 31, 2025 veröffentlicht

    Wusstest du, dass 80% der Biodiversität der Erde von Indigenen Menschen geschützt wird, die lediglich 6% der Weltbevölkerung ausmachen (UN)? Durch ihre oft jahrhundertelange Verbundenheit mit dem Territorium in dem sie leben, haben indigene Menschen einen ungeheuer wichtiges Wissen, das helfen kann lokal und global gegen den Klimawandel vorzugehen. Indigene Menschen stehen an vorderster Front, wenn es um Naturschutz und die Erhaltung von Ökosystemen geht und doch hört man ihre Stimmen in den zahlreichen internationalen Klimadebatten kaum.

     

     

    Was sind Indigene Menschen?

    Indigene Menschen leben auf allen Kontinenten in den unterschiedlichsten Naturräumen und erhalten dem entsprechend viele verschiedene Traditionen. Deshalb ist es auch schwierig, eine allumfassende Definition dafür festzulegen, was Indigen sein überhaupt bedeutet. Die Vereinten Nationen beschreiben Indigene als Gemeinschaften, die eine lange Tradition und Verbundenheit mit den Gesellschaften haben, die bereits vor der gewaltvollen Ankunft anderer Gemeinschaften auf dem betreffenden Gebiet gelebt haben. So erhalten zum Beispiel die Quechua-Gemeinschaften in den peruanischen Anden Lebensweisen, die sich bis zu den Inkas zurückverfolgen lassen. Indigene Menschen haben ihre eigene Sprache und Weltsicht und kämpfen für das Fortbestehen und die Anerkennung ihres Wissens in der breiten Bevölkerung.

     

     

    Was zeichnet Indigenes Wissen aus?

    Indigene Menschen haben meist eine ganzheitlichere Vorstellung davon, was es bedeutet ein gutes und gesundens Leben zu führen. Für sie sind Mensch und Natur eng miteinander verbunden. Sie nehmen das von der Natur, was sie zum Leben brauchen und machen es im Gegenzug zu ihrer Aufgabe die Natur zu schützen, damit diese weiterhin für sie sorgen kann. Dadurch entsteht eine tiefe Verbundenheit mit Flüssen, Tieren, Wäldern und allem, was sie umgibt. Diese Verbundenheit und das Wissen über die Beziehung von Menschen, Tieren und Natur wird über viele Generationen gesammelt und weitergegeben. Ihre Verbundenheit mit der Natur zeigt sich auch in ihrer Sprache. So gibt es im Mbyá Guarani, einer Indigenen Sprache einer brasilianischen Gemeinschaft, kein Wort für „Raum“ oder „Landschaft“. Stattdessen ist von „jaexa va’e—“ die Rede, was so viel bedeutet wie „alles, was wir wahrnehmen können“. Damit sind sowohl Dinge, wie Bäume oder Steine gemeint, als auch Windstöße oder die Veränderungen der Natur durch die Jahreszeiten.

     

     

    Wie unterscheidet sich Indigenes Leben von nicht Indigenem Leben?

    Indigene Menschen leben also ganz nah an ihren biologischen Bedürfnissen und bemerken sofort, wenn sich etwas in ihrem Umfeld verändert. Ganz anders als die meisten Menschen, die damit aufwachsen ihr Essen und alle Dinge des täglichen Lebens aus Supermärkten und anderen Geschäften zu kaufen. Sie sehen die Natur häufig als etwas, wo man hingeht, um sich zu erholen und oft fehlt das Bewusstsein dafür, dass die Natur die Grundlage für alles Leben auf der Welt ist. Auch wenn das im Alltag nicht immer auffällt: der ganze Plastikabfall muss irgendwohin. Die Auswirkungen davon werden nur dann gesehen, wenn man zum Beispiel einen Spaziergang am Strand unternimmt und sind ansonsten unsichtbar. Indigene Menschen auf der anderen Seite machen keine Unterscheidung zwischen Mensch und Natur, sondern sehen die direkten Zusammenhänge allen Lebens

     

     

    © Unsplash / Brian Yurasits

     

     

    Warum ist Indigenes Wissen so wichtig?

    Eben diese Nähe zu Natur und das Wissen, das über viele Generationen durch genaues Beobachten erhalten und weitergegeben wurde, macht Indigene Menschen besonders betroffen vom Klimawandel und Indigenes Wissen so wichtig für die Forschung über das Klima, aber auch die Bekämpfung des Klimawandels. Indigenes Wissen kann das auf Messdaten basierende Wissen ergänzen. Durch Berichte Indigener Gemeinschaften aus Finnland konnten Veränderungen im Klima dokumentiert werden, die in den entlegensten Gebieten stattfinden und nicht durch Messstationen aufgefangen werden können. Dazu zählt beispielsweise das gestresste Verhalten der Tiere, das für weniger Jagderfolg sorgt oder die immer gefährlicher werdenden Transportwege durch das Schmelzen des Eis, was dafür sorgt, dass die Gemeinschaft der Indigenen geschwächt wird.

     

    Ein anderes Beispiel führt uns nach Neuseeland. Dort haben sich Maori-Gemeinschaften dafür eingesetzt den Whanganui-Fluss als „tupuna“ (Vorfahre) anzuerkennen. Vor Gericht wird der Fluss als eigene Person gesehen, die bei Entscheidungen, die sie betreffen die gleichen Rechte hat wie ein Mensch. Nicht nachhaltige Fischerei oder Entsorgung von Industrieabfällen im Fluss können so viel einfacher verhindert werden.

     

     

    Maori Waku © IMAGO-Newscom World / Rafael-Ben-Ari-Chameleons Eye

     

     

     

    Eine Quechua-Gemeinde im peruanischen Ayacucho hat uralte Aussaat- und Erntemethoden wiederbelebt, um sich an schmelzende Gletscher und Dürren anzupassen, indem sie den natürlichen Wasserkreislauf nutzen. Diese Methode wurde mit costa-ricanischen Gemeinden geteilt und ist aus der Landwirtschaft dort nicht mehr wegzudenken. Auch die mittlerweile bekanntere „Permakultur“, die langfristige Bodengesundheit garantiert, beruht auf Indigenem Wissen. Indigene Gemeinschaften sind nicht die Verursachenden des Klimawandels und doch sind sie meisterhaft darin, sich an neue Bedingungen anzupassen

     

     

    Wie können wir gemeinsam die Natur schützen und den Klimawandel bekämpfen?

    Es gibt ganz viele Wege auf denen Indigene Gemeinschaften gestärkt werden und ihr Wissen auf eine respektvolle Art und Weise angewendet wird. Einige Erfolge wurden hier bereits genannt, aber das Potenzial ist groß. Es ist wichtig Indigene Territorien zu respektieren und ihre unmittelbare Lebensgrundlage nicht durch Verschmutzung zu gefährden. Es reicht jedoch nicht Indigenen zu ermöglichen Natur zu schützen. Wir müssen es auch selbst tun.

     

    In der Politik kann Indigenes Wissen angepasst auf unterschiedliche Regionen in soziale, ökologische und wirtschaftliche Entscheidungen mit einbezogen werden. Vor allem in der Landwirtschaft kann es direkt angewendet werden. Außerdem leistet Bildung über Indigenes Wissen, dessen Geschichte und Erhaltung einen großen Beitrag für mehr Gerechtigkeit und Umweltschutz. Die Wissenschaft kann anfangen Indigenes Wissen als gleichwertig und einzigartig zu betrachten, weil es wichtige Beiträge zur Forschung und Lösungsentwicklung hat.

     

    Jede:r Einzelne kann etwas tun. Der brasilianische Indigene Aktivist Ailton Krenak beschreibt mit dem Wort „florestania“ den Willen Wald und Natur in uns und um uns herum existieren zu lassen. Wir können unseren Garten verwildern lassen und studieren, was wir beobachten. Wir können Gemeinschaftsgärten in Städten schaffen. Wir können uns informieren und uns bewusst machen, dass alles was wir tun durch natürliche Ressourcen ermöglicht wurde und versuchen so zu leben, dass natürliche Ökosysteme erhalten und gestärkt werden können. Wir können nachhaltige Projekte unterstützen und Indigenen Menschen zuhören. Mia Kami ist eine mexikanische indigene Sängerin und Aktivistin, die auf dem One Young World Gipfel sagte: „Da sind all diese westlichen Konferenzen auf die wir gehen, wo sie darüber reden welche Lösungen sie haben, mit denen sie denken, dass sie die Probleme lösen können, die sie verursacht haben, ohne zu wissen, dass wir die Lösungen schon haben.“

     

     

    Quellen

     


     

    Die Autorin Feli

    Eine Story von Feli! Sie ist Teil des Redaktions- und Aktionsteams der WWF Jugend und schreibt spannende Artikel für die Community.