
Hoffnung schreibt Geschichten: Maya
Während des WWF Jugend Schreibwettbewerbs zum Thema „Hoffnung“ haben wir viele Kurzgeschichten erhalten, die uns berühren, Mut machen und zum Nachdenken anregen. In der Interviewreihe "Hoffnung schreibt Geschichte" möchten wir euch die Autor:innen und ihre Geschichten vorstellen.
Heute geht es um Maya! Sie ist 15 Jahre alt und ihre Geschichte handelt von einem Vater, der in einer zerstörten Welt seinen Sohn sucht und durch dessen Hoffnung neuen Lebensmut gewinnt.

Interview mit Maya
Magst du dich zum Einstieg einmal kurz vorstellen? Wer bist du, was begeistert dich und hast du ein Lieblingsbuch?
Ich heiße Maya und bin 15 Jahre alt. Ich lebe in Wien, in Österreich. Ich schreibe seit ich 9 Jahre alt bin. Neben dem schreiben schauspiele ich auch gerne und singe. Mein Lieblingsbuch ist momentan Ever & After von Stella Tack. Ich glaube am schreiben fasziniert mich vor allem das es keine Grenzen gibt. Ich kann mich völlig neu erfinden und eine Welt nach meinen Vorstellungen erschaffen. Ich kann ich selbst sein.
Was bedeutet Hoffnung für dich, gerade in schwierigen Zeiten? Und was würdest du jemandem sagen, der sich gerade hoffnungslos fühlt?
Für mich ist Hoffnung eigentlich Zusammenhalt. Keiner lässt den anderen ich Stich auch wenn es mal nicht so gut läuft. Hoffnung ist ein Licht am Ende des langen Tunnels. Auch wenn man manchmal alles aufgeben und hinschmeißen möchte gibts da immer diese kleinen Gedanken "was wäre wenn ich doch etwas verändern könnte?". Oder es gibt Freunde. Wenn sie noch Hoffnung haben geben sie dir davor ab und wenn du Hoffnung hast gibst du ihnen davon. Jemandem der sich gerade hoffnungslos fühlt würde ich raten: Es muss nicht immer etwas großes sein was du tust. Es muss nicht weltverändernt sein. Es reicht wenn du bei kleinen Dingen anfängst. Such dir gleichgesinnte. Und rede mit Menschen denn zusammen findet ihr immer eine Lösung.
Möchtest du noch mehr Geschichten über Zukunft, und den Klimawandel schreiben?
Ja schon. Ich finde es ist wichtig das Menschen darauf aufmerksam gemacht werden und vielleicht einmal mehr nachdenken. Vielen Menschen ist der komplette Ausmaß des ganzen oft nicht einmal bewusst. Andere Wiederum brauchen einfach so einen kleinen Schubs nach vorne um aktiv zu werden. Dafür möchte ich schreiben, ich möchte Menschen erreichen ihnen vielleicht sogar neue Hoffnung bringen.
Glaubst du, dass man Hoffnung wiederfinden kann, auch wenn man sie fast verloren hat? So wie der Vater in deiner Geschichte?
Ich glaube schon das die Hoffnung immer wieder aufploppt. Auch wenn ich hoffnungslos auf meinem Stuhl hänge und denke das wars jetzt. Irgendwo her kommt immer ein Funke der mich zum aufstehen bringt. Vielleicht eine Geschichte, oder eine längst vergessenes Freundeshand. Denn ohne Gemeinschaft funktioniert nichts. Ich denke man sollte versuchen sich mit anderen zu vernetzten und vielleicht so wichtige Projekte zu finden. Damit das lähmende Ohnmachts Gefühl von „ich kann doch sowieso nichts machen“ vertrieben wird.
Was möchtest du den Menschen, die deine Geschichte gleich lesen werden noch mitgeben?
Ich glaube das mit Freunden alles möglich ist, das mit Liebe alles funktioniert. Hass ist sinnlos denn er bringt nur Verbitterung. Versuche dein Leben zu leben denn du hast nur eines. Und denk niemals ich bin doch nur eine Person, was soll ich groß ändern. Würden das nämlich alle denken täte keiner etwas. Also nehme eine große Prise gesunden Menschenverstand und schmeiß dich ins Getümmel. Bleib offen für neues und sehe immer den kleinen Funken Licht in deinem Leben, denn auch wenn es nicht so erscheint, irgendwo hinter einer Ecke lauert er immer.
Mayas Kurzgeschichte
Wir lebten schon lange in einer zerstörten Welt. Schon so lange das ich aufgehört habe die Jahre zu zählen. Ich konnte mich kaum mehr an das rascheln der Blätter im Wind erinnern. Ich wusste nicht mehr wie sich frischer kühler Wind anfühlt. Ich kannte nur den kratzigen scharfkantigen Wind welcher mir das Gefühl gibt sich verstecken zu müssen. Ich war ein Übergangs Kind, ein Kind welches dazu verdammt war in einer Welt für die es nichts konnte zu leben und dann mit ihr zu sterben. Ich hatte mein Schicksal lange akzeptiert. Ich wollte wenigstens noch das Beste aus meinem Leben machen. Wollte so lange in meinem kleinen Haus wohnen bis mir das Dach auf den Kopf fiel, doch selbst das durfte ich nicht. Denn dort wäre ich gestorben, wäre erstickt an all der Hoffnungslosigkeit. Denn da spielte mir der verdammte Lebenswillen der Menschen dazwischen.
Ich lebe im Dreck, esse teils tagelang nichts und will doch leben?
Warum?
Ich könnte dem Ganzen ein Ende setzen und vielleicht in eine bessere Welt kommen. Aber irgendetwas hindert mich daran. Wahrscheinlich ist es mein Sohn der, verdammt nochmal, nicht wie alle anderen sein Schicksal akzeptiert hat und einfach in den Tag hineingelebt hat. Er hatte Hoffnung. Warum er? Er hat nie erlebt wie schön die Welt sein kann, hat nie jene kühlen Winde erlebt welche ich erlebt habe und trotzdem hat er Hoffnung? Vielleicht ist das auch genau der Grund warum ich nach ihm suche. Er war meine Insel im Leben auch wenn ich seine hätte sein sollen. Er hat nie aufgegeben. Hat immer für das
gekämpft von dem er der Meinung war es sei möglich. Und ich saß daneben und hatte nichts für ihn übrig.
Typisch.
Ja, er ist der Grund warum ich in dieser gottverlassenen Einöde umherirre und nicht sterbe. Seine Ansicht der Welt und seine Meinung der Klimawandel wäre noch aufzuhalten. Ich möchte ihn so gerne noch einmal sehen.
Ich habe mittlerweile seit sieben Stunden nichts mehr getrunken und komme fast um, wenn ich nur an Wasser denke. Ich hätte noch ein paar Schlucke in meiner Flasche aber diese darf ich nicht vor der Dämmerung trinken. Pochende Kopfschmerzen und eine ausgetrocknete Kehle gehören mittlerweile zu Tagesordnung. Ich bin es so leid mich hier hindurch zu schleppen. Am liebsten möchte ich mich hinlegen den letzten Schluck Wasser trinken und nicht wieder aufwachen. Aber ich darf nicht! Und auch wenn es mir unmöglich erscheint, ich tue es nicht. Ich wandere immer weiter und weiter, setze einen Fuß vor den anderen, Schritt für Schritt.
Neben all diesen Gedanken über das sterben und über Hoffnung plagt mich noch etwas anderes. Werde ich meinen Sohn wiedererkennen? Wird er mich überhaupt noch wollen? Wird er überhaupt noch am leben sein? Nein! So darf ich nicht denken. Vor allem den letzten Gedanken sperre ich schnell wieder in meinen Hinterkopf ein. So hoffnungslos ist die Lage nicht. Ich spüre es.
Endlich, die Dämmerung. Ich sinke auf den rissigen Boden und setze die Flasche an. Ich weiß genau wie viel ich trinken darf und mehr nehme ich auch nicht. Nach den ersten Schlucken spüre ich schon wie das pochen in meinem Kopf langsam aufhört. Wie es verebbt so als wollte es sagen „jetzt da du trinkst
brachst du mich nicht mehr“. Nachdem ich den letzten heiß ersehnten Tropfen getrunken habe lege ich mich nieder und genieße einmal die sonst so seltene Ruhe. Keine Schmerzen, kein höllischer Durst. Einfach einmal so etwas wie fast Zufriedenheit. Lange liege ich einfach nur da bis sich das erste frösteln bekannt macht. Bis die Nacht beginnt mir das Leben schwer zu machen.
Heute ist der dritte Tag an dem ich auf Wanderschaft bin. Nachdem ich die morgens Schlucke aus meiner Flasche getrunken habe bin ich sofort weiter gegangen, habe mir keine Pause erlaubt, denn irgendwann muss ich ja ankommen. Irgendwann werde ich ankommen. Da bin ich mir sicher, und mein
Sohn wird auf mich warten. An diesem Gedanken klammere ich mich den ganzen Vormittag fest bis mir auffällt das mein Sohn nicht von meiner Ankunft wissen kann. Wie auch? Ich habe mich nicht angekündigt. Ich weiß nicht einmal sicher wo er ist. Doch! Ich muss es wissen. Er hat so viel von dieser Stadt geschwärmt als er noch Zuhause lebte. Er muss einfach dort sein. Gestärkt durch diesen Gedanken nehme ich die Reise wieder auf.
Die pochenden Kopfschmerzen sind wiedergekommen. Wie jeden Nachmittag. Und mit ihnen weiter Gedanken. Was mein Sohn wohl jetzt macht? Hat er einen Beruf? Macht ihm spaß was er tut? All dies hoffe ich bald zu erfahren. Hat er eine Familie? Nein, wie auch? Er war erst vierzehn als er uns verlassen hat. Wie alt ist er jetzt? Ich habe schon lange kein Gefühl für Zeit mehr. Ich habe keine Jahre gezählt, keine Monate und erst recht keine Wochen. Zeit ist doch nur Zeit. Sie wird immer da sein sie ist unwichtig. Denn, würde man sie zählen, wüsste man das sie immer schneller zu einem Ende kommt. Ich besitze außerdem schon lange keine Uhr mehr. Ich hatte mal eine, glaube ich mich zu erinnern. Ich habe sie für zwei Liter Wasser vertauscht. Eigentlich ein gutes Geschäft. Was gäbe ich jetzt dafür zwei Liter Wasser zu haben.
Und plötzlich ist die Zeit um. Es ist schon wieder Abend und ich wandere immer noch in dieser Einöde umher. Wie lange wird mein Wasser noch reichen? Ich möchte nicht nachschauen. Bald werde ich sowieso mein Ziel erreichen. Ich hebe meine Flasche und ringe ihr die Tropfen für diesen Abend ab. Dann rolle ich mich auf dem harten Boden zusammen und versuche trotz des Frosts zu schlafen. Früher dachte ich je wärmer es am Tag ist desto wärmer ist es in der Nacht. Früher war das auch vielleicht noch so. Keine Ahnung. Aber heute ist es bitterkalt in der Nacht und brennheiß am Tag. Eine schlechte Kombination. Es ist schon Mittag am vierten Tage als ich das übel bemerke. Meine Flasche welche sonst immer so schön voll mit Wasser war fühlt sich leicht an. Zu leicht. Und als ich mir ein wenig Wasser in den Mund schütten will kommt, nichts heraus? Sie ist leer und zwar vollkommen.
Ich überlegte und kam zu dem Schluss das, wenn das Wasser leer wäre ich ja fast am ziel sein müsste. Also ging ich weiter. Ich wusste ich wäre bald da.
Wieder einmal fuhr mir einer jener scharfen Winde durchs Gesicht. Ich hatte das Gefühl er risse an meiner Haut und versuche sie in kleine Fetzen zu schneiden. Ob mein Sohn eben diesen Wind auch gerade fühlte? Ob er vielleicht nur eine kleine Strecke entfernt stand und sich fragte ob er seinen Vater je wiedersehen würde? Ich hätte ihm eine bessere Kindheit geben müssen. So eine wie die in der ich aufgewachsen war. Ich und meine Eltern wohnten in einem kleinen gelben Haus am Ende einer Straße. Vor unserem Haus stand ein Baum. Ein Baum? Viel zu lange hatte ich keinen mehr gesehen es sei denn man zählte die dürren Ästchen mit welche manchmal links und rechts standen. Gab es überhaupt noch Grün in dieser Welt? Es musste es doch geben. Und, es gab es auch… was war ich nur für ein Dummkopf, dass ich das vergessen hatte. In unserem Garten bei dem Brunnen vor unserem Haus stand eine Hecke. Vor kurzem war ich doch von dort los gegangen. Oder nicht? Wie könnte ich über so eine kurze Zeit diese schöne Hecke vergessen? Dann war mein Sohn ja sogar mit einer Hecke aufgewachsen. Irgendwie machte mich dieser Gedanke gerade glücklich und so lief ich frohen Mutes weiter. Ich hatte zu Mittag nichts getrunken aber es fühlte sich gar nicht so an. Ich fühlte mich frisch und munter und so stapfte ich drauf los.
Ich weiß nicht mehr wie es kann aber zwei Stunden später lag ich plötzlich auf dem Boden. Ich war wohl hingefallen. Schnell rappelte ich mich auf und sah etwas Rotes in der staubigen Erde. Oh, war das Blut? Ich verfolgte die spur bis zu meinem Knie. Es war aufgebrochen. Komisch, ich spürte keinen Schmerz. Mein Finger legte sich langsam auf die Wunde und wurde in Sekunden schnelle ebenfalls rot. Ist das wirklich Blut? Ich leckte vorsichtig daran. Ja es schmeckt so. Ich sollte weiter.
Der Abend ist gekommen. Wieder einmal überfällt mich ein komisches Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Wer bin ich überhaupt das ich durch diesen Irrsinn gehe? Ein Vater der seinen Sohn sucht, sagt mein Gehirn. Ja, stimme ich dem zu. Mein Sohn. Aber nicht mehr heute. Ich lege mich auf die Erde und erwarte wie immer einzuschlafen. Aber als ich diesmal die Augen schließe sehe ich, Farben?! Sie sind schön, nur sehr explosiv, sie schmerzen fast. Ich komme mir vor als staune ich in sie hinein. Und plötzlich, das ist der Moment, tritt mein
Sohn durch sie hindurch, keinen Tag gealtert. Wie? Keinen Tag älter? Das kann nicht sein! Ich mustere sein Gesicht genauer, unter meiner Musterung beginnt es sich zu verziehen, wird blass, leblos und grau. Ich höre seine Stimme, sie wirft mir so viel vor. „Hast du dich je für mich interessiert?“ Ich möchte antworten aber ich darf nicht zu Wort kommen. „Natürlich nicht!“ Höhnt sie. „Du hattest nichts als dich im Sinn. Wolltest unser Leben nicht retten. Wolltest Mutternicht retten.“ „Nein.“ Beginne ich zu winseln. „Nein, nein, nein.“ Und plötzlich „puff“. Ist er verschwunden. Nur ein Trugbild. Sage ich mir und möchte die Augen öffnen. Aber Moment… sie sind schon offen. Das kann nicht sein. Ich sehe nichts! Es ist alles schwarz. Und dann, falle ich und höre nicht mehr auf damit. Falle und falle und falle.
„Wer ist das?“ Einer meiner Kumpanen stößt einen Mann an welcher auf der Erde liegt. Er bewegt sich nicht. Er liegt einfach nur still da. Jetzt als ich genauer hinsehe bemerke ich sein aufgeschlagenes Knie. Sein Gesicht ist verzehrt und seine Lippen sind gerissen vor Trockenheit. Irgendetwas kommt mir an dem Mann bekannt vor doch ich weiß nicht was es ist. Vielleicht kenne ich ihn aus früheren Tagen? Ich knie mich neben ihn und fühle seinen Puls. Zu meiner Überraschung schlägt dieser noch, wenn auch leise und unregelmäßig. „Wasser!“ Rufe ich und als ich bekomme wonach ich gefragt habe flöße ich es ihm behutsam ein. Immer mehr und immer mehr. Nach einer weile habe ich den Eindruck das sein Puls regelmäßiger geht. Ich hebe ihn auf eine trage und wir bringen ihn zur nächsten Stadt. Wie tot liegt er da. Gibt keinen laut von sich. Nicht einmal das winzigste Lebenszeichen. Doch! Ich spüre seinen Puls, das
genügt.
Meine Augenlider flattern. Meine Augen wollen nicht aufgehen. Wo bin ich? Was ist das? Was war das? Ich liege und seltsamerweise fühle ich mich besser. Ein Geräusch. Nun bekomme ich die Augen doch auf. „Bleib liegen.“ Sagt eine Stimme. Moment, seine stimme, mein Sohn. Voller Überraschung blinzle ich ihn an, überzeugt davon sein vierzehn jähriges ich zu sehen. Und sehe einen Mann? Er wird wohl Ende zwanzig sein und doch ist es unverkennbar mein Sohn. Krächzend entringt sich sein Name meiner Kehle. Er blickt auf, ich sehe in ihm ebenfalls erkennen. Und doch, Ablehnung? „Was machst du hier? Bist du gekommen um dich uns anzuschließen?“ „Was?“ Frage ich. „Wobei?“ „Natürlich nicht, du warst ja schon immer dagegen. Du wolltest in Ruhe sterben. Alles noch auskosten was du konntest. Hast nie an mich und meine Hoffnung geglaubt. Aber nun ist sie bewiesen. Es gibt noch Rettung für die Welt!“
„Gibt es?“ Frage ich verwundert. „Wie meinst du das?“ „Die Vögel können wiederkehren, die Blätter neu ergrünen. Alles kann zurück in seine alte Ordnung finden. Wenn man sich nur dafür einsetzt. Wenn man nur daran glaubt.“
Mit diesen Worten schafft er es einen Funken in mir zu erwecken. Er schafft es etwas Neues zu entdecken, etwas das schon immer in mir gewesen ist und jetzt herauskommt und die Hoffnung feiert. Ich habe Hoffnung für die Zukunft, habe Hoffnung wieder Bäume zu hören, einen Fluss zu sehen und frische Luft zu atmen. Ich habe Hoffnung den Klimawandel zu stoppen.