
Lebensmittel und Plastik: (K)Eine gute Kombination?
Warst du dieses Wochenende einkaufen? Falls du in einem Supermarkt warst, ist dir bestimmt wieder einmal aufgefallen: Total viele Lebensmittel sind in Plastik verpackt.
Bestimmt hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, was das für die Umwelt bedeutet und von Tieren gelesen, die Plastik fressen oder sich darin verheddern.
Aber hast du dir auch schon einmal überlegt: Was ist eigentlich so alles drin in diesem „Plastik“? Und macht es eigentlich etwas aus, wenn Lebensmittel mit Plastik in Kontakt kommen?
Nein? Dann lies unbedingt weiter – denn genau darum geht es in dieser Story.

Risikobehälter Plastik?
Viele unserer Lebensmittel und Getränke kommen mehr oder weniger intensiv mit Plastikbehältnissen in Kontakt. Oft handelt es sich dabei um Einwegbehälter, seltener um Mehrweglösungen. Doch egal ob Einweg- oder Mehrwegverpackung: Kunststoffe sind mit unterschiedlichen Zusatzstoffen angereichert, die sich daraus lösen und in die Lebensmittel übergehen können.
Im Zusammenhang mit Lebensmitteln und Getränken haben wir es also mit zwei Faktoren zu tun: Zum einen wurde bereits im Blut und vielen anderen Körperteilen von Menschen kleinste Plastikteilchen nachgewiesen (sogenanntes Mikroplastik). Zum anderen nehmen wir unter Umständen Chemikalien auf, die aus den Verpackungen in unsere Lebensmittel übergehen. Das können auch Stoffe sein, die in der Produktion des Plastiks eingesetzt wurden, z.B. um chemische Verbindungen zu lösen oder eine bestimmte Reaktion in Gang zu bringen.
Das hat auch die EU erkannt: Nach EU-Recht dürfen Lebensmittelverpackungen und Artikel, die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen (z.B. beim Transport, der Produktion oder Zubereitung), keine Bestandteile abgeben bzw. müssen bestimmte Grenzwerte einhalten, um die menschliche Gesundheit zu schützen.
Doch auch wenn es Grenzwerte und Regelungen gibt, können Verpackungen und andere Kunststoffgegenstände Chemikalien abgeben, die in Lebensmittel übergehen können. Fachleute sprechen hier übrigens von „chemischer Migration“. Das kann beim Transport und bei der Lagerung geschehen (durch die Gefäße, in denen die Lebensmittel gelagert bzw. transportiert werden) oder auch bei der Verarbeitung (durch Gegenstände, mit denen du z.B. dein Essen zubereitest oder eine Firma ein verarbeitetes Lebensmittel herstellt). Fließbänder, Vorratsbehälter, Küchenbretter, Produktionsmaschinen – sie alle können also einen Einfluss haben und möglicherweise Stoffe an die Lebensmittel abgeben.

Auch Küchenutensilien aus Plastik können gesundheitsgefährdende Chemikalien abgeben. / © Stefan Schweihofer, pixabay.com
Je nach Chemikalie und Menge kann sich daraus eine potentiell gefährdende Wirkung ergeben.
Von Materialien aus Kunststoff, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, sind über 1.200 verschiedene Chemikalien bekannt, die in Lebensmittel übergehen können – und zwar unter realistischen, alltäglichen Bedingungen, nicht in Laborversuchen. Dass es so viele Chemikalien sind liegt daran, dass es viele verschiedene Kunststoffarten und sehr viele unterschiedene Zusatzstoffe gibt.
Von vielen dieser Chemikalien ist bekannt, dass sie Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können. Und noch viel mehr Chemikalien sind noch gar nicht ausreichend erforscht und es ist noch unbekannt, ob und welchen Einfluss sie ggf. auf den Körper haben.
Unter den bereits bekannten Auswirkungen finden sich z.B. Chemikalien mit krebserregenden, erbgutverändernden oder hormonell wirksamen Eigenschaften. Andere sind so dauerhaft, dass sie auch langfristig in der Umwelt nicht abbaubar sind.

Besondere Risikofaktoren
Grundsätzlich bergen alle Kunststoffe das Risiko, Chemikalien an Lebensmittel abzugeben. Doch unter bestimmten Bedingungen ist dieses Risiko erhöht. Zwar gibt es dabei viele Faktoren und je nach Kunststoffart können andere eine Rolle spielen. Doch es gibt einige Umstände, unter denen besonders viele Chemikalien migrieren können. Das sind
- Hohe Temperatur
- lange Zeit des Kontakts mit dem Lebensmittel
- Art des Lebensmittels: fettlösliche Chemikalien wie Phthalate gehen leichter in fetthaltige Lebensmittel über, bei Melanin spielt der Säuregehalt eine wesentliche Rolle
- kleine Portionsgrößen und eine ungünstige Geometrie (Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen einer Verpackung)

Und um welche Kunststoffe und Chemikalien geht es nun? Hier einige Beispiele:
- Vorratsdosen, Mehrweggeschirr aus Polypropylen: Antioxidantien wie Irgafos 168 und Abbauprodukte
- Sportflaschen oder Transportkisten aus Polyethylen: Antioxidantien wie Irgafos 168 und Abbauprodukte
- Trinkflaschen und Wasserspender aus Polycarbonat: Bisphenol A
- Pfannenwender, Einkaufstauschen aus Nylon/Polyamid: Monomere, primäre aromatische Amine
- Flaschen aus Polyethylenterephthalat (PET): Phthalate, Monomere, Antimon
- Beschichtete Pfannen und Töpfe aus Teflon/PTFE: Perfluoroctansäure und andere per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS, auch bekannt als „Ewigkeitschemikalien“)
Es gibt noch viele weitere Chemikalien und Zusatzstoffe, die chemisch migrieren können.
Aus Umweltsicht ist es deutlich besser, Plastik wiederzuverwenden. Doch aus gesundheitlicher Sicht können gerade wiederverwendbare Gegenstände aus Kunststoff sind mit der Zeit verändern und bedenklicher werden. Ihre chemische Struktur verändert sich, die physikalischen Eigenschaften verändern sich ebenfalls (das Plastik wird z.B. brüchig, ist ausgebleicht, zerkratzt) – und das wiederum lässt Chemikalien leichter austreten.

Mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit
Es gibt viele Studien, in denen die Migration von Stoffen aus Kunststoffgegenständen nachgewiesen wurde. Sie haben u.a. diese möglichen Risiken für die menschliche Gesundheit ermittelt:
- Bisphenol A: Hormonell aktiver Stoff, kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen bzw. das Kind im Mutterleib schädigen
- Melamin: vermutlich krebserregend, möglicherweise hormonell aktiv
- Phthalate: viele Phthalate sind hormonell aktiv und können die Fruchtbarkeit beeinflussen
- PFAS: können Fruchtbarkeit beeinträchtigen, reichern sich biologisch an, bauen sich nicht ab (persistent), toxisch, vermutlich krebserregend
- Polyamid-Oligomere: nur wenig Daten vorhanden, aber vermutlich schädliche Auswirkungen auf Leber und Schilddrüse
Es gibt jedoch viele Chemikalien, die migrieren, aber für die derzeit noch Informationen zur Toxizität fehlen.

Das kannst du tun
Ist dir jetzt ein bisschen komisch zumute, wenn dein Essen und Trinken Kontakt mit Plastikbehältern hat? In unserer Gesellschaft lässt sich das nicht ganz vermeiden, aber doch deutlich reduzieren.
Es gibt viele Möglichkeiten, den Kontakt von Lebensmittel zu Plastik zu reduzieren. Milch und Milchprodukte, teilweise auch vegane Alternativen, kannst du z.B. im Mehrweg-Pfandglas besorgen. Auch Säfte bekommst du in der Mehrweg-Glasflasche. Wenn es in deinem Supermarkt kaum unverpacktes Gemüse und Obst gibt, dann schau doch mal beim nächsten Wochenmarkt vorbei oder überlege, ob eine Gemüsekiste, bei der deine Familie wöchentlich frisches Gemüse von einem Hof in der Nähe geliefert bekommt, in Frage kommt.
Deinen Lunch für die Schule/Uni kannst du richtig stylisch in eine Edelstahldose packen und dein Wasser in eine Glas- oder Edelstahlflasche füllen. Salate, Gemüsesticks, süßen Nachtisch usw. kannst du auch super in ausrangierte Schraubgläser oder Weckgläser packen!
Du möchtest Lebensmittel zu Hause aufbewahren? Auch das geht super in Edelstahlboxen, Schraubgläsern (darin kannst du Lebensmittel sogar einfrieren) oder nimm einfach einen Teller, Topf, eine Auflaufform und stelle Essensreste darin in den Kühlschrank.
Statt Schneidebretter und Unterlagen aus Plastik zu verwenden, kannst du ganz einfach Holzbretter verwenden, auch Pfannenwender und Kochlöffel kannst du problemlos aus Holz bekommen.
Und deinen Zahnputzbecher aus Plastik kannst du ganz easy durch ein kleines Glas ersetzen.
Das soll aber keinesfalls heißen, dass du jetzt und sofort alle Gegenstände aus Plastik wegschmeißen und viele neue Dinge kaufen sollst. Nutze in erster Linie das, was du schon zu Hause hast. Wenn du Plastikgegenstände nicht mehr für Lebensmittel nutzen möchtest, kannst du sie noch für andere Einsätze weiter verwenden, z.B. um Kleinteile darin aufzubewahren, als Wasserbecher im Kunstunterricht usw., manches magst du vielleicht auch verschenken.
Schau auch im Team „Plastik und Meere“ vorbei, dort findest du schon viele Stories und Anregungen zu Zero Waste und plastikfreiem bzw. –reduzierten Leben.

Fazit
Plastikverpackungen sind nicht nur eine Gefahr für Ökosysteme, austretende Chemikalien können auch eine Gefährdung für uns Menschen darstellen.
Die Lösung ist allseits bekannt, wird aber kaum umgesetzt: Wir müssen unseren Plastikkonsum drastisch verringern. Das wäre gut für die Umwelt, das Klima (hier erfährst du mehr über diesen Aspekt) und unsere Gesundheit.
Einwegverpackungen müssen überdacht und Mehrwegalternativen viel stärker gefördert werden. Insgesamt muss die Produktion von Kunststoffen sinken und der Recyclinganteil über bessere Kreislauffähigkeit deutlich erhöht werden.
Im Moment tagen die UN-Staaten in Genf und beraten über ein globales Abkommen zu Plastik. Am 12.8.2025 wird der WWF und die WWF Jugend in einer Aktion auf die Umwelt- und Gesundheitsgefahren durch Plastik aufmerksam machen. Werden die Verhandler:innen Herz zeigen und ihren Einfluss für ein starkes Abkommen nutzen?
Quelle:
Exit Plastik (2024): „Risikobehälter: Plastikmaterialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Fact Sheet“, unter https://exit-plastik.de/wp-content/uploads/2025/02/Factsheet_Risikobehaelter-Plastikmaterialien-mit-Lebensmittelkontakt.pdf (letzter Zugriff am 8.8.2025)

Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.