
Fadenschnecken (Fantastische Fakten)
Du hast sicherlich schon von Weinberg- und Nacktschnecken gehört, aber kennst du diese faszinierenden Meeresschnecken: Fadenschnecken! Sie wirken wie Wesen aus einer anderen Welt, denn sie sind bunt, durchsichtig und haben fadenartigen Zotten auf dem Rücken, die leuchten und manchmal sogar Gift enthalten. Sie leben in allen Weltmeeren, von tropischen Korallenriffen bis zur Ostsee, und gehören zu den faszinierendsten Nacktkiemerschnecken überhaupt.
Wie sehen sie eigentlich aus?
Fadenschnecken (Aeolidida) gehören zu den Hinterkiemerschnecken und haben im Laufe der Evolution ihr Schneckengehäuse vollständig verloren. Stattdessen ist ihr Rücken mit zahlreichen fadenartigen Fortsätzen bedeckt, sogenannten Cerata.
Diese sehen nicht nur faszinierend aus, sondern dienen der Atmung und auch zur Verteidigung. Manche Arten, wie die große Breitwarzige Fadenschnecke (Aeolidia papillosa), werden bis zu zehn Zentimeter lang, die meisten Arten bleiben allerdings deutlich kleiner.
Am Kopf tragen Fadenschnecken zwei Paar Fühler:
Die Rhinophoren, empfindlich für Gerüche und Strömung, sowie längere Mundtentakel, mit denen sie tasten und schmecken können.
Sie verteidigen sich mit gestohlenen Waffen
In ihren Cerata speichern sie eine ganz besondere Beute:
Giftige Nesselzellen, sogenannte Kleptocniden, die sie zuvor beim Fressen von Nesseltieren wie Blumentieren, Hydrozoen oder Seenelken aufgenommen haben. Diese Nesselzellen explodieren normalerweise bei Berührung, Fadenschnecken jedoch verdauen sie nicht, sondern transportieren sie in die Cerata, wo sie als Mini-Giftpfeile gelagert werden. Wird die Schnecke von einem Fressfeind berührt, werden die Nesselkapseln gezielt ausgestoßen! Faszinierend, oder?

Die Jagd nach Nesseltieren
Fadenschnecken sind Nahrungsspezialisten und manche Arten haben sich sogar auf nur eine bestimmte Beuteart spezialisiert. Die große Fadenschnecke beispielsweise jagt Seenelken. Sie spürt sie aus einigen Zentimetern Entfernung auf, zögert jedoch kurz, wenn sie die Nesseln berührt. Nur wenn sie wirklich hungrig ist, kriecht sie weiter voran und beißt direkt in das Blumentier, welches versucht zu entkommen (was bei maximal 10 cm pro Stunde nicht sehr erfolgreich ist).
Fadenschnecken scheinen den Schmerz der Nesseln wahrzunehmen, nehmen diesen aber in Kauf, da sie doppelt davon profitieren: als Nahrung und als Verteidigung.
Einige Arten, wie Glaucus atlanticus, ernähren sich sogar von hochgiftigen pelagischen Nesseltieren wie der Portugiesischen Galeere und schwimmen frei im offenen Meer.
Von der Ostsee bis zu tropischen Ozeanen
Fadenschnecken gibt es in allen Weltmeeren, doch ihre genaue Verbreitung war lange unklar. Früher wurde angenommen, dass manche Arten weltweit vorkommen, etwa die Große Fadenschnecke. Heute weiß man, dass viele äußerlich ähnliche Tiere zu eigenen Arten gehören. So lebt an Englands Felsküsten die Gelockte Fadenschnecke, während in der Ostsee die Drummonds Fadenschnecke (Facelina bostoniensis) vorkommt, die sich von Hydropolypen wie Tubularia indivisa ernährt.
Fortpflanzung
Wie viele Meeresschnecken sind Fadenschnecken Zwitter: Jede Schnecke produziert sowohl Spermien als auch Eizellen und bei der Paarung befruchten sich die Tiere gegenseitig. Die befruchteten Eier (oft mehrere zehntausend) werden in schleimigen Schnüren an Algen, Muscheln oder anderen Untergründen befestigt. Daraus schlüpfen winzige planktonische Larven, die zunächst eine Mini-Schale tragen, bevor sie sich zur typischen nackten Schnecke entwickeln.
Quellen
Titelbild: Rotrücken-Fadenschnecke © Imago-imagebroker
Schutzstation Wattenmeer - Tier des Monats März: Frühling der Fadenschnecken
Meerwasser-Lexikon - Unidentia angelvaldesi Fadenschnecke