
Hoffnung schreibt Geschichten - Karolyn
Während des WWF Jugend Schreibwettbewerbs zum Thema „Hoffnung“ haben wir viele Kurzgeschichten erhalten, die uns berühren, Mut machen und zum Nachdenken anregen. In der Interviewreihe "Hoffnung schreibt Geschichte" möchten wir euch die Autor:innen und ihre Geschichten vorstellen. Den Anfang macht Karolyn, sie ist 17 Jahre alt und die Autorin der Kurzgeschichte „Sternenstaub und Sommerträume“.
Interview mit Karolyn
Magst du dich zum Einstieg kurz vorstellen? Wer bist du, was begeistert dich und hast du ein Lieblingsbuch?
Mein Name ist Karolyn, ich bin 17 Jahre alt und liebe es zu tanzen. Ich mag es generell, mich artistisch auszudrücken, singe im Chor und schreibe natürlich gern Texte, besonders Gedichte und Kurzgeschichten. Mein Lieblingsautor und zur gleichen Zeit auch meine größte Inspiration ist John Green und ich liebe sein Buch “Eine wie Alaska". Bei seinen Büchern hat man wirklich das Gefühl, sich in einer anderen Welt zu befinden und tief in seine Gedanken einzutauchen. Ich hoffe, mit meinen Texten das Gleiche bewirken zu können :)
Was hat dich dazu bewegt, beim Schreibwettbewerb teilzunehmen? Hattest du einen Lieblingsmoment?
Ich wollte meine Texte teilen, um zu sehen, ob sie das Potential haben, etwas bei anderen zu bewegen. Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, als ich gewonnen habe und mehr Leute meine Geschichte lesen und sich über das Thema Hoffnung unterhalten wollten. Ich finde es einfach toll, Texte zu schreiben, die die Gefühle andere in Worte fassen und mit denen man sich leicht identifizieren kann
Was bedeutet Hoffnung für dich persönlich?
Hoffnung bedeutet für mich Durchhaltevermögen und zeigt Stärke. Wer mit negativen Gedanken durchs Leben geht und direkt aufgibt, wenn etwas beim ersten Versuch nicht funktioniert, wird nie erfolgreich sein. J.K. Rowling wäre durch ihre Harry-Potter-Reihe zum Beispiel nie berühmt geworden, hätte sie aufgegeben, nachdem 12 Verlage ihr Buch nicht publizieren wollten. Hoffnung garantiert für mich grundsätzlich eine gewisse Lebensfreude und auch indirekt Erfolg und Glück.
Was war deine erste Idee oder Inspiration für die Geschichte „Sternenstaub und Sommerträume“?
Meine Kindheit fasziniert und inspiriert mich sehr. Ich habe wirklich das Gefühl, dass meine Kindheit perfekt war und dass ich alles hatte, was sich ein kleines Mädchen wünschen konnte. Ich habe damals immer von meinem besten Freund geträumt, den ich schon mit vier Jahren verlassen musste, weil wir dauernd umgezogen sind. Damals hatte ich noch die Hoffnung, dass ich ihn entweder wieder treffe oder dass ich einen genauso guten besten Freund in der Zukunft finde. Da das leider noch nicht geschehen ist, habe ich meine potenzielle Zukunft mit ihm in meiner Geschichte zusammengefasst, vielleicht erreicht sie ihn ja irgendwann;)
Hast du eine Lieblingsszene oder Zitat in deiner Kurzgeschichte? Wenn ja, welche und warum?
Mein Lieblingszitat ist “Hoffnung ist kein Wort, sondern eine Entscheidung”. Es stimmt nämlich wirklich: Dein Leben ist nur so gut wie dein Mindset: Ein hoffnungsvoller, positiv gestimmter Mensch kann auf jeden Fall ein besseres Leben führen, als einer, der Hoffnung nur als ein wichtiges Wort ansieht.
Was möchtest du den Menschen, die deine Geschichte gleich lesen werden, noch mitgeben?
Gebt niemals auf und seid ihr selbst. Es ist einfacher gesagt, als getan, aber auf jeden Fall lohnt es sich: Lernen und Lesen bis man die Welt besser versteht, mit allen Leuten reden, als wären sie eure besten Freunde, zu Partys und Ausflügen und Events gehen und das machen, was man auch wirklich mag: Das nenne ich leben. Habt also keine Angst, euer Leben voll auszuleben, es gehört euch!
Karolyns Kurzgeschichte: Sternenstaub und Sommerträume
Der Sommer war gekommen, als hätte er sich verspätet, doch als er endlich da war, schien
er alles mit sich zu bringen, was ich brauchte. Die Tage waren warm, wie von Honig
durchzogen, und die Nächte funkelten mit einer Kühle, die meine Haut streichelte,
während ich mit Leo unter dem endlosen Sternenhimmel lag.
Leo war nicht nur ein Junge, er war ein Geheimnis, ein Gedicht, das man flüstern muss, um
es zu verstehen. Sein Lächeln hatte etwas von einer verblassenden Melodie, etwas, das du
in der Ferne hörst und das trotzdem dein Herz zerreißt. Es war eine dieser Nächte, in denen
die Luft nach Salz und Jasmin duftete, als er mir zum ersten Mal erzählte, was ihm
Hoffnung gab.
“Die Sterne”, sagte er und deutete mit einem Arm in die Dunkelheit über uns, “sie sind wie
kleine Erinnerungen daran, dass alles einen Anfang hat und alles ein Ende. Und irgendwo
dazwischen – da sind wir.”
Ich sah zu ihm hinüber, wie sein Profil von den flackernden Schatten der Glühwürmchen
umspielt wurde, und fragte: “Aber was, wenn alles irgendwann vergeht? Macht es das nicht
sinnlos?”
Er drehte sich zu mir, seine Augen schimmerten wie dunkler Bernstein. “Nein”, flüsterte er.
“Gerade das macht es wertvoll. Alles, was wir tun, alles, was wir sind, trägt die Möglichkeit
in sich, dass es in jemand anderem weiterlebt.”
Leo sprach von Hoffnung, als wäre sie eine Pflanze, die man gießt, die wächst und sich
ausbreitet, auch wenn du es nicht immer siehst. Und in dieser Nacht begann ich, die
Sterne mit anderen Augen zu betrachten.
Kapitel 1: Die Ruinen und die Blumen
Die Stadt, in der wir lebten, war nicht besonders schön. Sie war grau, alt und an vielen
Stellen von der Zeit gezeichnet. Doch Leo hatte einen Ort gefunden, den er die “Gärten der
Vergangenheit” nannte. Es war ein verlassenes Gebäude, dessen Dach eingestürzt war,
sodass die Sonne auf einen improvisierten Garten fiel, der von niemandem gepflegt wurde
außer von der Natur selbst.
“Hier ist meine Hoffnung,” sagte Leo, als wir uns zwischen den hohen Gräsern und wilden
Blumen niederließen. “Siehst du, wie die Blumen durch den Beton brechen? Sie wissen
nichts von Verzweiflung, nichts von Aufgeben. Sie wachsen einfach, weil sie es können.”
Ich sah ihn an, während er das sagte, und dachte, dass auch er wie eine dieser Blumen war.
Ein Wunder, das sich durch die Härte des Lebens bohrte, ohne jemals aufzugeben.
“Du gibst mir Hoffnung,” sagte ich schließlich, leise, fast als würde ich mich dafür
schämen. Doch Leo lächelte nur, als hätte er genau auf diese Worte gewartet.
Kapitel 2: Der Brief an die Zukunft
Leo hatte eine Angewohnheit, die ich am Anfang seltsam fand, die mir später aber alles
bedeutete. Er schrieb Briefe an die Zukunft – an sich selbst, an Fremde, an Menschen, die
vielleicht niemals existieren würden.
Eines Abends saßen wir in seinem kleinen Zimmer, das nach getrocknetem Lavendel roch,
und er reichte mir ein Blatt Papier. “Schreib an jemanden, der noch nicht geboren ist,” sagte
er.
“Warum?” fragte ich, während ich den Stift in die Hand nahm.
“Weil wir eine Verantwortung haben,” erklärte er, “Hoffnung zu säen, auch wenn wir die
Ernte nie erleben werden.”
Ich dachte lange nach, bevor ich zu schreiben begann. Meine Worte waren unsicher, meine
Gedanken zerstreut, doch Leo sah mir über die Schulter und nickte zufrieden.
“Es ist nicht wichtig, dass es perfekt ist,” sagte er. “Wichtig ist nur, dass du es tust.”
Kapitel 3: Die Dunkelheit
Doch Leo war nicht immer voller Licht. Es gab Tage, an denen er schwieg, an denen seine
Augen wie ein See in der Dämmerung wirkten, tief und unergründlich.
“Was ist, wenn wir uns irren?” fragte er eines Nachts, während der Regen gegen mein
Fenster trommelte. “Was, wenn die Zukunft nicht besser wird?”
Ich wusste, dass er solche Momente hatte, dass die Dunkelheit ihn manchmal einholte.
Aber ich wusste auch, dass es Teil seiner Schönheit war – dass er fühlte, als würde die Welt
in ihm brennen.
“Die Zukunft,” sagte ich schließlich, “ist ein leeres Blatt Papier. Und jedes Mal, wenn du
einen deiner Briefe schreibst, fängst du an, sie mit Licht zu füllen.”
Er lächelte schwach und zog mich an sich. Wir saßen so lange, bis der Regen aufhörte, und
ich schwor mir, dass ich ihn nie allein in der Dunkelheit lassen würde.
Kapitel 4: Der Tanz der Glühwürmchen
Es war in einer dieser Nächte, in denen alles perfekt war – die Luft, die Sterne, die
Glühwürmchen, die wie fliegende Sterne um uns herumtanzten. Leo hatte eine alte
Kassette gefunden, die “Lieder für verlorene Sommer” hieß, und wir hörten sie, während wir
auf dem Dach des alten Gebäudes tanzten.
“Warum tanzen wir?” fragte ich lachend, als ich beinahe über einen losen Ziegel stolperte.
“Weil wir es können,” antwortete er, seine Stimme ein leises Lachen. “Weil wir leben. Und
weil das allein Grund genug ist, Hoffnung zu haben.”
Ich sah ihn an, und in diesem Moment schien alles möglich. Die Welt war kein Ort voller
Dunkelheit und Angst, sondern ein Garten voller wilder Blumen, ein Tanz unter den
Sternen.
Kapitel 5: Der letzte Brief
Leo war nicht für immer da. Der Sommer verblasste, und mit ihm ging er, wie eine Welle,
die sich zurückzieht. Er hinterließ mir einen Brief, den ich erst öffnen sollte, wenn ich bereit
war.
Es dauerte Monate, vielleicht Jahre, bis ich es wagte. Und als ich es tat, waren seine Worte
wie ein Echo in meinem Herzen:
“Liebe Sofia,”
“wenn du das liest, bist du bereit, die Flamme weiterzutragen. Ich habe dir immer gesagt,
dass Hoffnung wie ein Samen ist. Du musst ihn pflegen, selbst wenn du nicht weißt, ob er
jemals wachsen wird. Du bist meine Hoffnung gewesen, meine wilde Blume. Jetzt bist du
es, die weiter tanzen muss – für mich, für dich, für all jene, die noch kommen werden.”
“Mit jedem Tanz, mit jedem Brief, mit jedem Blick in den Sternenhimmel bringst du ein
bisschen mehr Licht in die Welt. Und wenn du eines Tages selbst nicht mehr weiter weißt,
dann schau nach oben. Die Sterne sind immer da.”
Ich schloss den Brief und weinte, nicht vor Trauer, sondern vor Dankbarkeit.
Epilog: Hoffnung
Heute schreibe ich meine eigenen Briefe an die Zukunft. Ich tanze unter den Sternen,
manchmal allein, manchmal mit Menschen, die ich liebe. Ich sehe die Blumen, die durch
den Beton brechen, und ich weiß, dass Hoffnung kein Wort ist, sondern eine Entscheidung.
Leo gab mir mehr als nur einen Sommer. Er gab mir eine Vision von einer Welt, die trotz
aller Dunkelheit voller Licht sein kann. Und jedes Mal, wenn ich die Sterne sehe, höre ich
seine Stimme, leise wie ein Lied, das niemals endet:
“Wir sind der Anfang und das Ende. Und irgendwo dazwischen – da sind wir.”
Bildquelle: Unsplash © Oskar Kadaksoo