
Emissionsminderungen: Wo steht Deutschland bei den Klimazielen?
Um den Klimaschutz war es in Deutschland in den letzten Monaten nicht so gut bestellt. Ziele wurden aufgeschoben, verändert, notwendige Maßnahmen nicht umgesetzt. Wie wirkt sich das auf die Emissionen aus? Wie viel stoßen die einzelnen Sektoren aus? Und wo stehen wir im Vergleich zu den deutschen Klimazielen?
Darauf liefert euch diese Story Antworten.

Jährlicher Emissions-Bericht
Jedes Jahr veröffentlicht das Umweltbundesamt (UBA), wie viele Emissionen Deutschland verursacht. Getrennt nach den einzelnen Sektoren wird geschaut, wie viel ausgestoßen wurde, wie viel das im Vergleich zum Vorjahr war – und wie viel laut Klimaschutzgesetzt ok wäre.
Im April war es auch dieses Jahr wieder so weit: Die Zahlen für 2024 wurden veröffentlicht. Wo steht Deutschland aktuell? Das schauen wir uns im Folgenden einmal genauer an.
Zunächst einmal gibt es gute Nachrichten: Die Emissionen sind 2024 weiter gesunken. Sie lagen bei 649 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, das sind 3,4% weniger (oder rund 23 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente) als im Jahr davor. Und es sind deutlich weniger, als laut Klimaschutzgesetz erlaubt gewesen wäre. Das hatte für 2024 nämlich eine maximale Gesamtmenge von 693,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten erlaubt.
Der Rückgang liegt an verschiedenen Faktoren: So wurden die Erneuerbaren Energiequellen weiter ausgebaut und auch der Emissionshandel trägt zu einer Reduzierung der Treibhausgase bei. Doch trotzdem braucht es eine konsequente Umsetzung, Hartnäckigkeit und weitere Maßnahmen.

Die Erneuerbaren Energien bringen den Klimaschutz in Deutschland voran – doch es braucht weitere Maßnahmen und mehr Konsequenz. / © mrganso, pixabay.com
Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass das Ziel für 2030 mit den bisherigen klimapolitischen Maßnahmen erreicht werden kann. Bis dahin möchte Deutschland die Treibhausgasemissionen um 65% im Vergleich zu 1990 verringern. Vorausgesetzt, die Maßnahmen werden konsequent umgesetzt.
Im Hinblick auf die Ziele der EU-Klimaschutzverordnung (Effort Sharing Regulation) steht Deutschland allerdings weniger gut da: Für den Zeitraum von 2021 bis 2030 gibt es vermutlich eine Lücke von 226 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten, die Deutschland zu viel ausstoßen wird. Die Problemfelder sind bekannt: Im Verkehrs- und Gebäudebereich werden zu viele Emissionen verursacht. Wenn hier nicht schnell nachgebessert wird, drohen Strafzahlungen an die anderen EU-Staaten und zudem sprunghaft steigende CO2-Preise.

Der Verkehr stößt weiterhin zu viele Emissionen aus und verfehlt sein Sektorziel. / © FrankMagdelyns, pixabay.com
Die Problembereiche: Verkehr und Gebäude
Wer die Emissionsberichte der letzten Jahre verfolgt hat, kennt es bereits: Der Verkehrssektor ist weit entfernt von seinen Zielen. Die Rückgänge sind seit Jahren minimal, die Gesamtemissionen dieses Sektors ungebrochen zu hoch.
So auch für 2024: Die Emissionen gingen lediglich um 1,4% im Vergleich zu 2023 zurück. Ausgestoßen wurden vom Verkehr rund 143,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das sind etwa 18 Millionen Tonnen mehr, als das Klimaschutzgesetz dem Sektor für dieses Jahr zugestehen würde.
Für den Zeitraum von 2021 bis 2030 wird mit einem „Zuviel“ von 169 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten aus dem Verkehrssektor gerechnet. Zurückgeführt wird das auf die verhaltene Nachfrage nach Elektro-Autos.

Im Gebäudesektor sieht es ähnlich aus: Für 2024 wären hier laut Klimaschutzgesetz 95,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente erlaubt gewesen. Der tatsächliche Ausstoß lag jedoch bei 100,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das sind gerade einmal 2,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente oder 2,3% weniger als 2023. Und auch dieser kleine Rückgang kam nur zustande, weil das Wetter im letzten Jahr mild war und wenig geheizt wurde. Unterm Strich hat sich also kaum etwas getan.
Für den Gebäudebereich wird für die Jahre zwischen 2021 bis 2030 ein „Zuviel“ von 110 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten angenommen. Zwar setzt die Förderung für effiziente Gebäude einen Anreiz. Und auch das Gebäudeenergiegesetz mit der Pflicht, bei neuen Heizungen ab 2028 mindestens 65% erneuerbare Energiequellen zu nutzen, weist in die richtige Richtung. Doch diese Maßnahmen reichen nicht aus, es müssen weitere und besser wirksamere folgen. Insbesondere müssen Sanierungen mit hohen Klimastandards zügig umgesetzt werden. Auch Darlehen für Sanierungen könnten Anreize schaffen und dazu beitragen, die Emissionen aus dem Gebäudesektor zu verringern.

Die Erneuerbaren Energien wurden weiter ausgebaut – und bringen Klimaschutz in Deutschland voran. / © HansLinde, pixabay.com
Der Gewinner: Energiewirtschaft und Stromerzeugung
Die Energiewirtschaft leistet einen maßgeblichen Beitrag, dass die Emissionen in Deutschland sinken. Obwohl in Deutschland im Jahr 2023 die letzten Atomkraftwerke stillgelegt wurden, stieß der Energiesektor 2024 weniger Emissionen aus: 17,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente weniger sind es laut den aktuellen Berechnungen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 8,7% weniger.
Die Emissionen aus fossilen Brennstoffen gingen auch 2024 weiter zurück. Beim Bruttostromverbrauch lag der Anteil der erneuerbaren Energiequellen zuletzt bei 54%.
Um die Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen, sind in erster Linie zwei Aspekte wichtig: Erneuerbare Energien weiter ausbauen und die Kohleverstromung schnell beenden. Das muss konsequent umgesetzt werden.
Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass der Energiesektor auch in den nächsten Jahren einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele und zur Treibhausgasminderung leisten wird.

Kaum Veränderungen gibt es bei der Industrie. / © jannonivergall, pixabay.com
Keine Veränderung: Industrie, Abfallwirtschaft, Landwirtschaft
Im Industriesektor dagegen hat sich nichts getan. Die Emissionen legten hier 2024 sogar minimal um 0,1% zu. Sie lagen bei 153 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente – was aber trotzdem noch 15,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente weniger ist, als im Klimaschutzgesetz vorgesehen.
In der Eisen-, Stahl- und chemischen Industrie stiegen die Emissionen zuletzt, in der Zementindustrie sind sie dagegen gesunken.
Im Hinblick auf die Ziele für 2030 liegt der Industriesektor im Rahmen. Voraussichtlich werden die Ziele sogar übererfüllt und 73 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente mehr eingespart, als vorgesehen wäre. Doch um langfristig eine klimaneutrale Industrie aufzubauen, braucht es mehr: einen schnelleren Ausbau von Infrastruktur (z.B. Strom- und Wasserstoffnetze), mehr Planungssicherheit durch staatlich geförderte Märkte für treibhausgasneutrale Produkte und sichere Fördermittel.

Auch in der Landwirtschaft geht es langsam voran: Hier sind die Emissionen von 63 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2023 auf 62,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2024 leicht gesunken. Nach dem Klimaschutzgesetz hätte die Landwirtschaft 2024 67 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausstoßen dürfen, d.h. der Sektor hat sein Ziel erreicht.
Im Klimaschutzgesetz wird für 2030 ein Ziel von 56 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten für die Landwirtschaft angestrebt.
Die Abfallwirtschaft ist mit 5,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente der kleinste Sektor. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 0,1 Millionen Tonnen bzw. 2,5% weniger. Auch die Abfallwirtschaft hat ihr Ziel wieder eindeutig erreicht (8,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente laut Klimaschutzgesetz). Das Ziel für 2030 liegt bei 4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

Ausblick
Die Entwicklung in 2024 ist, gemessen an den deutschen Klimazielen und dem Klimaschutzgesetz, gar nicht mal so schlecht. Auch wenn Verkehr und Gebäudesektor wieder zu viele Emissionen ausgestoßen haben, wurden die Ziele aller Sektoren insgesamt übertroffen und weniger Emissionen ausgestoßen. Im Vergleich zu 1990 sind die Emissionen um 48,2% gesunken.
Doch langfristig gesehen muss noch einiges passieren, um Deutschland klimaneutral zu machen und um den Klimawandel zu begrenzen. Werden die jetzigen Maßnahmen weiterhin umgesetzt, kann Deutschland bis 2040 voraussichtlich eine Emissionsminderung von etwa 80% im Vergleich zu 1990 erreichen. Das Klimaschutzgesetz sieht jedoch eine Minderung von mindestens 88% vor. Hier muss also noch einiges nachgelegt werden.
Wenn Deutschlang klimaneutral werden möchte, müssen sämtliche Möglichkeiten, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, genutzt werden. Der Bedarf an Negativemissionen muss so klein wie möglich gehalten werden, d.h. die THG-Emissionen so weit wie nur irgend möglich reduziert werden.
Natürliche Kohlenstoffsenken werden zu wenig gefördert. Ein verstärkter Waldumbau, Waldmehrung und Humusaufbau sind nur einige von zahlreichen Maßnahmen, die hierfür in Betracht kommen und zukünftig einen größeren Stellenwert haben müssen.
Nur dann kann, in Verbindung mit weiteren, deutlichen Emissionsminderungen, Klimaschutz gelingen.
Quellen:
Umweltbundesamt (UBA): „Klimaziele bis 2030 erreichbar“, unter https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/klimaziele-bis-2030-erreichbar (Zugriff am 12.5.2025)
Umweltbundesamt (UBA): „Emissionsdaten 2024 – Pressehintergrundinformationen“, Stand 14.3.2025, unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11867/dokumente/emissionsdaten_2024_-_pressehintergrundinformationen.pdf (Zugriff am 12.5.2025)
Umweltbundesamt (UBA): „Datentabelle zu den Treibhausgasemissionen 2024“, unter http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11867/dokumente/datentabelle_zu_den_treibhausgas-emissionen_2024.xlsx (Zugriff am 12.5.2025)

Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.