
Meine Challenge: 3 Monate ohne Konsum (Erfahrungsbericht)
Anfang Januar war es so weit: Ich wollte mit einer Challenge ins neue Jahr starten. 3 Monate ohne Konsum war mein Ziel. In dieser Story berichte ich euch von meinen Erfahrungen. Seid gespannt!
Meine „Regeln“
In den Sozialen Medien gibt es die „Kauf-Nix-Challenge“. Die Teilnehmer:innen versuchen dabei meistens, ein (halbes) Jahr lang ohne Konsum auszukommen. Dabei gibt es zwei „Joker“, also zwei Dinge die angeschafft werden dürfen. Second-Hand-Artikel werden bei dieser Challenge nicht auf die Joker angerechnet.
An diese Challenge habe ich mich angelehnt, die Regeln aber etwas abgeändert. Zum einen wollte ich die Challenge fürs Erste 3 Monate laufen lassen. Und ich habe mich für 2 „Joker“ entschieden. Doch anders als bei der Kauf-Nix-Challenge wollte ich auch keine Second-Hand-Sachen kaufen. Bzw. falls ich etwas Second-Hand kaufe, wäre das ein Joker.

Ausgenommen von der Challenge waren Nahrungsmittel inkl. Süßes, Hygieneartikel wie WC-Papier, Haarseife, Denttabs etc. und Medikamente. Auch den nicht-materiellen Konsum habe ich von der Challenge ausgenommen. Das heißt, Besuche in der Kletterhalle oder VHS-Kurse waren weiterhin drin.
Allerdings habe ich meine PC-Zeit reduziert. Ich mache schon seit einiger Zeit 2-3 „PC-freie Tage“ pro Woche, mal mehr, mal weniger konsequent. Während der Challenge galt für mich: 4 Tage/Woche kein Laptop. Auf meinem Handy ist ohnehin kein Internet.
Zusätzlich wollte ich auch pro Monat 10 Bücher weitergeben, entweder als Spende oder indem ich sie in die Bücherbude stelle. Und da ich dort oft vorbeigehe und immer wieder ein gutes Buch finde, sollte für jedes Buch, das ich in dieser Zeit mitnehme, ein Buch von zu Hause zusätzlich weitergegeben werden.
Kreativität ist gefragt
In die Challenge gestartet bin ich am 1. Januar. Mit gemischten Gefühlen: Zum einen ist ein paar Tage vorher der Reißverschluss meiner Winterjacke kaputt gegangen und ich war mir nicht sicher, ob die eingefädelte Schnur den Zipper mehr als ein paar Tage ersetzen würde. Und zum anderen hatte ich die ganzen Weihnachtsferien über das Bedürfnis nach einem Stickbild mit Leuchtturm als kreatives Winterprojekt…
Doch beides hat sich im Verlauf der Challenge gelöst: Die Schnur am Reißverschluss hält immer noch, und statt ein Stickbild zu machen, war ich mit den Dingen kreativ, die ich schon zu Hause hatte. So habe ich z.B. Bücher gebunden, Briefumschläge aus alten Kalendern gebastelt und ein paar Socken als Geburtstagsgeschenk gestrickt.

In die Zeit der Challenge fiel auch ein Geburtstag, d.h. ich habe ein Geschenk gebraucht. Das konnte ich aber „regelkonform“ organisieren: Die Person hat ein gut erhaltenes Buch aus der Bücherbude bekommen (öffentliches Bücher-Tausch-Regal im Stadtteil) und selbstgestrickte Socken aus Wolle, die ich noch zu Hause hatte.
Allerdings habe ich noch im Januar gemerkt, dass meine Regeln einen Punkt außer Acht gelassen haben: Anfang Januar habe ich sowohl einen Radiergummi fürs Lernen als auch eine neue Rolle Nähgarn gebraucht. Ich habe gemerkt: Wenn ich für diese beiden Sachen meine zwei Joker einsetze, wird die Challenge richtig schwierig. Ich habe mich daher entschieden, dass trotz Kauf-Nix-Challange Sachen, die ich verbrauche, ok sind. Also z.B. Nähgarn oder Radiergummi. Das machen übrigens auch die meisten Menschen, die auf Insta/Facebook von ihrer Challenge berichten, so.
Im Februar stand ich dann vor der Situation, dass mehrere meiner Geschirrtücher schon ziemlich dünn und löchrig waren. Ohne Challenge hätte ich mir in diesem Fall wohl neue gekauft. Doch schon früher habe ich immer wieder Spültücher zum Geschirr spülen aus alten Betttüchern genäht – und ich hatte noch genug Stoff übrig. Da habe ich mir überlegt: Warum eigentlich nicht Geschirrtücher zum Abtrocknen aus alten Bettbezügen nähen? 100% Baumwolle, saugfähig, müsste funktionieren.
Gesagt, getan. An einem PC-freien Abend habe ich mich hingesetzt und einige Geschirrtücher genäht. Was soll ich sagen: Sie funktionieren sehr gut und habe sich bewährt.

Die 4 PC-freien Tage pro Woche haben sich bewährt. Von Vorteil war, dass ich mir immer die gleichen Wochentage dafür ausgesucht habe und so eine Routine entstehen konnte. Statt am PC zu sitzen, habe ich gelesen, gelernt, war kreativ, habe telefoniert, genäht, Kleidung und anderes repariert oder mich zum Klettern verabredet. Das Internet habe ich nicht vermisst und nach einer Weile ist eine schöne Ruhe und ein bisschen auch Entschleunigung entstanden.
Nur das Lernen musste ich anfangs ein bisschen umstellen – ich nutze den PC oft auch zum Lernen und wenn man nicht mehr so oft am Laptop ist, werden andere Methoden wichtiger und Onlinekurse treten z.B. in den Hintergrund.

Joker
Ebenfalls im Februar habe ich, kurz hintereinander, auch meine beiden Joker eingesetzt. Ein Joker ging für ein Rätselheft drauf und der andere für eine Lernbox für Geschichte. Die habe ich in einem Second-Hand-Laden gesehen und konnte nicht wiederstehen...
Der März verging dann, ohne dass ich das Bedürfnis hatte, irgendetwas zu „brauchen“. Ich habe zwar zweimal einen Flohmarkt besucht und mir die Stände angeschaut, doch durch die Challenge war ich schon so „geimpft“ mit der Erfahrung, dass ich irgendwie gar nicht das Gefühl hatte, das möchte ich jetzt kaufen.
Konsum als „Trost“?
Ende Februar habe ich noch eine weitere „besondere“ Erfahrung gemacht. Ich habe das erste Mal richtig bewusst wahrgenommen, dass und wie Konsum als „Trost“ eingesetzt werden kann. Vor einigen Jahren hatte ich Krebs. Und im Februar hat es sich für mich eine Weile so angefühlt, als wäre erneut ein Tumor da. In dieser Situation hatte ich irgendwie die fixe Idee, nach dem Arzttermin eine Mütze mit Ankern oder anderen maritimem Muster kaufen zu „müssen“. Um mir etwas „Gutes zu tun“ im Hinblick auf eine neue Chemo, um mich wohlzufühlen. Obwohl meine Auswahl an „Chemo-Mützen“ immer noch im Schrank liegt und eigentlich ausreicht. Aus der Mütze wurde jedoch nichts – die Untersuchung war unauffällig, der Wunsch nach Konsum war weg.
Für mich war das eine neue Erfahrung, den Wunsch nach Konsum zusammen mit einem emotionalen Bedürfnis wahrzunehmen. Das soll nicht heißen, dass ich es noch nie hatte, aber ich habe es noch nie so deutlich wahrgenommen.

Es geht weiter – ich möchte mich mit Suffizienz und Minimalismus beschäftigen / © Etienne Girardet, unsplash.com
Fazit
Um es kurz zu machen: Es war eine tolle Zeit. Die PC-freien Tage werde ich auf jeden Fall beibehalten, 4x/Woche. Zukünftig möchte ich noch versuchen, meine Mails zu reduzieren.
Meinen Konsum werde ich auch zukünftig so weit wie möglich reduzieren. Zwei Joker, egal ob für „neue“ oder Second-Hand-Artikel, in drei Monaten sind aber doch recht sportlich. Vielleicht wird es zukünftig also ein Joker pro Monat sein, wer weiß.
Ebenfalls beibehalten werde ich, zumindest mal bis zum Sommer, meine „10-Bücher-pro-Monat-weitergeben“-Regel. Die meisten meiner Bücher sind zwar gebraucht, aber ich lese sehr viel und das Bücherregal ist eher voll.
Und thematisch möchte ich mich in den kommenden Monaten etwas mehr mit Suffizienz und Minimalismus beschäftigen, also dem „Genug“ statt „Immer Mehr“.
Du hast Lust, eine ähnliche Challenge zu starten? Dann schau vielleicht noch einmal in diesen Tipp der Woche – dort stelle ich die Kauf-Nix-Challenge mit verschiedenen Ideen vor.

Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.