
Wissenschaft und Aktivismus: Vereinbar oder getrennt?
Wissenschaft soll neutral sein. Das ist eine weit verbreitete Meinung unter Wissenschaftler:innen. Neutral und sachlich sollen neue Erkenntnisse veröffentlicht werden. Doch vor allem Wissenschaftler:innen im Bereich der Klimaforschung werden täglich mit den Auswirkungen und Folgen der Klimakrise konfrontiert. Sollte man da als Wissenschaftler:in weiter in der “neutralen” Rolle bleiben? Oder sich ebenfalls aktivistisch agieren, um Entscheidungsträger:innen von den richtigen Maßnahmen und der Relevanz des Themas zu überzeugen. Das war die Frage, mit der Claire Treat am 19.01.2024 morgens im Alfred-Wegener-Institut in Potsdam das Panel eröffnete. Bei einem wissenschaftlichen Panel geht es vor allem darum neue Erkenntnisse zu gewinnen und verschiedene Ansichten zu diskutieren.
Vorne im kleinen Konferenzsaal des Institutes saßen unsere vier Panelisten. Claire Treat, die Klimaforscherin, die wir auf der Expedition Klima bereits in Finnland besucht haben moderierte das Panel. Von der Expedition Klima waren Mareike und Nina vorne mit dabei um mit den Wissenschaftler:innen des Institutes zu diskutieren und mit dem Rest der Zuschauenden ihre Erfahrungen und Ansichten zu teilen. Vom AWI (Alfred-Wegener-Institut) war Volker Rachhold vertreten. Er leitet das Deutsche Arktisbüro und ist bereits länger im Bereich Wissenschaftskommunikation und auch in der wissenschaftlichen Kooperation verschiedener Forschungsinstitute tätig. Der vierte Panelist in der Runde war Donovan Dennis, ein Mitarbeiter des Potsdam-Instituts für Klimaforschung (PIK). Dort ist er vor allem im Bereich Gletscherforschung beschäftigt.

Was ist denn nun die Rolle der Wissenschaft? Volker Rachhold öffnete das Panel mit der Aussage, dass die Wissenschaft vor allem die Aufgabe hat, Wissen und Fakten neutral und in verständlicher Art und Weise an die Gesellschaft zu tragen. Es kam der Punkt auf, dass die Teilnahme an Protesten wohlmöglich der Glaubwürdigkeit von Wissenschaftler:innen schaden könnte. Donovan Dennis sprach sich jedoch dafür aus, dass man in der Wissenschaft auch eine gewisse Verantwortung für die Gesellschaft hat. Überzeugung von Entscheidungsträger:innen und auch die wissenschaftliche und faktenbasierte Unterstützung von Protesten sollte somit eine Aufgabe der Wissenschaft sein und keine Option. Er glaubt nicht, dass die Wissenschaftler:innen an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie aktivistisch agieren. Solange exzellente und faktenbasierte Wissenschaft betrieben wird, sei auch die Glaubwürdigkeit gesichert. Daraufhin hatten Nina und Mareike die Möglichkeit den anwesenden Wissenschaftler:innen unser Projekt der Expedition Klima vorzustellen. Sie erklärten kurz unser Ziel, nämlich Klimaforschung niederschwellig, verständlich und mit Hoffnung an die Gesellschaft zu vermitteln. Sie griffen auch das Konzept einer neuen Studie von Katharine Hayhoe auf. Katherine Hayhoe beschreibt dort das Konzept eines „carbon handprint“. Also vergleichbar zum ökologischen Fußabdruck den „ökologischen Handabdruck“. Dieser soll zeigen, wie man sich positiv für das Klima einbringt, wenn man sich beispielsweise engagiert oder an Lösungen mitarbeitet.

Letztendlich kamen alle Panelist:innen zu dem Schluss, dass die Wissenschaft nicht nur neutral und objektiv Fakten kommunizieren soll. Aktivismus kann und soll ganz einfach in den Alltag eingebaut werden. Dazu zählt auch der Alltag von Wissenschaftler:innen. Wir sind alle gemeinsam dafür verantwortlich, dass wir die Klimakrise lösen. Kleine Schritte, wie Diskussionen mit Familie und Freund:innen, oder auch eine Zugfahrt statt einem Flug helfen in die richtige Richtung zu gehen. Grundsätzlich müssen wir uns alle dafür einsetzen, dass sich auch das System ändert. Kleine Handlungen haben auf dem ersten Blick vielleicht keine Wirkung, in der Masse wirken sie aber als Signal und ermöglichen Wandel auf systemischer Ebene. Objektive und faktenbasierte Wissenschaft ist wichtig und unersetzbar. Sich aktiv zu engagieren und fürs Klima einzusetzen steht dazu jedoch nicht im Widerspruch.
Als Team der Expedition Klima haben wir uns super gefreut, über Claire die Möglichkeit zu bekommen in einem wissenschaftlichen Panel mitzuwirken und uns mit den Wissenschaftler:innen zu diesem Thema auszutauschen. Solche Situationen bieten uns die Möglichkeit weiter als „Brücke“ zwischen der teilweise recht verwirrenden Welt der Wissenschaft, dem Aktivismus und der Gesellschaft aufzutreten.