Wir brauchen eine Kreislaufgesellschaft – und mehr Reparatur

Published on November 5, 2023

Eine gut funktionierende Kreislaufgesellschaft wäre nachhaltiger. In ihr könnten viel mehr Ressourcen wieder- und weiterverwendet werden, es gäbe weniger Emissionen und weniger Umweltschäden durch den Abbau und die Gewinnung der verschiedenen Materialien. Das betrifft alle Gegenstände, besonders aber Elektrogeräte. Denn sie enthalten wertvolle Rohstoffe wie Metalle und andere Stoffe, die eigentlich wiederverwertet werden können.
 

Hier könnten viele Materialien wiederverwertet werden. / © PublicDomainPictures, pixabay.com

 

Was passiert mit alten Elektrogeräten?

Nicht genutzte Elektrogeräte landen in Deutschland viel zu oft in der Schublade, in Abstellräumen oder im Hausmüll. Alleine über 210 Millionen ungenutzte Handys liegen in deutschen Haushalten.

Dass Elektrogeräte getrennt gesammelt werden, macht Sinn. Denn neben Metallen etc., die wiederverwertet werden können, enthalten sie auch Schadstoffe. Werden diese nicht fachgerecht entsorgt, schaden sie der Umwelt und der Gesundheit.

In der fachgerechten Verwertung dagegen werden z.B. Kühlmittel und Gase aus Kühlschränken abgesaugt, Quecksilber zurück gewonnen, Gehäuse maschinell zerkleinert oder manuell zerlegt, Batterien/Akkus entfernt, Leiterplatten und Kunststoffstreuscheiben ausgebaut und deren Rohstoffe zurück gewonnen. Die Rückgewinnung bei Eisen, Kupfer und Aluminium ist bereits recht gut, bei den Edelmetallen braucht es noch deutliche Verbesserungen.
Das zurückgewonnene Metall wird z.B. für die Produktion neuer Metalle verwendet, Kunststoff wird stofflich oder energetisch verwertet.

2019 wurden in Deutschland übrigens über 947.000 Tonnen Elektrogeräte gesammelt. Der größte Teil davon stammte aus Privathaushalten. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl wurden 2019 gut 10 kg Elektrogeräte pro Einwohner und Jahr entsorgt.

Werden Elektrogeräte in den Hausmüll geworfen (was zwar nicht erlaubt ist, aber trotzdem immer wieder gemacht wird), werden sie meist verbrannt. Nur ein sehr kleiner Teil davon wird aus der Masse gerettet und für die Wiederverwendung aufbereitet.

Obwohl Geschäfte seit längerem die Pflicht haben, Altgeräte unentgeltlich entgegen zu nehmen und umweltgerecht zu entsorgen, werden nur rund 43% der Elektrogeräte vom Handel zurückgenommen. Im Elektro- und Elektronikgerätegesetz ist eine Rücknahmequote von 65% vorgesehen – doch die wird in Deutschland deutlich verfehlt.

Dass sich der Müllberg, insbesondere bei Elektrogeräten, reduziert, ist auch Anliegen der EU.
 

Auf jede einzelne Person kommen gut 10 kg Elektroschrott pro Jahr.  / © dokumol, pixabay.com

 

Das plant die EU

Im Oktober 2023 hat der Ausschuss des Binnenmarkts der EU (IMCO) einen Bericht veröffentlicht, der auf das Thema Recht auf Reparatur und Kreislaufwirtschaft eingeht. Darin unterstützt der Ausschuss den Parlamentsentwurf für ein „Recht auf Reparatur“ – und hat durch Änderungen den Gesetzesentwurf deutlich verbessert. So schlägt der Ausschuss z.B. vor:

  • Neben fachkundigen Reparateuren sollen alle Bürger:innen umfassenden Zugang zu Informationen über die einzelnen Geräte und zu Ersatzteilen erhalten.
  • Bürger:innen sollen sich für eine Reparatur nicht nur an die Händler, sondern auch direkt an den Hersteller wenden können.
  • Hersteller bzw. Reparaturwerkstätten haften ein Jahr nach der Reparatur.
  • Ersatzteile müssen günstig verfügbar sein. Neben Originalteilen sollen auch Ersatzteile aus 3DDruckern Verwendung finden.
  • Praktiken und Gesetze, die die Reparatur von Elektrogeräten erschweren, sollen unterbunden werden.

Die Regelungen sollen sich allerdings auf bestimmte Produkte begrenzen: Staubsauger, Trockner, Spülmaschinen, Kühlgeräte und Displays sowie Fahrräder. Das wird von verschiedenen Bündnissen wie der Initiative „Right to Repair“ kritisiert. Denn viele Produkte werden dabei außen vor gelassen.

Ein anderer Kritikpunkt: Hersteller sollen nur dann zu einer Reparatur verpflichtet sein, wenn diese günstiger ist, als das Gerät durch ein neues zu ersetzen.

Wichtig ist auch: Der Bericht wurde besprochen und Anregungen wurden gegeben –doch beschlossen ist das „Recht auf Reparatur“ von der EU bisher nicht.
 

Die Reparatur von Elektrogeräten muss einfacher werden. / © andreahuyoff, pixabay.com

 

Das muss sich in der Gesellschaft und Politik ändern

In der Gesellschaft braucht es eine breit angelegte Diskussion darüber, wie wir Technologie nachhaltig als Gesellschaft nutzen können. Ein gesellschaftlicher Konsens über die wesentlichen Punkte und eine entsprechende Akzeptanz ist Voraussetzung, dass die Wende in der Nutzung unserer Ressourcen und Technologien gelingt. Früher waren Reparaturen selbstverständlich und in der Gesellschaft fest verankert. Heute muss ein entsprechender Werte- und Bewusstseinswandel erst wieder gefördert werden. Und wir müssen unseren Konsum reflektieren. Für unsere Kauflust werden zu viele Ressourcen und zu viel Energie eingesetzt. Je mehr (Elektro-)Produkte auf den Markt gelangen und gekauft werden, desto mehr Altgeräte fallen an.

Parallel dazu braucht es politische Anreize und Regelungen. Bisher blieb die Forderung nach einer sinnvollen Kreislaufwirtschaft meist unbeantwortet und die Ziele, die sich die Regierung gesetzt hatte, wurden verfehlt. Die bisherigen Maßnahmen beschränken sich vorrangig auf Ziele bei der Rücknahme und dem Umgang mit Altgeräten. Eine wirkliche Strategie, dass Elektrogeräte länger in der Nutzung bleiben, fehlt dagegen.

Es gibt zwar eine gesetzliche Abfallhierarchie. Die Vermeidung steht dort zwar an erster Stelle – doch in der Praxis wird kaum etwas getan, um diese Abfallstrategie umzusetzen.

Eine Wende kann gelingen, wenn wir unsere Geräte viel mehr als Teil eines lebendigen Kreislaufes betrachten. Er schließt ein, dass Geräte repariert werden und zu unterschiedlichen Zwecken genutzt und angepasst werden können. Außerdem, dass Informationen und Ersatzteile vor Ort verfügbar sind und viele Menschen daran mitarbeiten, Geräte zu erhalten. Das Konzept „Open Source Hardware“ bedeutet genau das: Geräte werden gezielt für die Kreislaufwirtschaft geschaffen, sind einfach im Aufbau und ermöglichen den Austausch defekter Teile (insbesondere von Akkus), Informationen zur Reparatur etc. stehen allen zur Verfügung.

Kreislaufgesellschaft ist also weitaus mehr als das Rückgewinnen von Rohstoffen aus alten Geräten und beginnt schon viel früher.
 

Die Rückgewinnung von Rohstoffen ist wichtig - noch wichtiger ist aber die Vermeidung von Elektromüll. / © knollzw, pixabay.com

 

Das kannst du tun

Jede:r von uns kann dazu beitragen, den Berg an Elektromüll zu verkleinern. Der wichtigste Faktor: Konsum überdenken, nicht alles kaufen, weniger Elektrogeräte besitzen. Die Geräte, die man hat, gut pflegen, damit sie möglichst lange halten. Und wenn sie kaputt sind, sich um eine Reparatur bemühen – auch, wenn der Fachmann sagt, das lohne sich finanziell nicht, ein neues Gerät würde nur wenig mehr kosten. Eine Reparatur erhält die Ressourcen, die bei der Herstellung verwendet wurden, und ihr könnt noch lange Freude an dem Gerät haben.

Auch im Freundeskreis oder in der Familie kann man sich aktiv für mehr Reparatur und einen bewussten Konsum einsetzen und immer wieder das Gespräch suchen und das Bewusstsein dafür schärfen. Das geht auch super bei einem Besuch in einem Repair-Cafe.
Funktionsfähige (Elektro-) Geräte, die man selber nicht mehr braucht, können an andere Personen weitergeben werden (verschenken, verkaufen, spenden). So können sie weiter genutzt werden, statt im Regal zu verstauben oder im Müll zu landen.
Und was wirklich nicht mehr zu retten ist, über den Handel oder Sammelstellen vor Ort entsorgen. - Bitte nicht in den Restmüll werfen.

Darüber hinaus kann sich auch jede:r für das Recht auf Reparatur einsetzen, entsprechende Initiativen unterstützen und politisch aktiv werden.
 

Reparaturen müssen wieder stärker in der Gesellschaft verankert sein. / © jarmoluk, pixabay.com

 



Quellen


 

Die Autorin Stephanie

Eine Story von: Stephanie

Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.