
Waldaufgabe 5/6 - Wildkräuter sammeln
Kraftvoll, verwunschen, mystisch - der Wald hat auf uns eine magische Anziehungskraft. Die überwiegende Zeit unserer Entwicklungsgeschichte lebten wir Menschen im und vom Wald. Doch inzwischen scheinen wir die Verbindung zur Natur zu verlieren. Wird der Wald uns fremd? Nicht, wenn wir uns wieder auf das Abenteuer einlassen, ihn neu zu entdecken.
In diesen Wochen bekommst du bei uns viele Inspirationen und Anregungen, wie du wieder mehr Zeit im Wald verbringen kannst. Wir laden dich ein, diesen Frühling zu deinem Waldfrühling zu machen!
In dieser fünften Waldaufgabe nehme ich euch mit auf eine kleine Tour durch die essbaren Wildpflanzen am und im Wald und zeige euch, wie ihr fünf von diesen erkennen und verwenden könnt.
Ganz wichtig vorab: Wenn ihr Wildkräuter sammelt, dann lasst euch Zeit beim Identifizieren und erntet nur, wenn ihr die Pflanze sicher identifiziert habt! Manchmal sehen sich giftige und ungiftige Pflanzen sehr ähnlich.
Allgemeine Infos zu Wildkräutern
Die Natur bietet uns (vor allem im und um den Wald) einen unglaublichen Reichtum an essbaren Pflanzen. Viele davon sind einfach nur lecker, andere haben auch heilende Eigenschaften, die etwa in der Naturheilkunde eingesetzt werden. Obwohl bei ernsthaften Erkrankungen immer zuvorderst Ärzt:innen und Apotheker:innen zu konsultieren sind, können auch wir, die wir nicht im medizinischen Bereich heimisch sind, von der Vielfalt der wilden Kräuter profitieren und diese in unseren Speiseplan integrieren und/oder ganz gezielt zur Anreicherung unserer Hausapotheke verwenden. Hierfür braucht es gar nicht viel: Ein paar Kenntnisse über das Ernten und Lagern wilder Pflanzen und natürlich die sichere Identifizierung dieser. Für beides möchte ich im Folgenden einen ersten Einstieg geben.
Ernten und Lagern
Blätter und Blüten kann man grundsätzlich natürlich jederzeit ernten. Am besten geeignet sind jedoch sonnige Vormittage – wenn der Tau trocken ist, die Sonne aber noch nicht zu kräftig scheint. Denn zu dieser Zeit ist der Gehalt an ätherischen Ölen in den Pflanzen am höchsten.
Verwendet beim Ernten am besten keine Plastiktüten, denn abgesehen davon, dass Plastik ohnehin besser vermieden werden sollte, schwitzen die Kräuter in diesen leicht und verlieren ihre Festigkeit. Gut geeignet sind Körbe oder auch Papiertüten. Wenn ihr dann mit eurer Ernte zu Hause angekommen seid, solltet ihr die Kräuter in einer Dose im Kühlschrank lagern (Haltbarkeit ca. 2-3 Tage) oder zum Trocknen auf einem Tuch ausbreiten. Nach ca. 3-4 Tagen sind die Kräuter dann „rascheltrocken“ und können in luftdichten Gläsern oder Dosen an einem dunklen, trockenen Ort kühl gelagert werden.
Generell gilt: Legt euch Vorräte immer nur für ein Jahr an! So habt ihr am meisten von den Inhaltsstoffen der Pflanzen und könnt direkt wieder losziehen, um frisches Grün zu ernten.
Fünf Kräuter
So, nun aber zu den fünf wilden Pflanzen, die ich euch heute vorstellen möchte. Ich habe mich für gerade diese entschieden, weil sie recht verbreitet und vergleichsweise leicht zu erkennen sind und weil sie interessante Eigenschaften haben. Die Verwechslungsgefahr mit giftigen Pflanzen ist bei diesen zudem eher gering.
Hier findet ihr ein Video, in dem ich euch alles über die jeweilige Pflanze erzähle und euch zeige, wie man sie findet, woran man sie erkennt und was man damit alles machen kann.
Alternativ scrollt einfach weiter und schaut euch die Beschreibungen und Fotos an:
Spitzwegerich (Plantago lanceolata)
Der Spitzwegerich ist eine sehr weit verbreitete Pflanze, die man in Parks und auf Wiesen ebenso findet, wie an Wegesrändern und im Wald.
Man erkennt ihn an den langen, spitz zulaufenden Blättern, die von deutlichen Blattadern durchzogen sind. Meist wachsen sie rundherum um die langen, oben dunklen Blütenstände.
Verwendung in der Küche:
Wildkräutersalate, Verfeinerung für Suppen und Gemüse
Vor allem die jungen Blätter schmecken pilzartig (dazu am besten dünsten oder braten)
Sparsam einsetzen, sonst wird der Geschmack sehr dominant
Verwendung als Heilpflanze:
Insektenstiche & Sonnenbrand
Zerriebene Blätter auf die betroffenen Stellen auftragen: lindert Juckreiz und Brennen
Erkältungshelfer
Blätter trocknen und als Tee trinken
Alternativ ein Sirup kochen
Beides wirkt hustenstillen und schleimlösend
Rezept 1: Hustensirup mit Spitzwegerich
Zutaten: 1 EL Spitzwegerich getrocknet oder 2 EL frisch, nach Geschmack Thymian, Salbei und Fenchelsamen (ebenfalls jeweils 1 oder 2 EL)
Zubereitung: alles in ca. 200 ml Wasser mit ein wenig Honig oder einem anderen Süßungsmittel aufkochen und eine halbe Stunde köcheln lassen. Durch ein Seihtuch geben und in dunkle Flaschen abfüllen. Kühl, trocken und dunkel lagern!
Frauenmantel (Alchemilla xanthochlora)
Der Frauenmantel hat eine lang zurückreichende, mystisch angehauchte Geschichte.
Seine Blüten sind klein, grün-gelb und stehen nach zusammen. Die Blätter sind kelchförmig mit einer stark gezackten Außenseite und erinnern umgedreht ein bisschen an einen mittelalterlichen Mantel. Er wächst vor allem auf sonnigen, feuchten Wiesen in Waldnähe.
Morgens findet man oft einen kleinen, hübsch anzusehenden Tropfen in der Mitte der Blätter – dieser wurde früher von Alchemisten gesammelt, die daraus Gold, den Stein der Weisen und diverse Heilmittel herstellen wollten…
Verwendung als Heilpflanze:
Die Blüten und Blätter enthalten viele Gerb- und Bitterstoff, die krampflösend und schmerzstillend wirken. Daher eignen sie sich, um Menstruationsbeschwerden und Magen-Darm-Krämpfe zu lindern.
Dazu am besten die Blätter (und Blüten) trocknen und als Tee trinken.
Achtung: Wie bei den meisten Kräutern nicht überdosieren; 2-3 Tassen am Tag sind i.d.R. ok.
Knoblauchsrauke (Allilaria petiolata)
Die Knoblauchsrauke ist eine echtes Multitalent in der Küche. Sie wächst an Waldwegen, auf Brachflächen und Gärten und ist recht gut erkennbar an den kleinen weißen Blüten (es stehen immer vier Blütenblätter zusammen) und an den unterschiedliche geformten Blättern: die oberen sind kleiner, herzförmig und stark gezackt, die unteren sind nierenförmig, größer und sanfter gezackt. Vor allem aber erkennt man sie daran, dass die Blätter nach Knoblauch riechen, wenn man sie zerreibt!
Verwendung in der Küche:
Schon seit dem Mittelalter ist die Knoblauchsrauke eines der beliebtesten Würzkräuter.
Vorteil: Man bekommt keine Knoblauchfahne 😊
Nachteil: Die Blüten und Blätter kann man nur roh verwenden, da sie beim Erhitzen den Geschmack verlieren.
Man kann mit der Knoblauchsrauke Speisen verfeinern, sie in einen Salat streuen oder für Kräuterbutter, -quark u.ä. verwenden.
Im Herbst kann man die Samen der Knoblauchsrauke sammeln: die schmecken nach Pfeffer und Wasabi.
Rezept 2: Wildkräuterpesto
Zutaten: 2 Handvoll Blätter der Knoblauchsrauke (und nach Geschmack noch andere, z.B. Giersch), 30g Nüsse oder Mandeln, 100g Parmesan oder für veganes Pesto z.B. ein paar TL Hefeflocken, Salz, Pfeffer, Olivenöl (Menge je nach gewünschter Konsistenz)
Zubereitung: Pürieren!
Giersch (Aegopodium podagraria)
Der Giersch ist wegen seines schnellen und unbezähmbaren Wachstums für Gärtner:innen mitunter eine echte Plage, aber auch eine der leckersten und vielseitigsten Wildpflanzen. Er wächst überall: Im Garten, auf Wiesen und im Wald.
Man erkennt ihn an der Dreizahl der Blätter, dem dreieckigen Blattstiel und, wenn man die Blätter zerreibt, am würzigen Geruch nach Möhren und Petersilie.
Verwendung in der Küche:
Wegen seines angenehmen Geschmacks kann man den Giersch in Salaten, Suppen, Pasta oder auch als Ersatz für Petersilie einsetzen. Dabei sollte man die Stile entfernen, da diese bitter schmecken. Die älteren Blätter schmecken etwas kräftiger, machen sich aber gut z.B. als Spinatalternative.
Verwendung als Heilpflanze:
Als Heilpflanze wird der Giersch nicht unbedingt verwendet, jedenfalls ist er aber sehr gesund, da er viel Vitamin C und Eisen enthält. Außerdem kann man die Blätter zerrieben auch zur Behandlung von Insektenstichen verwenden, wenn man gerade mal keinen Spitzwegerich zur Hand hat.
Waldmeister (Galium odoratum)
Tiefer in Laub- und Mischwäldern findet man den Waldmeister, wo er oft ganze Waldbodenstücke bedeckt. Typisch für den Waldmeister sind die kleinen weißen Blüten und die schmalen, spitz zulaufenden Blättern mit rauem Rand, die immer zu sechst bis acht zusammenstehen und etagenartig übereinander wachsen.
Man kann den Waldmeister mit diversen Labkräutern verwechseln, die ähnlich aussehen und wachsen (Waldlabkraut, Wiesenlabkraut…). Diese sind ebenfalls essbar und vielseitig einsetzbar, haben jedoch nicht das typische Waldmeisteraroma/den Geruch. Daran kann man den Waldmeister also gut von den Labkräuter unterscheiden.
Verwendung in der Küche:
Bekannt ist der Waldmeister-Geschmack vor allem in Nachspeisen. Man kann die Blätter und Blüten aber auch verwenden, um allerlei Getränke zu aromatisieren, z.B. Milch oder Liköre. Dazu legt man den Waldmeister entweder darin ein, oder kocht ihn darin aus. Besonders beliebt: Die Maibowle.
Am besten lässt man den Waldmeister vor der Verwendung eine Weile anwelken, damit sich das typisch Aroma entfaltet.
Rezept 3: Maibowle (mit oder ohne Alkohol)
Zutaten: 10 Zweige Waldmeister (angetrocknet), eine kleingeschnittene Zitrone (am besten mit Schale), 1 Liter Apfelsaft bzw. 1 Liter Weißwein sowie entweder Sprudelwasser oder Sekt.
Zubereitung: Den Waldmeister und die Zitrone entweder in Apfelsaft oder in Weißwein eine bis zwei Stunden ziehen lassen. Dann die Kräuter entfernen und entweder mit Sprudelwasser oder mit Sekt aufgießen.
Verwendung als Heilpflanze:
Der Waldmeister wurde früher als Stimmungsaufheller verwendet. Unabhängig davon, ob er tatsächlich die Kraft hat, griesgrämige Menschen fröhlich zu stimmen, ist er aber jedenfalls ein guter Helfer bei Kopfschmerzen und wirkt entspannend und krampflösend. Man kann ihn einfach frisch oder getrocknet mit heißem Wasser übergießen und als Tee trinken.
Achtung: Den Waldmeister nicht überdosieren, sonst verkehrt sich die Wirkung ins Gegenteil und löst Kopfschmerzen und Übelkeit aus! Also immer sparsam einsetzen.
Noch ein kleiner Tipp zum Schluss: Wenn ihr eure liebsten Kräuter gefunden habt, könnt ihr diese in wechselnden Kombinationen nutzen, um selbst Kräutersalz, Kräuteröl, Kräuterbutter/-margarine usw. herzustellen. Werdet da einfach kreativ! Und auch in grünen Smoothies machen sich ein paar frische Kräuter richtig gut.
Titelbild: © Maurizio-Biancarelli Wild Wonders of Europe/WWF (Das Bild Das Bild zeigt einen Wald im warmen Morgenlicht. Der Waldboden ist bedeckt von Hasenglöckchen, die in zartem Lila blühen.)
Kräuter-Fotos: © Sarah Kleinschumacher

Eine Story von: Sarah
Sarah schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community und ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.