
Wendepunkt erreicht
Die Folgen der Erderwärmung werden immer klarer und der angestrebte Klimaschutz reicht nicht: Das ist das Fazit des neuen Weltklimaberichts. Bereits 2030 droht eine Erderwärmung um 1,5 Grad - zehn Jahre früher als bisher prognostiziert. Extremwetterereignisse wie Hitzewellen und Starkregen werden zunehmen. Und der menschliche Einfluss auf das Klima ist "zweifelsfrei", sagt der Weltklimarat IPCC im ersten Teil seines heute veröffentlichten Sachstandsberichts.
"Wie oft wollen wir in Zukunft Dürren wie in Madagaskar erleben? Oder Hochwasserkatastrophen wie in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz? Menschenleben verlieren? Existenzen? Die Klimakrise trifft uns alle. Lauter als im neuen Bericht des Weltklimarats kann die Wissenschaft nicht mehr warnen. Wir müssen dringend handeln, ein weiteres Zögern werden wir uns selbst nicht mehr verzeihen können – ganz zu schweigen von unseren Kindern", sagt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland.
Der Bericht zeigt unter anderem, dass die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre aktuell höher ist als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in den letzten 800.000 Jahren – mindestens. Die Oberflächentemperatur ist so schnell angestiegen wie nie zuvor in den vergangenen 2000 Jahren – mindestens. Und der Meeresspiegel ist im vergangenen Jahrhundert schneller angestiegen als in den 3000 Jahren zuvor – mindestens.

"Wenn wir der Erderhitzung nicht entschlossen entgegentreten, gibt es auf der Welt nichts Törichteres als den Menschen, der sich seiner eigenen Lebensgrundlagen beraubt. Die Bundestagswahl im September muss daher eine Wahl für den Schutz unseres Klimas, der Biodiversität und somit letztlich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen sein. Noch haben wir es in der Hand, noch können wir Schlimmes verhindern. Aber eins steht fest: Wir müssen schnell handeln", betont Christoph vom WWF.
"Es ist zweifelsfrei, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, den Ozean und das Land aufgeheizt hat", heißt es in dem Bericht. "Menschlicher Einfluss hat das Klima so aufgeheizt, wie es seit mindestens 2000 Jahren nicht mehr vorgekommen ist. (...) 2019 war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren."

Der IPCC-Bericht führt klar vor Augen, dass wir mit jedem halben Grad Temperaturanstieg mit signifikant mehr Extremen rechnen müssen. Dem Großteil der Szenarien zufolge könnte das 1,5-Grad-Limit schon in den 2030ern gerissen werden. Mit höheren Emissionen können außerdem natürliche Senken wie Wälder und Meere die hohe CO2-Konzentration in der Atmosphäre weniger effektiv abfedern, was die Klimakrise weiter anfeuert. Jedes Zehntelgrad, um das wir die Erderhitzung vermindern können, macht große Unterschiede.
"Deutschland hat in den vergangenen Jahren beim Klimaschutz versagt. Eine der wichtigsten Säulen für den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft – der Ausbau sauberer Energie aus Wind und Sonne – wurde gezielt klein gehalten. Dabei werden die Erneuerbaren zum entscheidenden Standortfaktor, jeder Sektor ist auf sie angewiesen. Die jetzige Regierung hat strategisches Unvermögen im Kampf gegen Klimakrise und Wirtschaftsabschwung gezeigt", so WWF-Naturschutz-Vorstand Christoph. "Die nächste Regierung wird es richten müssen unter anderem mit einem massiven Ausbau der Wind- und Solarenergie, dem Abbau umweltschädlicher Subventionen und höheren Treibhausgasminderungen bis 2030. Wer künftig diesem Land als Kanzler:in vorstehen will, muss sich klar hinter umfassende Klimaschutzmaßnahmen stellen: Insbesondere bei Armin Laschet vermissen wir das bislang."
Wir dürfen niemals aufgeben. Jetzt kommt es drauf an, was für die Zukunft entschieden wird. Deshalb:
- Komm zum Klimastreik am 24. September!
- Sprich mit allen Menschen in Deinem Umfeld über den IPCC-Bericht und mach mit uns die Bundestagswahl zur Klimawahl!
- Wenn du wahlberechtigt bist, dann geh unbedingt zur Bundestagswahl und nutze deine Stimme. Du kannst dich in vielen Quellen über die klimapolitischen Absichten der Parteien informieren, u.a. beim WWF Wahlprogramm-Check.
Zum Hintergrund des Berichts:
Der nun veröffentlichte Band stammt von der sogenannten Working Group I des IPCC, die die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels sammelt und bewertet (also u.a. Temperaturanstieg, Extremwetterereignisse und ihr Zusammenhang mit der Klimakrise). Die Themen Anpassung und Verwundbarkeit sowie Minderung werden in den Teilberichten der Working Groups II und III behandelt, die Anfang 2022 veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung des kompletten Syntheseberichts – Sachstandsbericht 6 – ist für Herbst 2022 vorgesehen. Die Working Groups werten für ihre Berichte die aktuelle Forschungslage aus, dafür arbeiten hunderte renommierte Wissenschaftler:innen aus der ganzen Welt zusammen.
Titelfoto © picturealliance dpa Harald Tittel