
Verbinden wir uns mit der Natur, lernen wir uns selbst kennen
Zu den Change Days wird ein Mensch kommen, der mich wirklich staunen lässt. Eine Person mit so viel Energie, Leidenschaft und Enthusiasmus für die Natur trifft man selten. Und dabei spielt es gar keine Rolle, ob man den Vogel, den man gerade hört, sofort als Grauammer oder Goldammer bestimmen kann. Es geht zunächst darum, überhaupt erstmal hinzuhören, genau zu beobachten, mit allen Sinnen wahrzunehmen. Es geht um die Verbindung zur Natur, die wir verloren haben, und die wir aber ganz schnell wieder knüpfen können, wenn wir uns einfach darauf einlassen...
Paul Wernicke leitet eine Wildnisschule südöstlich von Berlin, die Wildnisschule Hoher Fläming. Er hat sofort zugesagt, als wir ihn als Keynote-Speaker für die Change Days angefragt haben. "Ich liebe es andere mit meiner Freude und meinem Enthusiasmus für das Erleben, Lernen und Entdecken der Natur anzustecken", sagt Paul, der als Fährtenleser Wölfen und unzähligen anderen Tieren ständig auf der Spur ist. Seine Überzeugung hat ihn schon in entlegene Wildnisgebiete und zu vielen indigenen Naturvölkern gebracht. Über ihr Wissen wird Paul bei den Change Days mit uns sprechen. Ich hab mit ihm gesprochen und ihn gefragt, warum das Wissen der Naturvölker so entscheidend für unsere Zukunft ist.
Paul, bei deinen Kursen geht es viel darum, sich mit der Natur zu verbinden. Wieso ist dir das so wichtig?
Wer hat in unserer Gesellschaft noch wirklich eine tiefe und innige Beziehung zu den Tieren und Pflanzen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft? Wer kennt die Gewässer seiner näheren Umgebung, weiß wo die Tiere trinken und schlafen, wo welche Pflanzen wachsen und warum? In unserer Wildnisschule geht es darum, diese Beziehung aufzubauen und zu stärken. Dies geht weit darüber hinaus, die Dinge beim Namen zu nennen.
Verantwortungsbewusstsein entsteht, wenn wir unsere Mitwesen fühlen, wenn wir sie mit unserem ganzen Sein kennen und erkennen lernen. Aus dieser Beziehung erwachsen ganz selbstverständlich Respekt und Liebe für unsere Umwelt und das Wort Umweltschutz bekommt eine ganz andere Bedeutung.
Das Ziel der Wildnispädagogik ist eine tiefe Verbindung zur Natur, zu anderen Menschen und zu sich selbst herzustellen.
Dafür bringen wir die Erkenntnisse moderner, ganzheitlicher Human- und Lebenswissenschaften mit einem von indigenen Kulturen inspirierten Verständnis zusammen. Aus der Synergie entwickeln wir Fähigkeiten den gesellschaftlichen Wandel zu leben.
Man könnte ja sagen: Wir Menschen sind doch ein Teil der Natur, wieso sollen wir uns also mit ihr verbinden? Was fehlt uns da eigentlich?
Ja, das ist richtig - wir alle sind Teil der Natur. Sie ist unser aller Heimat. Wo wir hinsehen, sind wir von ihr umgeben. Im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung haben wir uns immer weiter von der Natur entfernt, sie ist uns fremd und manchmal unheimlich geworden, elementare Fertigkeiten haben wir vergessen und verlernt.
Als Jäger und Sammler lebte der Mensch den Großteil seines evolutionären Werdegangs in Verbundenheit mit der Natur. Er versorgte sich unmittelbar mit dem, was die Natur ihm bot und lebte in Gemeinschaften. Und selbst noch vor hundert Jahren verbrachten viele Menschen die meiste Zeit in der Natur. Sie waren damals wesentlich direkter auf die Natur angewiesen als heute: Sie war Arbeitgeber, Ernährer, Freund aber auch Feind.
Über all diese vielen Jahrtausende hatte der Mensch ein ureigenes Interesse, viel über die Zusammenhänge in der Natur zu wissen. Es machte das Erlernen von Überlebenstechniken und handwerklichen Fertigkeiten nötig. Dazu zählen zum Beispiel die Kunst des Spurenlesens, die Kenntnis der Vogelsprache, das Wissen um essbare und heilende Pflanzen sowie das Wissen um ökologische Zusammenhänge. All das schafft einen ganz direkten, sinnvollen Bezug zur Natur.
Für manche Menschen ist der heutige Lebensstandard eine Weiterentwicklung. Autos, Handys, Internet – das alles habe uns geholfen, die Wildnis zu überwinden. Du hingegen machst Wildnisseminare. Und Du sagst: Wir können von den Naturvölkern lernen, das alte Wissen hat für unsere Zukunft Bedeutung. Warum ist das so?
Ich sehe es auch so, dass Autos, Handys und das Internet eine Weiterentwicklung sind. Gleichzeitig sehe ich es so, dass diese Erfindungen vorrangig dafür da sind, unseren Konsum und unser Wirtschaftssystem in Gang zu halten, nicht aber, um uns wirklich miteinander und mit unserer Welt zu verbinden.
Das Ergebnis ist, dass wir uns zunehmend von der Natur entfernen, sie nicht mehr tiefgründig wahrnehmen und eine große Leere in uns Menschen entstehen kann. Doch wir können uns wieder mit der Natur verbinden, wir haben dazu alle Möglichkeiten. Von den Naturvölkern können wir lernen, wie das geht, welche Werkzeuge wir dafür nutzen können.
Je mehr ich die Natur um mich herum wieder fühle, verstehe und liebe, desto besser kann ich auch meine innere Natur begreifen.
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Eine Story von: Marcel
Marcel ist Community Manager bei der WWF Jugend und betreut u.a. das Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.
Sehen wir uns bei den Change Days?