
Eine Erde voll Plastik - Wo es herkommt und wo es hingeht
Plastik ist aus unserem Alltag kaum weg zu denken, schließlich wiegt er kaum etwas und hält so einiges aus. Dabei hatte der billige Kunststoff seinen Durchbruch erst vor weniger als 100 Jahren: Nachdem Anfang des 20. Jahrhunderts der erste vollsynthetische Kunststoff entdeckt worden war, das -nach dem Wissenschaftler selbstbenannte- Bakelit, wurde es vorwiegend als Gehäuse für Haushalts-, Küchen- und andere Geräte, sowie für Telefone verwendet.[1] Es folgten weitere Entdeckungen neuer Kunststoffarten, wie PVC, Polyethylen und Polypropylen. Die Nachfrage nach diesen Stoffen stieg ab dem zweiten Weltkrieg rapide, denn sie waren billig, erleichterten den Alltag durch ihre nützlichen Verwendungszwecke und galten dabei als modern und schick: Polyethylen wurde zum Beispiel für Lebensmittelbehälter und Taschen und Polypropylen für Verpackungen.[2] 1978 führt Coca-Cola dann, fünf Jahre nach der Entwicklung von PET-Flaschen, diese ein und verbreitet sie damit weltweit.[3] Es ist der endgültige Startschuss unseres Plastik-Zeitalters.
Zwischen 1950 und 2015 wurden laut dem Plastikatlas 2019 8,3 Milliarden Tonnen (Das ist das Gewicht von 80 Millionen Blauwalen oder 822 Tausend Eifeltürmen!!!) an Plastik produziert. Von diesen 8,3 Milliarden sind weltweit ca. 6,3 Milliarden Tonnen mittlerweile Plastikmüll, doch nur 21% davon wurden verbrannt oder recycelt, der Rest liegt in der Umwelt, mit etwas Glück auf Deponien.[4] In den Meeren unserer Welt lassen sich schätzungsweise über 80 Millionen Tonnen Plastik finden[5], laut einer Studie eines internationalen Forschungsteams sollen jährlich 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen hinzukommen[6].
Das Plastik lässt sich der Größe nach in zwei verschiedene Kategorien aufteilen: alles das größer als fünf Millimeter ist, ist Makroplastik und alles was kleiner ist Mikroplastik. Beides ist vor allem für die Lebewesen am und im Meer gefährlich, denn sie werden oft mit Nahrung verwechselt. In Deutschland sterben jährlich bis zu eine Millionen Meeres Vögel an Verhungerung aufgrund von mit Plastik gefüllten Mägen[7]. Außerdem verfangen sich zwischen 57.000 und 135.000 Wale, Robben und Seehunde pro Jahr in Netzen und Tauen der Fischerei.[8] Im Internet gibt es genügend Bilder von Vögeln, die sich in Netzen verheddert haben oder mit den Köpfen in Sixpackringen hängen.
Mikroplastik hingegen bietet die Möglichkeit der Aufnahme chemischer Schadstoffe. Wenn es nun mit Plankton von Meerestieren verwechselt wird, welche aus unseren Ozeanen gefischt werden und schließlich auf dem Teller des Endverbrauchers landen, können diese Schadstoffe auch auf den Menschen übertragen werden. Obwohl der Fakt, dass Mikroplastik sich in unserem Essen finden lässt, schon länger bekannt ist, gibt es noch immer kaum Forschungen zu den Gefahren für den Menschen. Die Forschungen zu den Auswirkungen von Mikroplastik Meerestiere lassen jedoch keinen Zweifel zu, dass es schädigend ist.
Doch Mikroplastik lässt sich übrigens nicht nur in unseren Meeren wiederfinden: Viele Kosmetikartikel sind für einen besseren Reinigungseffekt mit Mikroplastik ausgestattet; viele Textilien bestehen heute teilweise aus Kunstfasern (Mikroplastik), welche sich bei einem Waschgang lösen. Durch das Waschen gelangen diese Partikel in unser Abwasser. Nach dem Plastikatlas 2019 sollen hunderttausende Tonnen an Mikroplastik durch den Klärschlamm pro Jahr in unseren Böden landen. Übrigens dient rund ein Drittel dieses Klärschlamms als Dünger für unsere Acker. Das Mikroplastik verändert so die Bodenstruktur und gelangt außerdem zu einem geringen Prozentsatz in unser Gemüse.[11] Die größte Gefährdung durch Mikroplastik liegt dennoch im Meer.
Kluge Köpfe, wie beispielsweise Boyan Slat mit seinem Projekt Ocean Cleanup oder Marcella Hansch mit ihrem Projekt Pacific Garbage Screening geben tolle Ansätze, die das Plastik aus dem Meer wieder herausfiltern können. Sie werden das Meer allerdings nie Säubern können, solange es Menschen gibt, die Plastik im Meer entsorgen. Eine der wichtigsten Waffen zur Bekämpfung von Plastikmüll stellen funktionierende Entsorgungssysteme dar, diese sind besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern schwer umsetzbar, da ihnen schlicht weg die nötigen finanziellen Mittel fehlen. Doch letztendlich sind es genau diese Länder, von denen der meiste Müll im Ozean landet. Natürlich kann man nun darauf verweisen, dass es in Deutschland ein funktionierendes Entsorgungssystem gibt, doch letztendlich wird nur ein kleiner Prozentsatz davon recycelt: 2020 liegt die Recyclingquote in Deutschland gerade mal bei 17%, mehr als 60% werden verbrannt und der Rest wird nach China exportiert;[22]ob er in China nicht in den Meeren landet, kann nicht bewiesen werden. Es landet noch mehr deutscher Müll in den Ozeanen: Der Tourismus trägt jährlich Massen an Plastikmüll an die Strände, Abfälle werden achtlos in Parks zurückgelassen und Schiffspassagiere halten sich nicht an die Entsorgungsvorschriften.
Letztendlich sind wir alle nur Menschen, die sich prinzipiell das Beste für sich und ihre Liebsten wünschen. Möglicherweise könnte es schon helfen, wenn der Endverbraucher weniger Plastik kaufen würde, sicher ist jedoch, dass es sehr schwierig ist auf einen Stoff zu verzichten, aus dem der Markt zum Großteil besteht oder in den beinahe jedes Produkt eingewickelt ist. Es wäre nun unfair zu verlangen, dass jeder seinen Plastikverbrauch bis hin zur Nullstelle reduzieren soll. Stattdessen sollten die Handeln, die den Markt so maßgeblich bestimmen: Großunternehmen.
Der Konzern Coca-Cola Company machte im Jahr 2019 einen Umsatz von 37,27 Milliarden US-Dollar und kündigte 2018 an, in der EU umweltfreundlicher zu agieren. Gleichzeitig führten sie in einem afrikanischen Land die PET-Flasche ein.[33] Es ist ein Beispiel, das aufzeigt, wie Nachhaltigkeit als Trend abgestempelt wird. Es gibt keinen bösen, aber auch keinen guten Willen in Großunternehmen, es gibt nur Macht und Geld und alles was hilft, mehr davon zu bekommen. Schade, dass sie uns damit den Weg zu sauberen Meeren und gesunden Lebenswesen blockieren.
Quellen:
[1] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/anfaenge-des-plastiks-kunststoff-aus-dem-neandertal-1.2096041 , Pia Ratzesberger
[2]https://www.boell.de/de/2019/06/06/geschichte-wie-billiger-kunststoff-die-welt-eroberte , Alexandra Caterbow und Olga Speranskaya
[3] https://www.forum-pet.de/material/pet-flasche/
[4] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/chemie/chemie_plastikatlas_2019.pdf , S.8
[5] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/chemie/chemie_plastikatlas_2019.pdf , S.29
[6] https://science.sciencemag.org/content/347/6223/768 , Jenna R. Jambeck u.m. & https://www.bmbf.de/de/wie-kann-ich-plastikmuell-vermeiden-12900.html
[7] https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/muellkippe-meer/muellkippemeer.html
[8] https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/plastik/unsere-ozeane-versinken-in-plastikmuell/plastikmuell-im-meer-die-wichtigsten-antworten#:~:text=Wie%20viel%20M%C3%BCll%20schwimmt%20in,entspricht%20einer%20Lastwagenladung%20pro%20Minute.
[11] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/chemie/chemie_plastikatlas_2019.pdf S.21
[22] https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kurzerklaert/kurzerklaert-recycling-101.html
[33] https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/die-plastik-invasion-coca-cola-und-der-vermuellte-planet-104.html
Eine Story von: Sophie
Sophie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community.
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