Geothermie - Das verteufelte Potential

Published on July 4, 2021

Wie das vernachlässigte Stiefkind der erneuerbaren Energien das 2°C- Ziel doch noch erreichbar machen könnte

Erdbeben, Grundwasserverseuchung und Bodenabsenkungen – so wird die Geothermie in den Medien oft dargestellt. Entsprechend die Haltung der Bevölkerung gegenüber der Geothermie. Doch sind solche Vorurteile gerechtfertigt oder vollkommen überspitzt?

Zunächst einmal ein paar grundsätzliche Informationen über die Geothermie:

Was ist Geothermie überhaupt?

Geothermie ist das Vorkommen von Wärme im Erdinneren und ist eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle. Umgangssprachlich wird mit Geothermie jedoch meist die Nutzung dieser Energie gemeint.

Die Nutzung der Geothermie kann in die oberflächennahe Nutzung und die Tiefengeothermie eingeteilt werden. Während die oberflächennahe Nutzung in Tiefen von bis zu 400 m stattfindet, wird ab 400 m Tiefe die Nutzung der Erdwärme Tiefengeothermie genannt.

Oberflächennah kann die Geothermie durch Erdwärmesonden, Grundwasserwärmepumpen und Bodenkollektoren genutzt werden.

Bei diesen Nutzungsweisen kommt ein Glykolgemisch zum Einsatz, das in im Boden verlegten Rohren zirkuliert und so die Wärme der Erde entzieht und an Wärmetauscher abgibt. Da bei oberflächennaher Geothermienutzung die Temperaturen relativ niedrig sind, muss die Wärme mithilfe von Wärmepumpen zum Heizen komprimiert werden.

Die Tiefengeothermie kann im Gegensatz zur oberflächennahen Geothermie auch zur Stromerzeugung genutzt werden, da hier die Temperaturdifferenz größer ist. Dazu sind komplizierte Verfahren notwendig, die die Wärme effizient in elektrischen Strom umwandeln können. Gefördert wird hier die Wärme mithilfe des HDR-Verfahrens, bei dem das Gestein durch die Volumenvergrößerung von sich erhitzendem Wasser, das in das Gestein gepumpt wird, aufgesprengt wird. Die entstandenen Klüfte und Rissen können nachfolgend zur Erhitzung von weiterem Thermalwasser genutzt werden.

Welches Potential hat die Geothermienutzung?

Die Geothermie besitzt nicht nur in vulkanisch aktiven Gebieten, sondern auch in ganz Europa ein enormes Potential. Sie ist zu jeder Tages- und Jahreszeit verfügbar, im Gegensatz zur Solarenergie. Während Solarenergie immer höchstens auf der halben Erdkugel verfügbar ist, ist Geothermie in gewissem Umfang – entsprechend den regionalen Verhältnissen – immer auf der ganzen Welt verfügbar. Auch gegenüber der Windkraft gibt es den entscheidenden Vorteil, dass die Geothermie nicht auf Wetterbedingungen wie Wind angewiesen ist.

Wenn die Geothermie so viele Vorteile bietet, warum ist sie dann so unbeliebt?

Die Nutzung der Geothermie kann Erdbeben, Gas-, Schlamm- und Wasseraustritte, Oberflächensetzungen und -quellungen verursachen, im schlimmsten Fall sogar Grundwasserverschmutzungen . Erst neulich gab es in Vendenheim in der Nähe von Straßburg Erdbeben, die durch das HDR-Verfahren erzeugt wurden. Von solchen Zwischenfällen hörte man in letzter Zeit viel, auch in Deutschland und besonders im Oberrheingraben. Klar, das klingt alarmierend, doch passieren solche Zwischenfälle nur selten, bekommen aber erhöhte mediale Aufmerksamkeit. Natürlich erschreckt trotz allem die Gefahr von Erdbeben, bei korrekter Anwendung sind solche Zwischenfälle fast gänzlich auszuschließen. Hierfür gibt es zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen und präventive Technologien.

Aufgrund dieser Risiken wurde die Geothermie viele Jahre in der Politik vernachlässigt und verteufelt, gleichzeitig schreiten der Klimaschutz und die Energiewende jedoch auch nur schleppend voran.

Besonders die oberflächennahe Geothermie, die gar keine Nachteile und Risiken mit sich bringt, könnte die Energiewende nachhaltig vorantreiben. Sie ist für jedermann einfach und privat nutzbar.

Für eine schnelle und nachhaltige Energiewende ist die Geothermie unverzichtbar, sie ist eine in nahezu unendlicher Menge vorhandene Energieressource, die gegenüber vielen anderen erneuerbaren Energien entscheidende Vorteile besitzt.

Was muss also geschehen, dass die Geothermie im deutschen und weltweiten Energiemix einen größeren Anteil erhält und mit ihrem großen Potential zur Energiewende beitragen kann?

Im Allgemeinen ist für eine nachhaltige Energiewende der Rückhalt der Bevölkerung essentiell. Deshalb sollte die Bevölkerung beispielsweise über die Möglichkeit der privaten Nutzung der Geothermie aufgeklärt werden. Außerdem muss weiterhin viel an der Optimierung von Techniken zur Vermeidung von Zwischenfällen geforscht werden, um das Image der Geothermie zu verbessern.

Denn die Geothermie wäre ein wichtiges Element der Bekämpfung des Klimawandels und einer nachhaltigen Energiewende.


 

Eine Story von: Henry

Henry schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community.

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