Kreaturen der Urzeit

Published on July 6, 2022

    Wer an Artenschutz denkt, der denkt meist an die Berggorillas in Ostafrika, an den Sumatra-Tiger oder an die Rückkehr der Wölfe nach Mitteleuropa. Viel weniger in den Medien präsent sind hingegen die kleinen, unscheinbaren Arten, die aber häufig ebenso sehr schutzbefohlen sind, als die großen, allzeit präsenten.
    Hast Du schon mal was vom Bärlapp gehört? Hierbei handelt es sich nicht etwa um eine Floh-Art, die sich auf Grizzlywolle spezialisiert hat, sondern um ziemlich urtümliche Gewächse. Die Bärlappgewächse (Lycopodiaceae) gehören zu den Farnpflanzen und werden in 16 Gattungen und rund 390 Arten weltweit unterteilt. Dabei haben sie sich ganz unterschiedliche Lebensräume erschlossen, sodass sie nicht nur in den Tropen, sondern auch in gemäßigten Breiten vorkommen. Zumindest die in Mitteleuropa heimischen Arten sind niedrig-wachsende, krautige und immergrüne Pflanzen.


    Seitentrieb vom Keulen-Bärlapp (Lycopodium clavatum) am natürlichen Standort
     

    Vertreter der Bärlappgewächse (Lycopodiaceae) existierten nachweislich sogar schon vor 416 Millionen Jahren und sind damit echte Dinosaurier unter den Pflanzen. In der heutigen Welt gehört der Bärlapp allerdings zu den Verlierern– trotz seiner scheinbaren Unverwüstlichkeit. So kommt es, dass alle mitteleuropäischen Bärlapp-Gewächse gefährdet sind, manche unter ihnen wie der Sumpf-Bärlapp (Lycopodiella inundata) sind sogar stark bestandsgefährdet und kommen in Deutschland nur an wenigen Standpunkten vor. In Mooren, auf Magerrasen, in Fichten- oder Kiefernwäldern oder als Gebirgspflanze in montanen Zwergstrauchheiden, dort überall wären Bärlapp-Arten in Mitteleuropa natürlicherweise anzutreffen. Aber der Einfluss des Menschen macht es ihnen schwer. Abgesehen von der globalen Klimaerwärmung, macht ihnen vor allem der Lebensraumverlust zu schaffen. Je nach Standort können einige der Hauptgefährdungsursachen die zunehmende Grundwasserabsenkung, wodurch Moore und andere Böden austrocknen, die Intensivierung der forstwirtschaftlichen Nutzung und insbesondere der dortige Einsatz schwerer Maschinen oder die Verbuschung von Wiesen sein.
    Darüber hinaus hat der Bärlapp auch mit der eigenen Ökologie zu kämpfen. Aufgrund ihrer geringen Größe und des kriechenden Wuchses sind Bärlappe nämlich sehr konkurrenzschwach, ein großes Problem für die meist lichtbedürftigen Arten. Dazu kommt, dass der generativen Vermehrung (durch Sporen) mehrjährige Entwicklungszyklen vorausgehen und viele Faktoren zusammenwirken müssen: Die winzigen, von August bis September reifenden Sporen können zwar mehrere Hundert Kilometer weit fliegen, müssen zur Keimung aber auf feuchten, nährstoffarmen Boden treffen. Der sich entwickelnde Vorkeim lebt dann bis zu sechs Jahre unterirdisch, bevor die ersten oberirdischen Triebe erscheinen. Trocknet der Boden währenddessen stark aus oder kommt es zur Abweichung des pH-Werts, setzt die Entwicklung aus und der Keim verfault. Aus diesem Grund verbreiten sich Bärlappgewächse hauptsächlich über den vegetativen Weg, also durch unterirdische Ausläufer/ Rhizome. Es können dabei große, flächige Bestände gebildet werden, die sogar bis zu 250 Jahre alt werden können. Eine schnelle Ausbreitung im räumlichen Sinn wird dadurch aber unterbunden. Kommt es dann am jeweiligen Standort zu einer Umweltzerstörung, hat das gravierende Folgen für die dortige Bärlapp-Population.

    Aber zum Glück der Bärlapp hat auch Freunde. Um die Arten zu schützen, müssen die Bestände zunächst einmal durch aufwendige Kartierungen erfasst werden. Regelmäßige Sichtungen der Bestände tragen dazu bei, die Entwicklung der jeweiligen Population zu skizzieren. Weitere Ansätze zum Schutz des Bärlapps sind ferner, dass die Fundorte von Aktivisten je nach Bedarf gekennzeichnet und die notwendigen Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden. Dazu gehört beispielsweise, mit den entsprechenden Verantwortlichen der Forstverwaltungen vor Ort zu sprechen und eventuell zu erbitten, dass auf Baumfällungen im direkten Umfeld verzichtet werde.
    Sicherlich könnte dem lebenden Fossil am besten durch Renaturierungsmaßnahmen des Lebensraumes geholfen werden. Nicht selten rettet Aktivisten bedrohte Bestände und päppeln beziehungsweise vermehren die Pflanzen, bis Ableger in (renaturierten) Biotopen wieder ausgepflanzt werden können und dort eine neue Population gründen

     

     

     

     

    Quellen:

    https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/naturschutz/artenschutz/steckbriefe/Farn_und_Bluetenpflanzen/Steckbriefe/artensteckbrief_2009_keulen_baerlapp_lycopodium_clavatum.pdf

    https://www.biologie.uni-konstanz.de/typo3temp/secure_downloads/89176/0/0ed733364db55a88e3c2ca4dc5a82d96f0e46148/3_Lycopodiopsida.pdf

    https://www.stiftung-naturschutz.de/unsere-projekte/koordinierungsstelle_florenschutz/pflanze-des-monats/sprossender-baerlapp

     

     


     


    Die Autorin Helen

    Eine Story von: Helen

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