Geisternetze - Gefahr für Tier und Mensch

Published on March 30, 2022

    Wenn wir an die Verschmutzung der Meere denken, kommen uns Bilder in den Kopf wie herumschwimmende Plastikflaschen und Plastiktüten. Das größte Problem stellen jedoch die sogenannten Geisternetze dar, von denen jährlich etwa eine Million in den Meeren landen.

    Dieser Bericht soll euch einen Überblick darüber geben, welche Ursachen es für Geisternetze gibt, welche Folgen sie auslösen und was bereits dagegen unternommen wird.

    Kormoran im Geisternetz ©Wolf Wichmann

    Meere sind das größte und bisher unerforschteste Ökosystem der Erde. Es wäre traurig, wenn die Menschheit es schafft, diesen Lebensraum zu zerstören, bevor noch mehr über ihn lernen können. Mit der Vielfalt an Lebensräumen und Arten bilden die Meere die Hauptnahrungsquelle für Millionen von Menschen. Für Küstengemeinden weltweit bildet die traditionelle Fischerei die Lebensgrundlage.

    Was genau sind Geisternetze eigentlich?

    Das lässt sich relativ einfach erklären: Geisternetze sind herrenlose, verloren gegangene Fischereinetze. Sie treiben durchs Meer und werden zur Gefahr für Meeresbewohner, da sie unendlich weiter fischen. Geisternetze machen zwischen 30 und 50% des Meeresplastiks aus, also eine ganze Menge.

    Ursachen

    Die Netze gehen meistens verloren, wenn sie sich an Felsen, Ankersteinen oder Wracks verhaken. Aber auch durch Kollisionen mit Sportbooten und unerwartete Unwetter gehen Netze verloren. In Schiffswracks verheddern sie sich vor allem, wenn deren Position nicht genau bekannt ist, oder wenn dort absichtlich gefischt wird, da sie Fischen eine Schutzzone bieten.

    Auch die illegale Fischerei ist ein nicht zu unterschätzender Verursacher. Denn droht ein illegales Fischerboot gefasst zu werden, kappen die Fischer die Netze ab, um flüchten zu können.

    Folgen

    ©Shutterstock / Ian Dyball / WWF-Peru

    Um das gesamte Ausmaß zu verstehen, kann man sich einmal den Pazifischen Müllstrudel anschauen. Dieser besteht aus 79.000 Tonnen Plastik, und fast die Hälfte davon sind Netzteile, Taue oder Angelschnüre. Fischereimüll ist also ein genau so großes Problem sie Verpackungsmüll. Der Müll treibt unter der Wasseroberfläche oder liegt am Meeresgrund. Viele Menschen denken sich, dass das Problem dadurch erledigt ist.

    Ein massives Problem ist, dass Geisternetze an Wracks oder als „aufgestellte“ Stellnetze nach dem Verhaken noch lange sinnlos weiterfischen. Mindestens 344 Tierarten weltweit sind vom Verheddern in Meeresplastik betroffen, davon sind 161 Arten vor allem Säugetiere, Schildkröten und Seevögel.

    Für diese Tiere stellt der Fischereimüll den gefährlichsten Müll dar, da sie sich darin verheddern, ihre Gliedmaßen abschnüren, qualvoll ersticken und verhungern.

    Darüber hinaus beeinflusst der Eintrag von Plastik alle marinen Lebewesen, also von kleinsten Krebstierchen bis hin zu den größten Walen und Haien.

    Ein weiteres großes Problem ist nämlich, dass sich die Netze zersetzen und zu Mikroplastik werden. Unter anderem an den deutschen Küsten hat die Fischerei eine lange Tradition. Schleppnetze, Stellnetze und Reusen werden zum Fang von Hering, Sprotte, Scholle, Flunder und Dorsch eingesetzt. Bis in die 60er Jahre wurden diese Netze noch aus Naturstoffen wie Hanf, Sisal oder Leinen hergestellt, danach benutzte man synthetische Stoffe wie Polypropylen, Polyethylen und Nylon.

    Gehen die Netze verloren verrotten sie erst nach 400 bis 600 Jahren und tragen damit zur Plastikverschmutzung unserer Meere bei.

    Netzfasern und chemische Zusätze gelangen als Mikroplastik in die Nahrungskette. Fische halten diese Kunststoffpartikel für Nahrung und fressen sie. Mikroplastik wurde bisher jedoch nicht nur in Fischen nachgewiesen, sondern auch in Muscheln, Würmern und Schnecken.

    Fische und Muscheln landen bei vielen Menschen auf den Tellern, wir sind also auch von dieser Meeresverschmutzung betroffen.

    Jochen Lamp, der Leiter des Geisternetzprojektes des WWF Deutschlands sagt zu diesem Problem: „Wir brauchen wirksame Gesetze und Kontrollen weltweit, damit Netze nicht mehr ins Meer geraten oder dort verbleiben. Außerdem müssen die Regierungen der Küstenstaaten für Bergung und Vorsorgemaßnahmen verantwortlich sein.“

    Aktuelle (Gesetzes)lage

    Bestehende Gesetze besagen eigentlich, dass die Verschmutzung der Meere allgemein verboten ist. Auf internationaler Ebene ist die Entsorgung von Fischereigeräten sowohl über das UN-Seerechtsübereinkommen als auch durch das MARPOL-Abkommen untersagt.

    Europäische Fischer sind eigentlich dazu verpflichtet, die Geräte zuerst zu bergen  und falls ihnen das nicht gelingt an nationale Behörden zu melden.

    Dies kann auf hoher See nicht ausreichend kontrolliert werden, außerdem fehlt es an Mitteln und dem politischen Willen.

    Küstenstaaten müssen endlich ihre Verantwortlichkeit übernehmen, denn aktuell übernehmen vor allem Umweltschutzorganisationen das Bergen der Geisternetze.

    Das tut der WWF

    Netzbergung in der Lübecker Bucht © Christian Howe

     

    Der WWF setzt sich aktiv für den Schutz der Meere ein und hat vor allem aus der Ostsee viele Geisternetze geborgen. In den letzten 6 Jahren waren es ganze 18 Tonnen!

    Um die Anzahl der herrenlosen Netze noch weiter zu reduzieren und um zu verhindern, dass noch viele weitere hinzukommen, schlägt Jochen Lamp Folgendes vor:

    Der WWF fordert, dass die Bergung der Netze generell verpflichtend wird, da sie zurzeit nur aus dem Wasser gefischt werden müssen, wenn die Sicherheit der Schifffahrtsstraßen gefährdet wird.

    Außerdem sollen klare Verantwortlichkeiten bei den Behörden geschaffen werden, damit ein bürokratischer Aufwand die Bergung nicht allzu lange verzögert.

    Der WWF setzt sich zudem dafür ein, dass eine Absicherung der Fischer gewährleistet ist, da sie ihre teuren Netze nicht freiwillig verlieren. Sie werden mit der Bergung oftmals allein gelassen oder teuer zur Kasse gebeten. Es sollen dazu Mittel aus dem europäischen Fischereifonds genommen werden. Durch solch einer finanziellen Unterstützung erhofft man sich, dass sich dadurch auch die Meldequote erhöht.

    In Deutschland sind die Küstenbundesländer (Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen auf einem guten Weg.

    Bergung aus der Ostsee

    Dort setzt sich der WWF bereits seit 2013 aktiv gegen die Geisternetze ein.

    Bei einer Aktion, die am 01.03.2021 startete, wurden an sechs Seetagen insgesamt 6 Tonnen Geisternetze vor Rügen geborgen!

    Für 2022 ist eine Ausweitung auf die Küstenfischereigebiete des Greifswalder und Darßer Boddens geplant.

    Am effizientesten stellte sich die Suche mit einem Sonargerät heraus, das mit Schallwellen den Meeresboden abbildet und so große Flächen nach verlorenem Netzmaterial abgesucht werden können.

    Die Entsorgung dieser Netze stellte sich allerdings als sehr kompliziert heraus. Sie können nicht umweltverträglich verwertet werden, da sie meistens zu verheddert und mit Schadstoffen belastet sind. Die Stellnetze nahe den Küsten sind mit Bleileinen beschwert, die sich nur mit sehr viel Aufwand aus den Netzen befreien lassen. Für Energiegewinnung in einer Müllverbrennungsanlage ist der Bleigehalt oft zu hoch. Geisternetze sind also giftiger Sondermüll!

    Kormoran im Geisternetz ©Wolf Wichmann

     

    Der WWF setzt sich außerdem aktiv für die Aufklärungsarbeit ein. In kleinen Fischereigemeinden weltweit entstehen immer mehr Projekte, um Netze aus dem Meer zu bergen oder aussortierte Netze zu recyceln. Hier haben die Menschen bereits verstanden, dass Geisternetze ihre lebenswichtigen Fanggründe zerstören und dass sich die Fischer mit entsorgtem Netzmaterial selbst schaden. 

    So kannst du aktiv werden

    Dir liegen die Meerestiere am Herzen? Dann hilf uns im Kampf gegen die Geisternetze und weiteren Plastikmüll mit deiner Unterschrift bei dieser Petition.

    Oder unterstütze und mit einer Spende Spende.

    Du kannst natürlich auch ohne finanzielle Mittel aktiv werden! Kläre deine Familie, Familie oder andere Personen in deinem Umfeld über Geisternetze auf, oder halte ein Referat in der Schule. Aufklärung ist ein essenzieller Bestandteil im Kampf gegen die Verschmutzung! 

    Quellen

    WWF - Projektregion Ostsee

    WWF - Fortschritte Projektregion Ostsee

    WWF - Geisternetze, die unsichtbare Gefahr

    WWF - Geisternetze

    WWF - Plastikflut

    WWF - Publikation Geisternetze



    Die Autorin Leana

     

    Eine Story von Leana

    Leana schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - komm in unser Team.

     

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