
Eine Liebeserklärung an die "Haut der Erde" - Weltbodentag Teil 2
Wisst ihr, was morgen, am 5. Dezember, für ein Tag ist?
Morgen ist Weltbodentag! Zeit also, sich heute ein wenig mit der "dünnen Haut der Erde" zu beschäftigen. Aber warum Teil 2? Sollte es da nicht auch einen
Teil 1 geben?
Gibt es! Vor genau einem Jahr habe ich hier den ersten Teil veröffentlicht und dann - ups – vergessen, den zweiten Teil zu schreiben… Aber kein Problem, dann kommt der eben heute. Wenn ihr also erst noch mal schnell in Teil 1 nachlesen wollt:
- Was Boden überhaupt ist
- Wie Boden entsteht
- Was für Böden es gibt und wie man sie einteilen kann
dann schaut hier noch mal schnell nach und kommt dann zurück. Hier soll es nämlich heute darum gehen:
- Wer lebt im Boden?
- Wer gehört zur Makrofauna?
- Wer gehört zur Mesofauna?
- Was ist die Mikrofauna?
- Welche Rolle spielen Bakterien und Pilze?
- Warum ist die Boden-Biodiversität so wichtig
- Wer mehr will

Wer lebt im Boden?
„Eine Hand voll Erde, schau sie dir an…, so beginnt der Refrain eines Kirchenlieds. Aber statt „Gott sprach einst es werde“, könnte es auch so weitergehen:
enthält mehr Lebewesen als Menschen auf unserem Planeten leben!
Der Gewichtsanteil aller dauerhaft im Boden lebenden Lebewesen macht trotzdem nur ca. 1 Prozent der gesamten Bodensubstanz aus. Der Grund? Die meisten dieser Lebewesen sind sehr sehr klein.
Pro Quadratmeter fruchtbaren Oberbodens sind es allein eine Billiarde (also 1015) Bakterien.
Alle Lebewesen im Boden zusammen bilden das Edaphon. Nicht mit dazugezählt, aber auch nicht zu vernachlässigen sind die Wurzeln der Pflanzen. Zum Edaphon gehört neben der Bodenflora (Bakterien, Pilzen und Algen) auch die Bodenfauna, also die Bodentiere. Die können wiederum nach ihrer Größe in Mikro-, Meso-, Makro-und Megafauna unterteilt werden. Wir Menschen denken dabei meistens zuerst an die Mega- und Makrofauna, also die größeren Bodenlebewesen wie Maulwurf oder Regenwurm, die wir auch ab und zu sehen können. Zu den ganz großen gehören Tiere wie der Maulwurf, der permanent im Boden lebt, aber auch verschiedene Mäusearten, der Feldhamster, Kaninchen, Dachse oder Füchse, die den Boden periodisch für ihren Bau nutzen. Auch viele Insektenarten nutzen den Boden nicht dauerhaft, sondern verbringen zum Beispiel nur ihre Zeit als Larve im Boden. Man spricht von temporären Bodentieren.

Wer gehört zur Makrofauna?
Zur Makrofauna im Boden (2 bis 20 mm Durchmesser) gehören Regenwürmer, Enchyträen, Spinnen, Schnecken, Asseln, Tausendfüßer, Insekten und Insektenlarven. Regenwürmer kommen auf allen Kontinenten vor mit Ausnahme der Antarktis und tragen einen wichtigen Teil zur Bodenfruchtbarkeit bei. Unterteilt werden können Regenwurmarten in 3 Gruppen: Die Streuhorizontbewohner, die Mineralbodenbewohner und die Tiefgräber. Die größte Regenwurmart der Welt lebt in Australien und kann bis zu 3 m groß werden. Die kleinste Art schafft keine 20 mm. Wo die größte Regenwurmart Deutschlands lebt und mehr zum Regenwurm allgemein, könnt ihr in dieser Story nachlesen.
Im Gegensatz zu Regenwürmern können Enchyträen auch in saureren Böden vorkommen wie es sie oft in den Tropen und Subtropen gibt. Enchyträen gehören zum gleichen Stamm wie die Regenwürmer (nämlich den Ringelwürmern), sind aber kleiner und farblos. Teilweise werden sie auch Weißwürmer oder Borstenwürmer genannt. In einem Quadratmeter Boden können 10.000 bis 60.000 von ihnen enthalten sein. Anders als viele Regenwurmarten können sich Enchyträen nicht durch den Boden „fressen“, sondern müssen schon bestehende Gänge und Hohlräume nutzen. Doch auch sie tragen mit ihrer hohen Stoffwechselaktivität einen wichtigen Teil zur Zersetzung bei. Außerdem sind sie sehr empfindlich gegenüber Pestiziden und anderen von Menschen eingebrachten Chemikalien.

Asseln sind gehören zur Klasse der Krebse und sind die einzigen Krebstiere, die sich an ein Leben komplett an Land angepasst haben. Einige Arten besitzen noch Kiemenbeine am Hinterleib. In Deutschland gibt es ca. 50 Arten. Sie benötigen eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit, meiden saure und landwirtschaftlich genutzte Böden und kommen eher in der Nähe der Erdoberfläche vor. Da ihre Raumansprüche gering sind, können sie auch unter Steinen und nah an Häusern leben. Funfact: Asseln fressen ihren eigenen Kot mehrfach wieder auf, wodurch dieser weiter aufgeschlossen und verdaut wird. Somit leisten auch sie einen Beitrag zur Zersetzung.
Wer gehört zur Mesofauna?
Die Angehörigen der Meso- und Mikrofauna im Boden haben bisher die wenigsten Menschen gesehen und mit bloßem Auge schon mal gar nicht. Arten der Mesofauna haben nur einen Körperdurchmesser von 0,2-2 mm. Beispiele sind Springschwänze, Milben, Rädertierchen und Nematoden.
Springschwänze gehören wie Insekten zu den Sechsfüßern (Hexapoda), haben aber keine Flügel. Zur Fortbewegung nutzen sie ihre Sprunggabel (Furca), einen gegabelten Schwanz mit dem sie sich springend forwärts bewegen können, daher auch der Name. Dabei schlagen sie sogar Salti. Weltweit sind ca. 5000 Arten von Springschwänzen bekannt, wovon ca. 500 in Mitteleuropa vorkommen. Besonders viele Arten kommen in der Streu- und der Humusschicht vor. In einem Quadratmeter Boden können bis in 30 cm Tiefe 50.000 - 400.000 Individuen enthalten sein. Springschwänze ernähren sich überwiegend von abgestorbener organischer Substanz, sind also ebenfalls wichtige Zersetzer.

Bei Milben haben wir Menschen – dank der Hausstaubmilben und der Allergien auf diese – erst mal eher negative Assoziationen. Dabei gibt es je nach Quelle 20.000 bis 40.000 bekannte Milbenarten. Es wäre also ganz schön unfair, die alle über einen Kamm zu scheren. Gut die Hälfte der Arten lebt im Boden. In Deutschland sind das ca. 2500 Arten. Mit 100.000 bis 400.000 Individuen in einem Quadratmeter Bodenausschnitt sind auch Milben in einer großen Dichte im Boden vorhanden. Ganz grob werden die Milben in zwei Gruppen eingeteilt: Die Raubmilben fressen Nematoden, Springschwänze, Zweiflüglerlarven oder andere Milben und zeigen ein reiches Bodenleben an. Die Hornmilben, die sich von Laub, Algen, Aas, Kot, Bakterien oder Pilzen ernähren, sind wichtige Primärzersetzter. Letztendlich machen auch die Hausstaubmilben in unseren Häusern etwas Ähnliches, indem sie sich von Haaren oder Hautschuppen ernähren. Leider reagieren einige Menschen allergisch auf ihre Hinterlassenschaften. Wenn ihr noch mehr zu Milben, was diese mit dem Problem des Stickstoffüberschusses durch uns Menschen zu tun haben und aktueller Forschung dazu wissen möchtet, kann ich euch diese Podcast-Folge des Soilcast ans Herz legen.
Was ist die Mikrofauna?
Zur Mikrofauna gehört alles, was kleiner als 0,2 Millimeter groß ist. Dazu gehören neben Einzellern wie Wimperntierchen, Wurzelfüßern und die Geißeltierchen auch die kleineren Arten der Nematoden oder Fadenwürmer. Auf den Namen bist du vielleicht schon mal im Zusammenhang mit Zimmerpflanzen gestoßen, denn es gibt Nematoden-Arten, die zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen eingesetzt werden. Beispielswiese die Art Steinernema feltiae zur Bekämpfung von Trauermücken. Bekannt sind 20.000 Arten, nicht nur im Boden. Es wird aber geschätzt, dass es noch ein Vielfaches mehr gibt. In einem Gramm Boden können 10 bis 1000 Nematoden enthalten sein. Sie leben vor allem in den Wasserfilmen in und um Bodenpartikel, nehmen Sauerstoff direkt über die Körperoberfläche auf und ernähren sich je nach Art von Bakterien, räuberisch oder auch parasitisch. Einige Arten besitzen einen Mundstachel, um Pflanzenwurzeln oder Pilzhyphen anzustechen. Räuberische Arten haben dagegen Zähne oder Reibeplatten zum Zerkleinern der Beute.

Welche Rolle spielen Bakterien und Pilze?
Ihr merkt schon, die Lebewesen sind immer kleiner geworden – und damit ihre Anzahl im Boden immer größer. Nicht vergessen werden dürfen neben den hier vorgestellten Bodentieren (und den unzähligen die nicht in diesen Bericht gepasst haben) die Arten der Bodenflora: Pilze, Bakterien, Algen, Flechten, Strahlenpilze. (Wobei der Begriff Flora nicht ganz optimal ist, da die zusammengefassten Organismen zwar alle nicht tierisch sind, aber eben auch überwiegend keine Pflanzen.) Wir erinnern uns an die Billiarde Bakterien pro Quadratmeter fruchtbaren Oberbodens! Weltweit leben in Böden eine Milliarde mal mehr Bakterien als es Sterne im Weltall gibt. Ein Teelöffel Boden reicht schon, um eine Million Bakterien, 120.000 Pilze und 25.000 Algen zu erwischen. Kein Wunder, dass es auch die Mikroorganismen sind, die den größten Anteil an der Zersetzung, Mineralisierung und Humifizierung in Böden haben. 60 bis 90 Prozent des Edaphons gehören der Bodenflora an. Auch nicht vergessen werden dürfen die unterirdischen Pflanzenorgane im Boden wie Wurzeln, Zwiebeln oder Rhizome, von denen besonders die Wurzeln in Wechselwirkung mit den Mikroorganismen stehen und auch selbst einen eigenen Lebensraum für diese darstellen. Vielleicht habt ihr schon mal von Mykorrhiza gehört (der Symbiose zwischen Pflanzen- und Pilzarten), die eine eigene Story wert wären.

Warum ist die Boden-Biodiversität so wichtig:
Alle Bodenlebewesen zusammen tragen zu einer der wichtigsten Funktionen des Bodens bei. Sie sorgen dafür, dass der Kreis des Lebens überhaupt ein Kreislauf ist und organisches Material zersetzt wird. So werden auch Nährstoffe wieder frei und für andere Organismen verfügbar. Das perfekte Recycling also. Außerdem sind Bodenorganismen auch an der Bildung von Huminstoffen, der Gefügebildung und Bioturbation (also der Durchmischung) und dem Abbau von Schadstoffen beteiligt. Sie sind auf den Boden als Lebensraum angewiesen, tragen aber gleichzeitig überhaupt erst zu seiner Entstehung und Weiterentwicklung bei.
Ein fantastischer Fakt zum Schluss:
Eine Besonderheit tritt in der Antarktis auf. Dort gibt es wie oben erwähnt keine Regenwürmer. Einige Böden dort wurden dafür durch Langschwanz-Pinguine beeinflusst und gebildet und zwar unter deren Brutkolonien. Jede Menge eiweißreicher Kot sowie tote Küken können durch die erhöhten Temperaturen unter einer Kolonie zersetzt werden und dort neuen Boden bilden.

Wer mehr will:
Ihr habt noch nicht genug vom Thema Boden? Einige Themen würden euch noch tiefer interessieren? Zu Böden könnte man auch locker noch 10 Berichte schreiben (die ja vielleicht hier auch noch in Zukunft kommen). Einige Boden-Berichte gibt es auch schon in unserer Community:
- mit der wichtigen Rolle von Moorböden hat sich Stephanie beschäftigt.
- wie ein WWF Jugend/Bund Jugend Einsatz im Moor aussehen kann, erfährst du hier.
- eine "Ode an den Regenwurm" findest du hier .
- mehr zum besonderen Wattboden erfährst du hier
Aber nicht nur wir haben uns mit Böden beschäftigt, es gibt auch jede Menge empfehlenswerte Dokus, Podcasts und Websites zum Thema. Hier eine Auswahl:
- einer meiner Lieblingspodcats zum Thema Boden, der oben schon erwähnte Soilcast: Einige Folgen sind eher was für Leute, die sehr tief drin stecken, andere sind auch sehr gut für "Einsteiger:innen". Auf der Seite mit der Folgenübersicht sind sie praktischerweise in die 3 Kategorien Lehrbuchwissen, SoilTalk und Interviews eingeteilt.
- auch viele Boden-Themen, aber stärker mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft findet ihr auch im Podcast querFELDein. Hier werden aber auch Menschen fündig, die sich mehr für nachhaltige Landwirtschaft allgemein oder zum Beispiel die Intelligenz von Ziegen interessieren.
- Der Podcast Löffelkraut beschäftigt sich mit verschiedenen Lebensraumtypen in Deutschland, hat aber beispielsweise auch eine Folge zum Hochmoor.
- sehr informativ ist auch die Seite Bodenwelten.de vom Bundesverband Boden, von der ich auch einige Informationen habe. Dort könnt ihr zum Beispiel Bilder von verschiedenen Bodentypen anschauen und es gibt auch ein Glossar mit wichtigen Begriffen.
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und dann gibt es auch noch in der WWF Akademie einen kostenlosen Kurs zum Thema Boden:
Naturentdecker:innen III – Boden
und wenn ihr ganz krass drauf seid und es euch zufällig mal nach Wageningen in den Niederlanden verschlägt, könnt ihr sogar das World Soil Museum besichtigen. :)
Quellen:
Amelung, Wulf, et al. Scheffer/Schachtschabel Lehrbuch der Bodenkunde. Springer-Verlag, 2018.
https://hypersoil.uni-muenster.de/0/00.htm, abgerufen am 04.12.2024
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/boden/24123.html, abgerufen am 03.12.2024
https://www.bodenwelten.de/navigation/bodenleben, abgerufen am 03.12.2024
https://de.wikipedia.org/wiki/Fadenw%C3%BCrmer, abgerufen am 03.12.2024
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/boden/24104.html, abgerufen am 03.12.2024
https://www.umweltbundesamt.de/hausstaubmilbe#ernahrung-wachstumsbedingungen, abgerufen am 04.12.2024
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-flaeche/bodenbelastungen/verlust-der-biodiversitaet-im-boden#funktion-der-bodenorganismen, abgerufen am 04.12.2024

Eine Story von Johanna
Johannna schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam.
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