Tempolimit – das bringt es für den Klimaschutz

Published on November 20, 2024

Der Verkehrssektor ist, neben dem Gebäudesektor, der Sektor, in dem Klimaschutz in Deutschland noch kaum vorankommt. Klimaziele werden immer wieder verfehlt, die Emissionen aus dem Verkehr sinken seit Jahren kaum, ja es gibt sogar kaum nationale Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr.

Um dem entgegen zu wirken, werden immer wieder verschiedene Maßnahmen gefordert. Eine davon ist ein Tempolimit auf deutschen Straßen. In dieser Story erfährst du, was es damit auf sich hat und wie ein Tempolimit dazu beitragen könnte, die Emissionen aus dem Verkehrsbereich zu senken.

 

Verkehr: Seit Jahren keine Minderung der Emissionen

Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, sind in allen Bereichen deutliche Veränderungen erforderlich. Doch während in einigen Sektoren die Emissionen langsam sinken, gab es im Verkehrssektor in den vergangenen Jahren so gut wie keinen Fortschritt. Politische Maßnahmen zur Emissionsreduktion im Verkehr wurden kaum umgesetzt, die Sektorziele für den Verkehr wurden in den letzten Jahren durchgängig verfehlt.

Reduktionen im Verkehrsbereich gehen aktuell hauptsächlich auf EU-Vorgaben zurück, wie strengere Emissionsstandards für Neuzulassungen.

Das Foto zeigt Autos und LKWs auf einer mehrspurigen Autobahn.
Ein Tempolimit auf Autobahnen würde viel zum Klimaschutz im Verkehr beitragen. / © Alexas_Fotos, pixabay.com


Das würde ein Tempolimit bringen

Der motorisierte Individualverkehr ist für ca. 60% der Emissionen im Verkehrssektor verantwortlich. Um dies zu verringern, sind verschiedene Entwicklungen notwendig: Der motorisierte Individualverkehr muss insgesamt reduziert werden: durch ein besseres Angebot an Radwegen, ÖPNV, der Verringerung von Wegen, durch Verfügbarkeit von Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten etc. im nahen Umfeld, ergänzt durch Maßnahmen wie eine PKW-Maut, Tempolimit, geänderte Subventionen und ein emissionsabhängiges Steuersystem, die Auto fahren zusätzlich „ungemütlich“ machen. Außerdem muss der verbleibende Individualverkehr nach und nach durch elektrische, emissionsarme bzw. –freie Antriebe ersetzt werden.

Das Tempolimit ist dabei eine Maßnahme, die besonders viel Einsparpotential bietet:

Eine Abschaffung des Dienstwagenprivilegs würde laut einer Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft 1,9 – 5,8 Millionen Tonnen CO2/Jahr einsparen können, eine Abschaffung des Dieselprivilegs würde zu 2,2 Millionen Tonnen CO2/Jahr weniger führen. – Und die Einführung eines Tempolimits von 120 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen würde laut Berechnungen des Umweltbundesamtes Emissionen in Höhe von 7,3 Millionen Tonnen CO2/Jahr verhindern.

Nur die PKW-Maut wäre mit einem Einsparpotential von jährlich 9,2 Millionen Tonnen CO2 noch überlegen.

Und bei einer Begrenzung auf 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerorts ist das Einsparpotential des Tempolimits sogar noch größer: Pro Jahr 11,1 Millionen Tonnen und damit deutlich größer als bisher angenommen. Sofort umsetzbar und (fast) ohne Kosten 11,1 Millionen Tonnen CO2 weniger pro Jahr!

Dabei entfällt auf ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen ein Einsparpotential von jährlich 6,7 Millionen Tonnen CO2, Begrenzungen auf Bundesstraßen und innerhalb von Ortschaften auf 80 bzw. 30 km/h würden weitere 4,4 Millionen Tonnen CO2 einsparen.

Bis 2030 droht im Verkehrssektor eine Überschreitung der Sektorziele um über 271 Millionen Tonnen CO2. Würde man ein sofortiges Tempolimit einführen, würde diese einzelne Maßnahme diese Lücke bereits zu einem Drittel füllen. Das macht das Tempolimit zu einer der effektivsten Maßnahmen, wenn es um Klimaschutz im Verkehrssektor geht.

Doch ein Tempolimit reduziert nicht nur Emissionen: Alleine durch ein Tempolimit auf Autobahnen könnten 140 Verkehrstote/Jahr vermieden werden. Und es gäbe auch weniger Unfälle. So hat z.B. eine Studie aus Brandenburg 2007 ergeben, dass auf Autobahnabschnitten mit Geschwindigkeitsbegrenzung die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten um 20-50% gesunken ist. Gleichzeitig kam es durch die gleichmäßigere Geschwindigkeit zu weniger Staus.

Außerdem führt es zu besserer Luft und weniger Lärm. Bereits ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen würde die Stickoxid- und Feinstaubemissionen von PKW um 28% senken.

Das Foto zeigt eine Straße, auf der viele Autos im Stau stehen.
Stau ade: Ein Tempolimit hat nicht nur fürs Klima Vorteile. / © wal_172619, pixabay.com


Und es gibt noch einen weiteren Nebeneffekt: Es wird davon ausgegangen, dass nach Einführung eines Tempolimits verstärkt kleinere Autos verkauft werden, weil PS-starke Sportwagen oder SUVs dann nicht mehr mit Höchstgeschwindigkeit gefahren werden können. Und kleinere Autos verursachen nicht nur in der Nutzung, sondern auch in der Produktion weniger Emissionen, was wiederum dem Klimaschutz zugute käme.

Global gesehen gibt es übrigens nur in Nepal, Myanmar, Bhutan, Afghanistan, Nordkorea, dem Libanon, Burundi, Mauretanien, in Somalia, auf Haiti und in einigen indischen Bundesstaaten kein Tempolimit. In der Praxis ist die Geschwindigkeit in vielen dieser Länder aber durch den Zustand der Straßen begrenzt.

In Europa ist Deutschland damit das einzige Land ohne Tempolimit.

 

Wichtig ist auch, dass mit der Emissionsminderung im Verkehr so schnell wie möglich begonnen wird. Denn jede Tonne CO2, die wir heute einsparen, je schneller wir jetzt die Emissionen senken, desto größer wird unser Vorteil in den nächsten Jahren und Jahrzehnten und wir haben dann einen größeren Handlungsspielraum, d.h. kommende Maßnahmen müssten weniger drastisch ausfallen.

 

Fazit

Um die nationalen und internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz einzuhalten, müssen die Emissionen zügig sinken.

Ein Tempolimit ist dabei eine Maßnahme, die sich einfach und relativ schnell umsetzen lässt. Noch dazu ist sie recht kostengünstig. Und wie wir gesehen haben, würde ein Tempolimit einen guten Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Emissionen aus dem Verkehrsbereich schnell und spürbar senken können.

Doch natürlich kann ein Tempolimit nur eine von mehreren Maßnahmen im Verkehrsbereich sein und darf z.B. den Ausbau des ÖPNV oder der Radinfrastruktur und die Verlagerung des Verkehrs nicht ersetzen.

Das Foto zeigt ein Verkehrsschild mit der Geschwindkeitsbegrenzung auf 100 km/h. Im Hintergrund ist eine leere Autobahn.

Tempolimit: Wirksam und leicht umzusetzen. Worauf warten wir also? / © ClimateWarrior, pixabay.com

 



Quellen:

Germanwatch e.V./Greenpeace e.V. : Kurzstudie „Wie ausbleibender Klimaschutz im Verkehr künftige Generationen belastet“, Stand 09/2024, unter https://www.germanwatch.org/sites/default/files/2024_09_kurzstudie_klimaschutz_verkehr.pdf (Zugriff am 20.11.2024)

Fokus online vom 29.10.2021: „Die Deutschen und das Tempolimit: Wer die Fakten kennt, kann nicht mehr dagegen sein“, unter https://www.focus.de/politik/tempolimit-in-deutschland-trotz-sicherheit-und-klimaschutz-mit-der-ampel-wird-es-tempolimit-trotzdem-nicht-geben_id_24364534.html (Zugriff am 20.11.2024)

Deutsche Umwelthilfe, Pressemitteilung vom 30.1.2023: „Neue Berechnung der Deutschen Umwelthilfe belegt: Klimaschutzwirkung von Tempolimit 100/80/30 viel größer als bisher angenommen“, unter https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/neue-berechnung-der-deutschen-umwelthilfe-belegt-klimaschutzwirkung-von-tempolimit-1008030-viel-g/ (Zugriff am 20.11.2024)

BUND Deutschland vom 4.7.2024: „Tempolimit: Diese sieben Vorteile hätte eine sofortige Geschwindigkeitsbegrenzung“", unter https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/tempolimit-diese-sieben-vorteile-haette-eine-sofortige-geschwindigkeitsbegrenzung/ (Zugriff am 20.11.2024)

 


 

Die Autorin Stephanie

Eine Story von: Stephanie

Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.