
Zwei Überlebenskünstler im Eis (Fantastischer Fakt)
So unwirtlich das Leben im Gletscherbereich scheinen mag: Manche Pflanzen und Tiere haben sich angepasst und Strategien entwickelt, um dort überleben zu können.
Es gibt Spezies, die mit und vom Gletschereis leben. Neben speziellen Schneealgen, die nur im Sommer in langsam tauenden Schneefeldern wachsen, ist der Gletscherfloh der größte Held im Gebirge bzw. Gletschergebiet. Und der Gletscherweberknecht steht ihm in nichts nach.
In dieser Folge der Fantastischen Fakten stelle ich euch diese beiden Überlebenskünstler vor.

Vergrößerte Nachbildung eines Gletscherflohs / © flickr.com
Der Gletscherfloh: Desoria saltans
Wie der Name schon sagt: Der Gletscherfloh lebt auf Gletschern und Schneeeflächen.
Er ist gerade einmal 1,5 – 2,5 mm groß, schwarz und zählt zu den Insekten. Selbst Temperaturen von -15°C machen ihm nichts aus, denn der Floh hat in seinem Körper spezielle Zucker- und Alkoholverbindungen, die ihn vor dem Erfrieren schützen. Ein körpereigenes Forstschutzmittel sozusagen – praktisch, und lebensnotwendig.
Und auch wenn der Gletscherfloh so winzig ist: Droht Gefahr, kann er bis 20 Zentimeter hoch springen! Eigentlich ist er auch kein Floh, wie der Name vermuten lässt, sondern ein flügelloses Insekt und gehört zu den Springschwänzen.
Bewegt man sich im Sommer auf einem schneefreien Gletscher, kann man Gletscherflöhe beobachten: Zunächst sehen sie wie dunkle Sandkörner aus, doch bei genauerem Hinsehen bemerkt man, dass sie sich bewegen.
Die meiste Zeit verbringen Gletscherflöhe im Grenzbereich zwischen dem Gletschereis und der Schneedecke, die auf dem Eis liegt. Dort sammelt sich sogenannter Gletscherschlamm, das ist ein Mix aus Staub, Blütenpollen und Pflanzenresten, die mit dem Wind auf die Gletscherfläche geweht wurden. Für den Gletscherfloh dienen sie als Nahrungsquelle. Die Sonne erwärmt diese vom Schlamm dunkel gefärbte Schicht schneller als das helle, umliegende Eis – dadurch entstehen kleine Löcher und Wassertropfen, die für den Grenzgänger im Eis den idealen Lebensraum darstellen.
So gut sich der Gletscherfloh an eisige Temperaturen angepasst hat, umso schlechter kommt er mit wärmeren Temperaturen zurecht. Liegt die Temperatur über 12°C, ist das für den kältegewohnten Gletscherbewohner tödlich. Seine Lieblingstemperatur liegt bei 0°C.
Früher dachte man übrigens, Gletscherflöhe seien Würmer, die vom Himmel gefallen sind.

Gletscherfloh in seinem
Lebensraum / © Wikimedia Commons
Der Gletscherweberknecht: Mitopus glacialis
Auch der Gletscherweberknecht, eine Spinne in der Ordnung der Weberknechte, ist perfekt an kalte Temperaturen angepasst. Der Gletscherweberknecht wird 5,5 – 6 mm groß (Männchen), die Weibchen 9 – 10 mm. Die Spannweite kann bis zu 12 cm betragen.
Wie der Gletscherfloh kommen auch Gletscherweberknechte nur in höheren Lagen der Alpen vor, wo es Gletscher gibt. Dort leben sie in den Vorbereichen der Gletscher, wo sie auf Jagd auf kleine Tiere wie z.B. den Gletscherfloh und andere Insekten, gehen. Bei der Jagd ist der Gletscherweberknecht sehr flink, er packt seine Beute mit seiner Zange und verschluckt sie komplett.
Sie leben nur oberhalb der Baumgrenze und können sogar in Höhen von 3.600 Metern vorkommen – und leben damit höher als jeder andere Weberknecht.
Der Gletscherweberknecht ist endemisch, d.h., er kommt nur in bestimmten Regionen der Alpen, und an keinen anderen Stellen der Welt vor. Während der letzten Eiszeit haben sie sich an diesen Lebensraum angepasst.
Ist der Gletscherweberknecht in Gefahr, stößt er ein stinkendes Sekret aus. Das betäubt den gefährlichen Gegner sogar leicht und ermöglicht dem Gletscherweberknecht das Entkommen.
Gletscherweberknechte halten ebenfalls eisige Temperaturen aus: Bis zu -20°C sind für sie kein Problem. Aber wie der Gletscherfloh sterben sie, wenn die Temperaturen zunehmen und ihr Lebensraum, der Gletscher, verschwindet. Das macht sie auch so anfällig für den Klimawandel: Denn wie wir wissen, lässt die Erderhitzung die Gletscher schmelzen – und der Lebensraum von Gletscherfloh und Gletscherweberknecht wird kleiner.
Ein Foto findet ihr z.B. auf dieser Seite des Naturparks Ötztal.
Quelle:
- Magazin „Wohllebens Welt“, Ausgabe 16/Winter 2022, „Im Bann vergänglicher Riesen“, Seite 27 – 29
- Naturpark Ötztal: „Gletscherweberknecht“, unter https://www.naturpark-oetztal.at/wissen/natur-im-fokus/tiere/gletscherweberknecht/ (Zugriff am 16.10.2024)
- Deutscher Alpenverein (DAV): „Angepasst an das Leben im Eis: Der Gletscherfloh“, unter https://www.alpenverein.de/artikel/der-gletscherfloh_11be9303-3461-4465-97a5-27ffd81e10ce (Zugriff am 16.10.2024)
Bildquellen:
Nachbildung Gletscherfloh: https://c1.staticflickr.com/7/6089/6049532500_2fc8428b95_b.jpg
Gletscherfloh: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/92/Snow_Flea_close_up_crop.JPG

Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.