
Meine Challenge: Zero Waste im Großstadt-Urlaub
Seit einigen Jahren lebe ich zu Hause möglichst Zero Waste und teste immer wieder, wie sich das auch außerhalb der Alltagsroutine umsetzen lässt. Letztes Jahr habe ich bereits über das Thema Zero Waste im Urlaub berichtet – dieses Jahr gab es einen krassen Kontrast dazu: Statt in der Natur Nordfrieslands war ich nun in der quirligen Großstadt Berlin unterwegs, und statt zu zweit ging es in einer Gruppe auf Reisen. Wie war es dort im Hinblick auf Zero Waste? Das erzähle ich euch in dieser Story.
Deutsche Bahn – Improvisation und Einweggeschirr
Wie im letzten Jahr, sind wir auch dieses Jahr mit dem Zug an unser Reiseziel gefahren. Nach Berlin sollte es gehen, zu einer Bildungsreise. So machten wir uns aus dem beschaulichen Freiburg aus auf den Weg in die Großstadt.
In Berlin waren wir natürlich ebenfalls mit der S-Bahn unterwegs. – Und auch viel zu Fuß.
Das war abenteuerlich und wir mussten oft improvisieren: täglich war irgendwo der Aufzug kaputt (in unserer Gruppe waren zwei Rollifahrer), bei der Hinfahrt wurden wir nach über 3 Stunden Stillstand sogar aus dem Zug evakuiert und bei der Rückfahrt hat es für 7 Haltestellen 4 S-Bahnen gebraucht („Dieser Zug endet hier.“)
„Verläuft dein Leben streng nach Plan, fährst du selten Deutsche Bahn.“ – die Bahn hat diesen Spruch mit Leben gefüllt und wir können immerhin viel erzählen. :-)

Und in Sachen Zero Waste? Für die Hinfahrt hatte ich mir natürlich Vesper in meine Edelstahlbox gefüllt und auch meine Trinkflasche war dabei. Ohne Evakuierung und 5 Stunden Verspätung hätte das auch gut funktioniert.
Schon wenige Minuten, nachdem der Zug liegengeblieben war, hat die DB „Notfallwasser“ für alle ausgegeben – in 0,5l-Tetrapacks. Da keiner wusste, wie lange wir stehen werden und ob es nach einer Weile sehr heiß wird im Zug (Lüftung und Klimaanlage lief nicht mehr), habe ich auch eines genommen.
Und als ich gegen 18:00 Uhr etwas Hunger bekam und absehbar war, dass wir noch einige Stunden bis zur Jugendherberge brauchen werden, bin ich auch ins BordBistro auf der Suche nach etwas Essbarem. Das Thema Zero Waste war da aber mein geringstes Problem, ich hatte nämlich noch die große Auswahl aus Bier, 2 Päckchen Keksen und 3 Päckchen Gummibärchen. Also mussten erstmal alle Prinzipien über Bord geworfen werden und ich nahm ein Päckchen Kekse, nicht vegan und in Plastik verpackt, aber geeignet um die Zeit bis zur Ankunft zu überbrücken. Dafür bekamen wir in der Jugendherberge um 21:00 Uhr noch Essen, extra aufgewärmt für uns. Danke!
Und für die Rückfahrt habe ich mir in der Jugendherberge einfach meine Flasche im Bad aufgefüllt und wir haben uns vom Frühstück Brötchen gerichtet und Gurken, Obst, Donuts mitgenommen. Hier hat es perfekt geklappt mit Zero Waste.

Im Plastik-Update 12/2022 habe ich voller Freude berichtet, dass es in Fernzügen der DB zukünftig Mehrweggeschirr gibt. Was ich damals nicht realisiert habe: Man bekommt es nur, wenn man ausdrücklich darum bittet. Und die meisten Menschen wissen das entweder nicht (es gibt im BordBistro ein Schild, aber das ist sehr klein und nicht gerade im Blickfeld) oder sie legen keinen Wert darauf.
D.h., die Menschen laufen reihenweise mit Einwegbechern und -schüsseln durch den Zug. Hier gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf – denn eigentlich wäre es doch ganz einfach, die Mehrweglösung zum Standard zu machen!

Mindset und Öko-Bubble – auch in der Großstadt?
Ich wohne ja in Freiburg-Vauban, bewege mich im Alltag zwischen Unverpacktladen, Verschenkekisten und Klimastreik. Also doch sehr in einer „Öko-Bubble“. Das macht es relativ einfach, an seinen Vorsätzen festzuhalten und sich möglichst nachhaltig zu verhalten – die Routinen und das Umfeld sind einfach entsprechend vorhanden.
Doch wie sieht das nun in einem ganz anderen Umfeld aus? Meine Erfahrungen sind gemischt. Auf der einen Seite ist man auch im Urlaub geprägt von seinen Werten und es gibt gewisse Routinen, die sind so eingespielt und vermeiden gleichzeitig Müll. Z.B. war meine Wasserflasche immer dabei und wurde jeden Morgen in der Jugendherberge aufgefüllt, so dass ich die ganze Woche über kein abgepacktes Wasser kaufen musste.
Das wurde einzig im Bundestag zum Problem – Wasserflaschen sind dort verboten. Aber man bekommt eine Nummer und kann sie nach dem Besuch wieder mitnehmen.

Neben der Trinkflasche war auch ein kleines Handtuch ein äußerst wichtiges Utensil. Das habe ich auch zu Hause ständig im Rucksack, wenn ich unterwegs aufs WC muss. So kann ich meine Hände ohne Einwegpapier – also ohne Müll – abtrocknen. Und: wir waren in der Woche sehr häufig auf öffentlichen WCs, d.h. das Handtuch war ständig im Einsatz und hat sich absolut unverzichtbar gemacht.
Unser Tagesablauf sah nämlich wie folgt aus: Frühstück in der Jugendherberge, um ca. 10:00 Uhr sind wir los und haben unser jeweiliges Programm absolviert (wir hatten fast täglich eine Führung und auf dem Weg haben wir jeweils noch Sehenswürdigkeiten in der Nähe angeschaut), mittags machten wir Halt in einem Bistro oder Cafe, und gegen 19:00 Uhr kamen wir zurück in die Jugendherberge, wo es warmes Abendessen gab.

Beim Frühstück ließ sich Müll leider nicht vermeiden. Margarine, Marmelade, Brotaufstrich, Honig – das gab es alles in kleinen Portions-Päckchen. Leider gab es im Speisesaal auch keine Mülltrennung.
Doch es war in der Jugendherberge gut möglich, vegan zu essen. Morgens gab es z.B. auch Sojadrink, beim Abendessen zwei Varianten: eine mit Fleisch, eine vegan (für die Vegetarier:innen und Veganer:innen). Einzig am veganen Nachtisch könnte man noch feilen – da gab es mehrere Tage „Obstsalat“ aus der Dose, der in Zuckerwasser geschwommen ist. Ich gestehe: Der unvegane Karamellpudding war mir da lieber und hat geschmeckt ;-)
Als Snack für Unterwegs habe ich jeden Morgen einen Apfel vom Buffet mitgenommen und tagsüber gegessen.
Bei unserem Mittagsimbiss war es unterschiedlich: Einmal habe ich ein Getränk mit Plastikstrohhalm bekommen (da die ja eigentlich verboten sind, hatte ich die gar nicht mehr auf dem Schirm). Und zweimal waren wir in einem Cafe, das laut Plakat viel Wert auf Nachhaltigkeit legt. Doch leider bekommt dort man Kuchen wie folgt angeboten: Auf den Porzellanteller wird eine Serviette gelegt, der Kuchen kommt auf die Serviette. Da frage ich mich, warum? Der Teller ist eine wunderbare Unterlage für den Kuchen (und sieht auch noch viel hübscher aus als die Serviette). Und möchte man die Serviette am Ende benutzen, ist sie bereits fettig vom Kuchen, der darauf lag.
Aber immerhin gab es in dem Cafe gut sichtbar Mehrweg-Becher für To-Go-Getränke.
Auch in einem anderen Cafe gab es gut sichtbar ein Mehrwegangebot, die Getränke wurden in Glas-Pfandflaschen angeboten. Sehr zur Nachahmung empfohlen!

An einem Tag haben wir morgens die Lunchtüten der Schüler:innen in der Jugendherberge geplündert. Tag für Tag hat die JH-Küche über 100 dieser Tüten gerichtet, über 40% davon blieben auf dem Wagen stehen. Da sie niemand wollte, haben wir uns an einem Tag die Müsliriegel aus den Tüten gefischt und mitgenommen. Zero Waste ade, sie haben geschmeckt und wer weiß, was sonst mit den Tüten und ihrem Inhalt passiert wäre.
Bye the way: In den Lunchtüten war ein Sandwich, ein Trinkpäckchen, ein Apfel/Obst und ein Riegel – wie viel Arbeit und Müll würde man sparen, wenn man stattdessen einen Trinkbrunnen installiert, die Schüler:innen ihre Trinkflasche mitbringen und sie sich ihr Lunchpaket selbst zusammen stellen können (denn der Inhalt stieß, wie erwähnt, nicht auf viel Begeisterung).
An einem Tag hatten wir keine Führung – und neben Sightseeing stand Shoppen auf dem Plan. KaDeWe, Zalando-Outlet, Ritter-Sport- und M&M‘s-Shop und einiges mehr. Hier habe ich gemerkt, dass die Prägung auf ein bestimmtes Mindset doch sehr stark ist. Und demzufolge habe ich mich nicht direkt unwohl gefühlt, aber wurde die ganze Zeit vom Gedanken begleitet, dass ich das alles gar nicht brauche ;-) Nebenbei gemerkt hat es mir auch alles nicht gefallen und war mir zu teuer – die ich Verschenkekisten, Flohmärkte und Second-Hand-Shops gewohnt bin.

Und beim M&M-Shop? Lust auf was Süßes hätte ich ja schon gehabt. Und M&M’s in allen Farben, zum Selbstabfüllen, aufgereiht an der Wand – in unendlich vielen Farben, doch keine Sorte davon vegan. Außerdem sollte man sie in eine Plastiktüte oder einen Plastikbecher füllen. Es wäre ein leichtes, eine Tara-Waage aufzustellen und den Kund:innen zu ermöglichen auch eigene Gefäße zu befüllen.
Im M&M-Shop habe ich noch ein No-Go in Sachen Zero Waste entdeckt: Jonglierbälle, die einzeln in Plastik eingeschweißt waren. Unnötig, man könnte das Plastik wunderbar weglassen …

Einzig in Potsdam, im Oxfam-Shop, habe ich etwas für mich entdeckt: Ein gebrauchtes Natur-Quiz. Das war auch der Laden, den ich von all den besuchten am schönsten fand. Grüße aus der Öko-Bubble :-)

So wahr: Second Hand macht glücklich! / © Stephanie S.
Und im Bad? Da lässt sich Zero Waste auch im Urlaub ganz einfach umsetzen: Zahnbürste aus Bambus, Denttabs aus dem Unverpacktladen, Haarseife, selbstgemachtes Deo. Routinen und Artikel, die sich von zu Hause bewährt haben.

Fazit
Die Reise war super – und was Zero Waste angeht: Es ist ein bisschen mehr Müll angefallen als zu Hause. Doch gleichzeitig haben sich die Basics Trinkflasche, kleines Handtuch und die Bad-Ausstattung sehr bewährt und einiges an Müll eingespart, der bei Nicht-Zero-Wastlern angefallen wäre. Insgesamt also nicht perfekt, aber doch recht gut.
Und die Ablehnung von Konsum hat ebenfalls geholfen, Müll und unnötige Einkäufe zu vermeiden. Denn Zero Waste im weiteren Sinne bezieht ja auch Emissionen, Verschmutzungen und Müll mit ein, der bei der Produktion von Produkten entsteht.
Im Vergleich zum doch recht beschaulichen Freiburg ist Berlin natürlich viel größer, lauter, trubeliger, voller Menschen. Man merkt, dass man die Verbindung zur Natur ein bisschen verliert, dass man aufgesogen wird von der Hektik und dem glitzernden Konsum. Ich habe wirklich Respekt vor allen Menschen, die in Berlin Zero Waste und/oder minimalistisch leben und sich gegen diesen Sog stellen.
Und was ich in Berlin auch gut fand, waren die Aufschriften auf den Mülleimern:


Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.