
Eine Liebeserklärung an die "Haut der Erde" - Weltbodentag Teil 1
Wisst ihr, was für ein Tag heute ist? Nein, ich meine nicht den Abend vor Nikolaus. Heute ist Weltbodentag! Genau der richtige Tag also, um sich unsere Böden genauer anzuschauen. Gleich vorneweg: Zu Böden könnte man locker zehn Berichte schreiben, mindestens! Viele Themen, die hier angeschnitten werden, wären einen eigenen Bericht wert (und werden vielleicht in Zukunft noch mal aufgegriffen J).
Heute gibt es erst mal eine kleine Einführung:
- Was ist Boden?
- Wie entsteht Boden?
- Was für Böden gibt es und wie werden sie eingeteilt?
In Teil 2 folgen dann die Bodenlebewesen, die Funktionen von Boden und auch ihre Bedrohung.

Was ist Boden?
Nur Dreck? Auf keinen Fall! Böden werden oft auch als „Haut der Erde“ bezeichnet, da sie der belebte, oberste Teil der Erdkruste sind. Die Erdkruste ist 5–40 km mächtig (mächtig wird in den Geowissenschaften statt „dick“ gesagt), aber Böden sind davon nur der oberste Teil (wenige Zentimeter bis maximal einige Zehnermeter). Die Gesamtheit aller Böden bildet die Pedosphäre (das kommt vom Wort pedon, dem griechischen Wort für Boden). Begrenzt wird diese nach unten durch die Lithosphäre (das Gestein), nach oben durch die Atmosphäre. Außerdem steht sie im Austausch mit der Biosphäre (Gesamtheit aller Lebewesen) und der Hydrosphäre (Gesamtheit des Wassers auf der Erde).
Bei den Worten Boden oder Erde denken vermutlich viele zuerst an feste Bestandteile, Sand oder Hummus. Boden ist aber ein 3-Phasen-Gemisch, bestehend aus festen Bestandteilen, Wasser und Luft. Die Festsubstanz setzt sich zusammen aus mineralischer und organischer Substanz zusammen.
Die Wissenschaft, die sich mit Böden beschäftigt, ist die Bodenkunde oder Pedologie. Das (aus meiner Sicht) Spannende an der Bodenkunde ist, dass sie interdisziplinär ist, d. h. sie enthält sowohl Physik als auch Chemie und natürlich Biologie.

Wie entsteht Boden?
Für die Bildung von Boden braucht es zunächst die bodenbildenden Faktoren. Dazu gehören: Das Ausgangsgestein, das Relief, das Klima, Wasser, Organismen, Zeit und seit Beginn des Ackerbaus auch wir Menschen. Diese Faktoren lösen bodenbildende Prozesse aus, die in Umwandlungs- oder Umlagerungsprozesse unterteilt werden können. Zu den Umwandlungsprozessen gehören beispielsweise die Gesteinsverwitterung, die Verlehmung oder die Zersetzung von organischer Substanz. Zu den Umlagerungsprozessen gehören beispielsweise Ent- oder Versalzung, Tonverlagerung oder auch die Podsolierung.
Um sich den Prozess der Bodenbildung besser vorzustellen, kann es helfen an eine Wanderung im Hochgebirge zu denken. Stellt euch vor, ihr wandert vom Gipfel ins Tal. Ganz oben habt ihr vor allem Felsen. Wenn überhaupt schon Boden vorhanden ist, dann nur wenige Zentimeter. Diese Rohböden sind noch nicht weit entwickelt und nach dem ersten Horizont kommt direkt das Gestein. Wandert ihr weiter ins Tal, wird der Boden mächtiger, die Vegetation ändert sich und auch der Mensch kann den Boden nutzen.

Wichtig zu merken ist: Böden sind kein fertiges Endprodukt, sondern entwickeln sich ständig weiter. Die physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse, durch die Boden überhaupt erst entstanden ist, hören nicht einfach auf, sondern wandeln den Boden weiter um. Böden sind die Grundlage allen terrestrischen Lebens. Gleichzeitig beeinflusst aber auch das Leben die Böden, weil totes organisches Material eingebracht wird, Regenwürmer und andere Lebewesen den Boden durchmischen oder Pflanzenwurzeln Stoffe an den Boden abgeben. Wer mehr zu den vielen verschiedenen Bodenbildungsprozessen erfahren will, kann beispielswiese hier nachlesen.

Aber Achtung: Die Bildung von neuem Boden ist ein langsamer Prozess! 100 bis 300 Jahre kann es dauern, bis eine ein Zentimeter mächtige, humose Bodenschicht gebildet ist. Dagegen reicht ein einziges starkes Gewitter aus, um sie zu erodieren. Bei der Bodenbildung auf Kalkgestein mit 95% Calciumcarbonat, müssen für 20 cm Boden 2 m Gestein verwittern. Je nach Klima braucht das viel Zeit. In Mitteleuropa bis zu 10.000 Jahre! Eigentlich Grund genug, mit unseren Böden äußerst vorsichtig umzugehen (mehr dazu in Teil 2).
Was für Böden gibt es und wie werden sie eingeteilt?
Wenn wir über Böden reden, gibt es ein paar Begriffe, die für Verwirrung sorgen könnten. Zuerst einmal reden wir bei Boden von Horizonten und nicht von Schichten, da der Begriff Schichten durch die Geologie besetzt ist und deutlich werden soll, dass Bodenhorizonte anders entstanden sind. Auch verwirrend: Es gibt die Bodenart und den Bodentyp. Die Bodenart beschreibt die Korngrößenverteilung eines Bodens. Es gibt die Korngrößen Sand (63 µm - 2 mm), Schluff (zwischen 2 und 63 µm ) und Ton (kleiner als 2 µm). Größer als Sand wären dann Kies und Grus bzw. noch größer Steine und Blöcke. Je nach Anteil von Sand, Schluff und Ton entscheidet sich dann die Bodenart. Diese kann im Labor bestimmt werden. Im Feld gibt es aber die Möglichkeit die Bodenart abzuschätzen: Die Fingerprobe. Das ist der Moment, in dem sich Studierende im 4. Semester im Namen der Wissenschaft wieder wie Kindergartenkinder benehmen: Boden in den Mund nehmen, ausrollen, nass machen rummatschen… Lässt sich der Boden auf halbe Bleistiftdicke ausrollen? Staubt es, wenn ihr danach in die Hände klatscht? Ja? Das spricht für einen hohen Schluffanteil, da sich dieser in die Fingerrillensetzt…
Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, selbst einmal den Boden in eurem Garten oder im nächsten Park genauer unter die Lupe zu nehmen, gibt es hier eine (vereinfachte) Anleitung für eine Fingerprobe.

Es gibt aber noch viele andere Kriterien, um einen Boden zu beschreiben: Steingehalt, Farbe, pH-Werte, Durchwurzelung, Lagerungsdichte, Humusgehalt, Gefüge, Horizonte… Aus all dem ergibt sich dann die Einteilung in verschiedene Bodentypen. Unter einem Bodentyp werden Böden mit gleichem Entwicklungszustand zusammengefasst. Das heißt, bei Böden eines Bodentyps haben die gleichen Bodenbildungsprozesse stattgefunden und sie besitzen alle bestimmte Horizonte. Am einfachsten ist das am Beispiel der Braunerde zu erklären, ein Bodentyp, der in Deutschland sehr häufig ist:

Grundsätzlich gibt es einen A-Horizont (den Oberboden, bis zu 30 cm), der einen höheren Humusanteil besitzt als der untere Boden. In der deutschsprachigen Bodensystematik können Horizonte neben dem Großbuchstaben auch noch Kleinbuchstaben zugeordnet bekommen, um sie genauer zu beschreiben. Das wäre hier das kleine h, das angibt, dass es sich hier um einen humosen Oberboden handelt. Das B steht für den Unterboden der Braunerde, das kleine v für die Verbraunung, den bodenbildenden Prozess, der für die braune Farbe verantwortlich ist. Das große C steht für das anstehende Ausgangsgestein, das nach und nach verwittert.
Bei anderen Bodentypen sind andere Prozesse und damit andere Horizonte mit anderen Buchstaben charakteristisch. Böden können von Grundwasser beeinflusst sein (Gley, wenn ihr auf den Bodentyp klickt, kommt ihr zu einem Steckbrief des Bodentyps und könnt auch ein paar Beispielbilder anschauen), eine Stauschicht besitzen und daher durch Stauwasser geprägt werden (Pseudogley), vom kalkhaltigen Ausgangsgestein (Rendzina) oder von niedrigen pH-Werten (Podsol) geprägt sein und viele weitere Möglichkeiten. Es können auch mehrere Prozesse gleichzeitig oder nacheinander wirken, wodurch wir bei meinem Kartierkurs im Studium Ergenisse wie „schwach podsolige Braunerde“ oder „stark podsolig pseudovergleyte Braunerde“ hatten. Allein im deutschen System gibt es 56 Bodentypen, die wiederum in Subtypen unterteilt werden. Diese Bodentypen gehören zu verschiedenen Bodenklassen. In Deutschland werden die Klassen eingeteilt in:
- Landböden (Terrestrische Böden)
- Grundwasserböden (Semiterrestrische Böden)
- Unterwasserböden (Subhydrische Böden)
- Moore
- Kultisole (Anthropogene Böden)

Aber Achtung, die meisten Länder haben ihre eigene Kategorisierung, was es bei internationaler Zusammenarbeit manchmal verwirrend machen kann. Zwar gibt es die World Reference Base for Soil Resources (WRB), aber da z. B. in Deutschland für Bodengutachten das deutsche System verwendet wird, ist dieses hier geläufiger.
Wichtig zu merken ist an der Stelle eh: Boden ist nicht gleich Boden und braun ist nicht gleich braun! Schaut euch gerne hier mal weitere Bodentypen an oder googelt einfach mal. Es gibt so unglaublich schöne und coole Böden auf der Welt! Rote in den Tropen, sehr dunkle wie die fruchtbaren Schwarzerden oder ganz helle Sandböden. Auch der faszinierende Wattboden, über den ihr in Stephanies Story zum Wattenmeer mehr erfahrt, gehört dazu. Mehr Bodentypen könnt ihr euch beispielsweise hier anschauen.
So, jetzt wurdet ihr hoffentlich nicht von Bodenwissen erschlagen und freut euch auf Teil 2. Zum Abschluss kommt hier noch ein Bodentyp, der mit seinen Farben und Mustern Eindruck schindet: Der Podsol (zu finden v. a. unter Nadelwäldern und Heidelandschaften, da für die Podsolierung ein niedriger pH-Wert nötig ist).

Sollte ich bei einem Fachbegriff die Erklärung vergessen haben oder ihr einzelne Sachen noch mal knapp und kurz nachlesen wollen, gibt es hier ein Glossar zu wichtigen Bodenbegriffen vom Bundesverband Boden. Für diejenigen, die lieber Videos mögen, könnten diese Schulvideos zum Thema von simpleclub etwas sein.
Quellen
Amelung, Wulf, et al. Scheffer/Schachtschabel Lehrbuch der Bodenkunde. Springer-Verlag, 2018.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-flaeche/kleine-bodenkunde/bodentypen
https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/boden
https://www.bodenwelten.de/node/13
https://www.bodenwelten.de/lexicon/glossar
https://de.wikipedia.org/wiki/Bodenart
https://de.wikipedia.org/wiki/Braunerde
https://de.wikipedia.org/wiki/Bodenklassifikation
https://www.bodenwelten.de/navigation/bodenexkursionen-virtuell
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-flaeche/kleine-bodenkunde/entwicklung-des-bodens
Alle Internetseiten abgerufen am: 05.12.2023
Eine Story von Johanna
Johannna schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - komm in unser Team.