
"Geht sterben!" - Was tun bei Hate und Ablehnung?
Bei der Klimastreik-Demo letzten Freitag hatte ich manchmal ganz schön Adrenalin. Die Strecke führte teilweise an mehrspurigen, voll gestopften Straßen vorbei - sie waren wegen der Demo zwischenzeitlich gesperrt. Und nur wenige Menschen in den Autos zeigten Verständnis. Manche ließen extra ihren Motor aufheulen, andere zeigten uns den Mittelfinger oder kurbelten das Fenster runter und schimpften uns an. Kein gutes Gefühl.
Du kennst das vielleicht auch? Auf Demos, Aktionen, oder wenn man Unterschriften sammelt. Oder einfach, wenn man mit anderen über Umweltthemen spricht. Es gibt sie ganz häufig, die skeptischen Beobachter. Du kannst an ihrem Gesicht ablesen, dass sie das nicht so cool finden, was du gerade machst. Oder die Mitleidigen, die so gucken als würden sie denken: "Schön, dass du das machst, aber es bringt ja eh nichts...". Oder eben - selten, aber besonders unangenehm - diejenigen, die die Umweltbewegung offen ablehnen und dich blöd von der Seite anmachen.
All das ist nicht gerade hilfreich, wenn man motiviert und optimistisch die Natur und das Klima schützen will. Aber wie geht man am besten damit um? Wie schützen wir uns davor, uns von solchen Begegnungen runterziehen zu lassen? Ich hab ein paar Fakten und Tipps für dich, die dir sicher helfen, nicht den Mut zu verlieren:
1. Diejenigen, die uns anfeinden, sind deutlich in der Minderheit. Wir haben vielleicht ab und zu das Gefühl, dass es viele sind. Tatsächlich aber sind es wenige, die allerdings ihren Unmut besonders laut äußern. Das gilt für Pöbeleien am Rand von Demos, aber auch für Hass-Kommentare im Netz. So passiert es zum Beispiel, dass sich Hater zeitlich verabreden, um eine Debatte im Netz zu beherrschen. Obwohl es nur sehr wenige Accounts sind, wie Untersuchungen zeigen, sieht es so aus, als wäre das eine Riesenwelle. Die meisten erkennen das und ignorieren die gehässigen Kommentaren - dadurch sieht es aber so aus, als würde sich niemand wehren. Wie wir mit Hate Speech umgehen sollten, dafür gibt es z.B. bei der Amadeu Antonio Stiftung viele Hilfestellungen.
2. Die große Mehrheit in der Bevölkerung unterstützt den Klimaschutz. Das Umweltbewusstsein in Deutschland wird regelmäßig in soziologischen Studien erhoben. Eine Vielzahl von Studien zeigt immer wieder: Die allermeisten wollen das, wofür wir einstehen. Die letzte Umfrage des Umweltbundesamtes zum Beispiel zeigt: 91 Prozent der Deutschen befürworten prinzipiell einen umwelt- und klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft. Außerdem: Die Mehrheit der Befragten nimmt die Auswirkungen des Klimawandels auch in Deutschland bereits wahr. 85 Prozent geben an, Trockenheit und Dürren mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen, 83 Prozent sehen auch Starkregen und Hochwasser als Folgen. Es ist also nur eine kleine Gruppe in der Gesellschaft der Meinung, wir seien ideologisch verblendete Spinner - die meisten haben zum Glück verstanden, dass die menschengemachte Erderhitzung real ist und Maßnahmen dagegen alternativlos.

3. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass alle, die nicht für uns sind, automatisch gegen uns sind. Klar, es fühlt sich nicht gut an, wenn man mit einer Demo an Menschen vorbei geht, die nur zuschauen und sich dann wieder umdrehen. Viel schöner wäre es, sie würden sich anschließen. Aber wer sagt uns, dass alle diese Leute unsere Demo ablehnen. Viele sympathisieren insgeheim mit uns, wollen das aber in der spontanen Situation gegenüber ihren Freunden und Familien nicht zugeben. Viel einfacher ist es, vor seinen Kumpels so zu tun, als würde einen das nicht jucken. Aber ziemlich wahrscheinlich ist in jeder Gruppe mindestens einer, der mitlaufen würde, wenn seine Freunde nicht zusehen würden - ein sich gegenseitig blockierender Prozess der Passivität. Aber wir müssen uns deshalb nicht stressen.
4. Das Beste ist, sich auf Provokationen nicht einzulassen. Anfeindungen erzeugen neue Anfeindungen, und die Fronten verschärfen sich immer weiter. Stattdessen sollten wir Rufe oder Kommentare von Hatern ignorieren. Oder, wenn man in der Stimmung dafür ist, einfach mit einem selbstbewussten Lächeln kontern. Je häufiger ein Hater angelächelt wird, desto verzweifelter wird er erkennen, dass seine Waffen stumpf sind. Irgendwann wird er kapieren, dass wir uns auch für seine Zukunft einsetzen.
Wir lassen uns nicht kleinreden oder kleinschreien. Wir stehen auf der Seite der Wissenschaft. Wir stehen ein für eine lebenswerte und zukunftsfähige Welt, für einen lebendigen Planeten. Wir sind es, die nach einer Demo selbstbewusst in den Spiegel schauen können.