
Weltklimabericht 2023 – wie steht es um das 1,5° C-Ziel?
So deutlich wie nie zuvor hat der IPCC vor dem Klimawandel gewarnt. Er fordert drastische Maßnahmen, sonst wird die 1.5°C-Grenze schon im nächsten Jahrzehnt überschritten.
Im März hat der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) seinen 6. Sachstandsbericht vorgestellt. Die Sachstandsberichte erscheinen im Abstand von 5-6 Jahren und tragen aktuelle wissenschaftliche Studien zum Klimawandel zusammen.
Dadurch bietet der IPCC die Grundlage für politische Entscheidungen in der Klimapolitik. Er schlägt der Politik aber keine konkreten Lösungen oder Handlungswege vor.
Wie die vorherigen Berichte, besteht auch der 6. Sachstandsbericht aus mehreren Teilen, die nach und nach veröffentlicht wurden:
- Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels (August 2021)
- Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung, Verwundbarkeit (Februar 2022)
- Arbeitsgruppe III: Minderung des Klimawandels (April 2022)
- Synthesereport (= Abschlussbericht, März 2023)
Der Abschlussbericht wurde am 20. März in Interlaken, Schweiz vorgestellt. 93 Wissenschaftler:innen haben daran mitgewirkt. Der Bericht bündelt die Erkenntnisse der letzten Jahre zum Klimawandel und fasst die Berichte zusammen, die seit 2018 erschienen sind. Bei der Vorstellung des Berichts hat UN-Generalsekretär António Guterres gewarnt: „Die Klima-Zeitbombe tickt. Aber der heutige IPCC-Bericht ist ein Leitfaden zur Entschärfung der Klima-Zeitbombe. Er ist ein Überlebensleitfaden für die Menschheit.“

Bereits 2018 hat der IPCC deutlich gemacht, dass das 1,5°C-Ziel nur noch mit großer Anstrengung zu erreichen ist. Inzwischen sind 5 Jahre vergangen und die Herausforderung inzwischen immens. Die Wissenschaftler:innen machen deutlich: Es bleibt keine Zeit mehr, wir müssen sofort handeln. Die bisherigen Maßnahmen sind nicht ausreichend. Zudem handeln die Regierungen zu langsam. Wenn es nicht sofort zu einem weltweiten Umdenken kommt und entschlossen gehandelt wird, wird die Erwärmung bereits in den 2030er- Jahren 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau liegen. Aktuell liegt die Erwärmung bei 1,1°C. Die Erwärmung führt bereits jetzt zu häufigeren und stärkeren Extremwetterereignissen wie Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme usw. Die Extremereignisse haben immer gefährlichere Auswirkungen auf die Menschen weltweit. Leider sind die schwächsten Regionen am stärksten betroffen.

Hauptaussagen des Berichts
Der Synthesebericht liefert auch eine Zusammenfassung für die Entscheidungsfindung in der Politik. Dort sind die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. U.a. macht der Bericht diese Aussagen:
- Die national angekündigten Beiträge zum Klimaschutz machen es „wahrscheinlich, dass die Erwärmung im Laufe des 21. Jahrhunderts 1,5 °C überschreitet und erschweren die Begrenzung auf unter 2 °C“. Die bisher gemachten Zusagen der Länder für Treibhausgasminderungen führen voraussichtlich zu einem Temperaturanstieg von 2,6°C - sofern die Pläne umgesetzt werden.
- Klimabedingte Risiken werden für jedes Erwärmungsniveau höher als im letzten Sachstandsbericht bewertet. D.h., die Risiken sind höher als bisher gedacht. Die Verluste und Schäden steigen mit jeder noch so kleinen Zunahme der Erwärmung an. Klimatische Risiken werden zunehmend schlechter zu beherrschen sein.
- Anpassungsmöglichkeiten werden mit zunehmender Erwärmung weniger wirksam sein. Stattdessen werden Verluste und Schäden zunehmen, menschliche und natürliche Systeme werden an Anpassungsgrenzen stoßen.
- Die Begrenzung der weltweiten Erwärmung erfordert Netto-Null Emissionen. Die Emissionen bis dahin entscheiden darüber, ob die Erwärmung auf 1,5°C oder 2,0°C begrenzt werden kann.
- Überschreitet die Erwärmung 1,5°C, kann sie schrittweise wieder gesenkt werden – allerdings nur mit negativen Emissionen (also Abscheidung von CO2). Der IPCC hat hier große Bedenken bei der Machbarkeit und Nachhaltigkeit. Eine Überschreitung der 1,5°C-Grenze bringt irreversible Folgen mit sich sowie zusätzliche Risiken für Menschen und die Natur.
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Der Klimawandel ist eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit und die Gesundheit des Planeten. Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich sehr schnell.

Das fordert die Wissenschaft
Im Synthesebericht fordern die Wissenschaftler:innen, dass die globalen Treibhausgasemissionen sofort und in allen Sektoren sinken müssen. Nur so lassen sich Verluste und Schäden für Menschen und Ökosysteme verringern. Positive Effekte wären eine bessere Luftqualität und bessere Gesundheit der Menschen.
Bis 2030 müssen die Emissionen halbiert werden. Ansonsten kann die 1,5°C-Grenze nicht eingehalten werden. Zudem fordern die Wissenschaftler:innen, dass die Regierungen weltweit deutlich mehr Geld für Klimainvestitionen bereitstellen.

Die Lösung sehen sie in einer klimaresilienten Entwicklung. Werden z.B. Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen mit Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gekoppelt, kann dies langfristig eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft mit sich bringen.
Klimaschutzmaßnahmen verringern nicht nur die Schäden für Menschen und Natur, sondern können auch die Wirtschaft fördern und die Gesundheit der Bevölkerung verbessern.
Wirksame Klimamaßnahmen brauchen politische Entschlossenheit mit klaren Zielen, eine abgestimmte politische Steuerung und Koordination auf den verschiedenen Ebenen, institutionelle Rahmenbedingungen, Gesetze und Konzepte sowie einen besseren Zugang zu Finanzmitteln und Technologien.
Insbesondere die nächsten Jahre sind entscheidend für den Kampf gegen den Klimawandel. Die Entscheidungen, die wir in den nächsten Jahren treffen, werden für Hunderte oder gar Tausende von Jahren Auswirkungen haben, sagt der IPCC-Vorsitzende.
Wenn die Klimaziele erreicht werden sollen, müssen die Finanzierung für Anpassung und Minderungsmaßnahmen um ein Vielfaches steigen. Es ist ausreichend globales Kapital vorhanden, es bestehen aber Hürden in der Umlenkung der Finanzströme in Klimamaßnahmen. Zudem muss die internationale Zusammenarbeit gestärkt werden.
Der IPCC betont, dass wirksame und kostengünstige Möglichkeiten zur Verringerung des Klimawandels und zur Anpassung bereits verfügbar sind. Verhaltens- und Lebensstiländerungen hätten zudem positive Nebeneffekte auf das gesellschaftliche Wohlergehen.
Der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee sagt: „Wenn wir jetzt handeln, können wir noch eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle sichern.“

Fazit
Die Welt muss handeln – und das sofort. Das 1,5°C-Ziel steht massiv auf der Kippe und kaum noch zu schaffen. Wir können die Erwärmung verringern, aber dazu müssen wir bei Maßnahmen zum Klimaschutz viel ambitionierter und schneller vorgehen und weltweit zusammenarbeiten. Dann lassen sich die schlimmsten Schäden für Menschen und Ökosysteme begrenzen.
Quellenangaben:
- Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: „Weltklimabericht 2023 – Sachstandsberichte des IPCC“, unter https://www.lpb-bw.de/ipcc (Zugriff am 30.5.2023)
- Tagesschau: „Bericht des Weltklimarats: Die Klima-Zeitbombe tickt“ vom 20.03.2023, unter https://www.tagesschau.de/wissen/klima/ipcc-bericht-103.html (Zugriff am 30.5.2023)
- Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle: „Synthesebericht zum Sechsten IPCC-Sachstandsbericht (AR6): Hauptaussagen aus der Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (SPM)“ vom 20.03.2023, https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_AR6-SYR.pdf (Zugriff am 30.5.2023)
- ZDF heute/Jana Nieskes: „Abschlussbericht des IPCC: Weltklimarat mahnt zu sofortigem Handeln“ vom 20.03.2023, unter https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/weltklimarat-bericht-klimawandel-100.html (Zugriff am 30.5.2023)

Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.