Lützerath, die Letzte Generation und die Kriminalisierung – ein Statement der Wut

Published on January 11, 2023

    Wir von der WWF Jugend sind schockiert und empört über den massiven Gegenwind, der der Umwelt- und Klimaschutzbewegung immer wieder entgegenschlägt – trotz der immer offensichtlicheren existenziellen Bedrohung durch die Erderhitzung. Die Räumung des Dorfes Lützerath ist ein weiterer Tiefpunkt im Umgang mit uns Menschen, die ernsthaft und berechtigt Angst um ihre Zukunft haben. Während die Regierung seit Jahrzehnten behäbig vertagt und beschönigt, wird es immer schwieriger, Brücken des Miteinander zu bauen zwischen den älteren Generationen und uns Jugendlichen.

    Klimaaktivist:innen werden in Medien und Öffentlichkeit kriminalisiert, anstatt ihnen Respekt zu zollen für ihren Mut, ihren Idealismus und Optimismus. Engagierte junge Menschen werden zunehmend pauschal als „Klimakleber“ verhöhnt oder sogar als Radikale oder Extremisten gelabelt. „Klimaterroristen“ oder „Klima-RAF“ sind Unworte unserer Zeit. Es werden somit ernsthaft Klimaaktivist:innen auf die gleiche Stufe gestellt mit Terrorist:innen oder sogenannten Reichsbürger:innen, bei denen man erst kürzlich Waffen und Umsturzpläne gefunden hat. Das ist eine unerhörte Diskreditierung einer ganzen Generation von Menschen, die die Folgen der vernachlässigten Klimapolitik werden erleben und erleiden müssen.

    Wer ist wirklich extrem und radikal? Aus unserer Sicht sind dies vielmehr Regierungen und Unternehmen, die noch heute in fossile Energien investieren. Angesichts der immer und immer wieder wissenschaftlich belegten Notwendigkeit, sofort (!) eine Transformation zu gestalten, ist jede Entscheidung, die im Widerspruch zum 1,5-Grad-Ziel steht, sowohl ökonomischer als auch moralischer Wahnsinn. Sagt das einer der vermeintlichen Kriminellen aus der Klimabewegung? Tatsächlich sind dies die Worte des UN-Generalsekretärs António Guterres.

    Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen, die in Lützerath sowie überall sonst auf der Welt für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und gegen die Fortführung der fossilen Energien demonstrieren. Und wir verstehen jeden Menschen, der sich angesichts der historischen globalen Bedrohung gezwungen sieht, seinen Protest mit zivilem Ungehorsam auszudrücken. Wir stellen uns gegen jede verächtliche Missachtung und Kriminalisierung der Menschen, die große persönliche Konsequenzen in Kauf nehmen, um den Abriss von Dörfern und Landschaften zu blockieren oder um auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes hinzuweisen.

    Wir positionieren uns ganz klar gegen Gewalt. Aggressionen gegen Menschen und Dinge, egal von welcher Seite, lehnen wir ab. Ebenso sprechen wir uns dagegen aus, die Klimabewegung vereinheitlichend als gewalttätig abzustempeln. Tatsächlich wird vor allem unserem Planeten Gewalt angetan, indem wir ihn nachweislich Jahr für Jahr über alle Kapazitäten hinaus ausbeuten und erschöpfen. Das rheinische Braunkohlerevier ist die größte CO2-Quelle Europas, und RWE will dort tatsächlich noch weitere 280 Millionen Tonnen Braunkohle fördern. Die Klimakrise lässt Tier- und Pflanzenarten aussterben und zwingt Millionen Menschen zur Flucht. Es macht uns wütend, dass angesichts dessen Regierung und Wirtschaft weiterhin auf die Illusion setzen, wir könnten mehr oder weniger so weitermachen wie bisher! Das ist schäbig und menschenverachtend. Das ist tatsächlich radikal und extrem.

    Seit inzwischen 50 (!) Jahren protestieren Menschen weltweit friedlich auf unzähligen Umwelt- und Klimaschutz-Demos. Angesichts dieser langen Zeitstrecke fehlt uns jedes Verständnis für Forderungen, die Klimabewegung dürfe gerne demonstrieren, solle aber nicht weiter stören. Ob es Schulstreiks sind oder die Besetzung von bedrohten Dörfern und Wäldern: Wenn nicht gehandelt wird, müssen wir uns immer deutlicher wehren. Es ist eine Schande, dass wir Menschen der zukünftigen Welt überhaupt erst in diesen selbstverschuldeten Dauerkrisen-Modus manövriert wurden. Anstatt Klimaaktivist:innen zu kriminalisieren, sollten endlich ausnahmslos alle in Politik und Wirtschaft ihre Verantwortung wahrnehmen.

    Wir fordern:

    1. Die Räumung von Lützerah muss gestoppt werden und die Kohle darunter im Boden bleiben!

    2. Einen verbindlichen bundesweiten Kohleausstieg, der mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar ist.

    Wir dürfen uns keine Rückschritte mehr leisten! Es zählt jetzt jedes Zehntel Grad. Dafür müssen wir raus aus fossiler Energienutzung und endlich die Ausbaugeschwindigkeit der Erneuerbaren erhöhen. Die Bundesregierung darf keine Zeit mehr verlieren, die Lücke zwischen notwendigem Klimaschutz und gesetzten Klimazielen zu schließen und endlich ein ambitioniertes Klimaschutzsofortprogramm zu beschließen.

    - ein offizielles Statement der WWF Jugend -

     

     

    Weitere Informationen wie du dich engagieren kannst, findest du hier: 
    Was in Lützerath passiert und wie jede:r unterstützen kann.

    Im WWF Blog sind die Hintergründe und Argumente hier zusammengefasst:
    Lützerath: Wir brauchen die Kohle nicht! 

    Kommt alle zur Demo am kommenden Samstag!

    Titelbild © IMAGO/epd