
Regenwald und Klimaschutz
Vor wenigen Tagen hat die 27. Klimakonferenz der UN in Ägypten begonnen. Die Regierungen müssen dabei endlich wirksame Schritte beschließen, um die Abholzung der Wälder schnellstmöglich zu stoppen.
Naturschutz ist ein wirksames Mittel gegen die Klimakrise: „Die Natur ist unsere beste Verbündete gegen die Klimakrise“, sagt der WWF Österreich.
Das haben auch einige Staaten erkannt: Bei der Klimakonferenz 2021 in Glasgow haben sich die Regierungen von 100 Staaten verpflichtet, die Zerstörung der Wälder bis 2030 zu stoppen. Doch trotz dieses Versprechens ist die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes in der ersten Jahreshälfte von 2022 weiterhin stark angestiegen.
Der Schutz des Regenwaldes ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Doch welche Rolle spielt der Regenwald für das Klima genau? Das schauen wir uns in dieser Story einmal näher an. Der Schwerpunkt liegt auf dem Amazonas-Regenwald.

Artenvielfalt
Der Amazonas-Regenwald ist der größte verbliebene Regenwald der Erde. Der größte Teil liegt in Brasilien, eine Fläche, die größer als Westeuropa ist. Eine Entfernung so weit wie von Berlin bis Bagdad ist mit Wald bedeckt - 6,7 Millionen Quadratkilometer.
Im Amazonas-Regenwald liegt auch der wasserreichste Fluss der Erde, der Amazonas.
Der Amazonas-Regenwald ist eine sehr artenreiche Region. 9% aller Wirbeltierarten weltweit leben dort, 14% aller Vogelarten, 13% aller Fischarten, 8% aller Amphibienarten und sogar 22% aller Pflanzenarten weltweit – das sind über 40.000 Pflanzenarten, über 427 Säugetierarten (u.a. Ozelot, Jaguar, Flussdelfin und viele mehr), 1.294 Vogelarten (z.B. Kolibris, Kaiseradler, Aras, und Tukane) und über 3.000 Fischarten. Durchschnittlich jede 10. Art weltweit lebt im Regenwald.
Viele Gebiete im Amazonas sind noch immer unerforscht, es ist also davon auszugehen, dass noch weit mehr Tiere und Pflanzen dort eine Heimat haben.
Die Artenvielfalt spielt übrigens eine große Rolle als Quelle für medizinische Wirkstoffe und technische Entwicklungen (Bionik).

Indigene Bevölkerung
Im Amazonas-Regenwald leben rund 320 verschiedene indigene Bevölkerungsgruppen, viele auf traditionelle Art. Doch in den letzten Jahrzehnten wurden über 20% der Regenwaldflächen vernichtet. Das bedroht nicht nur die Tiere und Pflanzen, sondern ebenso die indigenen Gemeinschaften. Der Regenwald liefert ihnen Baumaterial, Nahrung und Medizin. Verschwindet der Regenwald, verlieren sie ihre Lebensgrundlage.
Indigene Gemeinschaften tragen oft erheblich zum Schutz des Regenwaldes bei und verfügen über sehr großes Wissen.

Regenwald und Weltklima
Regenwälder sind nicht nur artenreiche, komplexe Ökosysteme: Auch als CO2-Speicher spielt der Regenwald eine große Rolle – In den Pflanzen und im Boden des Amazonas-Regenwaldes sind 367 bis 733 Gigatonnen CO2 gespeichert. Umgerechnet entspricht das in etwa den globalen Emissionen von 18 Jahren. Somit spielt der Amazonas-Regenwald auch für das lokale und globale Klima eine wesentliche Rolle. Und gleichzeitig kommt ihm eine Schlüsselrolle im Klimaschutz zu.
Wird der Regenwald abgeholzt, wird dadurch zusätzlicher Kohlenstoff freigesetzt, der über Jahrhunderte in der Biomasse des Waldes und im Boden gebunden war. Leider ist die Entwaldungsrate hoch: zwischen 2005 und 2014 wurden im Durchschnitt pro Minute ca. 2 Fußballfelder Regenwaldfläche zerstört – durch Brandrodung, Abholzung oder andere schwerwiegende Eingriffe. Inzwischen sind es sogar 3 Fußballfelder pro Minute. So wird der Regenwald von der Kohlenstoff-Senke zur Kohlenstoff-Quelle.
Durch die Vernichtung der Regenwälder können sie ihre wichtige, stabilisierende Aufgabe für das Klima also immer schlechter erfüllen.
Forscher gehen davon aus, dass gerade dem Amazonas-Regenwald eine besondere Rolle für das Weltklima zukommt: Durch den großen Wasserhaushalt hat er einen enormen Einfluss auf die Erdatmosphäre. Er produziert die hohen, gleichmäßig über das Jahr verteilten Niederschläge zu einem großen Teil selbst. Die natürliche Vegetation des Waldes und das Wolkendach durch den Wasserkreislauf schützen die Erde vor einer noch stärkeren Aufheizung. Konkret bedeutet das: Die Pflanzen und Bäume des Regenwaldes geben über ihre Blätter viel Feuchtigkeit ab. Diese Feuchtigkeit sammelt sich in Form von Wolken über dem Regenwald. Die Wolken strahlen einen erheblichen Teil der Sonnenstrahlung in den Weltraum zurück. Dadurch wir die Atmosphäre gekühlt. Das Fachwort für diesen Vorgang ist „Evapotranspiration“.
Wird der Regenwald zerstört, verringert sich dieser Kühleffekt auf das Weltklima und die freigesetzten Treibhausgase erwärmen die Erde zusätzlich.
Zudem binden Regenwälder 12% des Süßwassers auf der Erde. Auch 40% des Sauerstoffs, den wir einatmen, stammt aus Regenwäldern. Damit sind Regenwälder zwar nicht ganz „Lunge der Erde“, aber spielen eine wesentliche Rolle.

„Highway zum Kipp-Punkt“
Leider ist der Amazonas-Regenwald in einem schlechten Zustand. Durch Landnutzungsänderungen wurden bereits über 18% des Waldes unwiderruflich zerstört. Weitere 17% der Waldflächen sind in einem deutlich schlechten Zustand. Bis zu 47 Millionen Menschen sind durch diese zunehmende Zerstörung des Regenwaldes im Amazonas-Gebiet gefährdet. Ihre Ernährungssicherheit und Lebensgrundlage ist eng mit dem Regenwald und dessen Ökosystemen verbunden. Durch die Zerstörung ist beides stark gefährdet. Global gesehen wird durch die weitere Zerstörung von Regenwald die Einhaltung des 1,5°C-Zieles weiter gefährdet – und somit viele weitere Menschen weltweit.
Erwärmt sich das Weltklima um 1,5°C bis 2,0°C, können laut IPCC bis zu 30% aller Arten aussterben. Umgekehrt kann der Verlust von Biodiversität die Klimakatastrophe verschärfen. Forscher vermuten, dass im Amazonas-Regenwald hier bald ein Kipppunkt erreicht sein könnte.
Und da es durch die Veränderungen im Klimasystem an vielen Orten heißer und trockener wird, kann der Wasserkreislauf des Regenwaldes ab einem bestimmten Punkt zusammenbrechen. Das würde bedeuten, dass aus den üppigen, grünen und artenreichen Regenwäldern artenärmere und trockenere Savannen werden. Das lokale Klima würde sich dadurch stark ändern.
Auch die fortschreitende Zerstörung des Regenwaldes selbst kann bald zu einem Kipppunkt führen: Aktuell sind gut 20% des Amazonas-Regenwaldes zerstört. Forscher gehen davon aus, dass bei 25% Zerstörung der Wasserkreislauf des Regenwaldes beeinträchtigt wird. D.h., es würde weniger regnen. Das würde den Amazonas-Regenwald weiter schwächen, die auf Regen angewiesene Vegetation würde nach und nach in eine Savanne verwandelt und der Regenwald verloren gehen.
Daher ist es wichtig, Klimakrise und Artensterben gleichzeitig anzugehen und sich für den absoluten Schutz des verbleibenden Regenwaldes einzusetzen. Diese Aspekte sind eng miteinander verbunden und bedürfen einer gemeinsamen und engagierten Lösung.

Das fordert der WWF
Pünktlich zur Klimakonferenz in Scharm el-Scheich hat der WWF einen neuen Report veröffentlicht. Als Ergebnis fordert der WWF bei der Klimakonferenz zusammen mit indigenen Gruppen, 80% des Amazonas-Regenwaldes bis 2025 unter Schutz zu stellen. Dafür muss die Politik die größten Treiber der Entwaldung eindämmen. Das sind (illegaler) Bergbau, Landnahme für die industrielle Landwirtschaft, Korruption, (illegalen) Holzeinschlag und Handel mit Wildtieren und den Ressourcen des Waldes. Parallel müssen Industrienationen durch Gesetze verhindern, dass durch den Anbau von Fleisch, Kakao, Kaffee, Mais, Palmöl, Holz oder (Futter-)Soja Regenwald zerstört wird (Lieferkettengesetz).
Konkret unterstützt der WWF auch indigene Gemeinschaften vor Ort (insbesondere in Bezug auf Landrechte der indigenen Bevölkerung, auch durch rechtliche Vertretung vor Gericht), bildet Ranger aus und unterstützt sie mit Material und Ausrüstung wie z.B. Fotofallen, GPS-Sender oder Feldstecher zum Schutz des Regenwaldes und der Artenvielfalt, und fördert die Einrichtung und Überwachung von Schutzgebieten.

Fazit
Regenwaldschutz und Klimaschutz sind eng miteinander verbunden. Für einen wirksamen Klimaschutz müssen die verbliebenen Regenwälder erhalten werden. Die weitere Vernichtung würde die Klimakatastrophe verschlimmern und wertvolle Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen zerstören. Um dies zu erreichen, braucht es engagiertes politisches Handeln.
Quellenangaben (letzter Zugriff jeweils am 10.11.2022)
- Klima und Regenwald – Positionspapier von Rettet den Regenwald e.V. https://www.regenwald.org/themen/klima/positionspapier-klima?mtu=566125911&t=14185
- WWF-Report: Amazonas-Regenwald am „Highway zum Kipp-Punkt“ https://www.wwf.at/wwf-report-amazonas-regenwald-am-highway-zum-kipp-punkt/
- Mehr Hilfe für die Wälder am Amazonas https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/amazonien/zustand-und-bedeutung/
- Klima und Regenwald https://www.regenwald.org/themen/klima
- Bildquelle Infografik Kettenreaktion am Amazonas https://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/Bilder_und_Videos/Amazonien/Die-Kettenreaktion-am-Amazonas-Infografik.png

Eine Story von: Stephanie
Stephanie schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen - melde dich gerne bei uns.