Ein weißes Band auf einem braunem Hang. Dieses Bild findet man derzeit, wenn man die Worte Kitzbühl und Skisaison in die Suchmaschine eingibt. Schaut man auf der Seite des Kitzbühler Skigebiets unter aktueller Schneebericht, so steht da bei Pistenschneehöhe 80cm, bei letzter Schneefall 30.April. Wie kann das sein?
Mitte Oktober eröffnete Kitzbühl die Skisaison und löste damit eine Diskussion über Wintersport in Zeiten der Klimakrise aus. Das Skigebiet wirbt mit einer 200tägigen Saison von Oktober bis Mai und mit „Schneesicherheit“ in „unberührter Natur“. Nur Gletscherskigebiete können früher eröffnen. Das Kitzbühler Skigebiet liegt dagegen am höchsten Punkt gerade einmal 2000m über NN.
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Woher kommt der Schnee?
Die geöffnete Piste befindet sich auf der Resterhöhe und ist ca. 700m lang und 60m breit. Bei dem Schnee handelt es sich anders als man vielleicht erwarten würde nicht um Kunstschnee, sondern um „recycelten“ Schnee aus dem letzen Winter. Dieser wurde den Sommer über unter Planen auf 1800m Höhe gelagert und so kommt es, dass Mitte Oktober bei 20 Grad im Tal die ersten Skifahrer über die Piste fahren. Es ist schon das fünfte Jahr in Folge, dass Kitzbühl so früh eröffnet. Wie lange die Piste befahrbar ist, hängt allerdings vom Wetter ab.
In Zeiten des Klimawandels
Die Bilder der Piste lösten nicht nur in Österreich eine Diskussion aus. Für die Tiroler Grünen ist das „in Zeiten der Klimakrise (…) nur mehr grotesk.“ Josef Schrank vom WWF Österreich sagte: „Die Fotos vom Saisonstart zeigen eindrücklich, dass der Respekt vor der Natur im Wintertourismus immer weiter verloren geht.“
Skifahren mit Folgen
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Kritik am Wintertourismus gibt es von Umweltschützern allerdings nicht nur für Kitzbühl, sondern auch im Allgemeinen. Für den Bau einer Piste müssen Wälder gerodet und Waldböden planiert werden. Auch die dazugehörige Infrastruktur –Parkplätze, Hotels, Straßen, Lifte- nimmt viel Platz ein und damit Lebensraum weg. Durch die Planierung wird der Boden verfestigt und Wasser kann schlechter abfließen. Als Folge steigt die Gefahr für Überschwemmungen sowie Schlamm- und Gerölllawinen.
Immer mehr Skigebiete sind zudem auf künstliche Beschneiung angewiesen. Dazu wird aber viel Energie und Wasser benötigt: Für die Beschneiung eines Hektars mindestens eine Million Liter Wasser. Zum Auffangen des Wassers werden Speicherseen angelegt, die wiederum Platz brauchen. Einige Alpenflüsse führen heute bis zu 70 Prozent weniger Wasser als vor der Einführung von Schneekanonen. Und von wegen leise rieselt der Schnee: Schneekanonen kommen an die Lautstärke einer viel befahrenen Straße heran. Meist werden sie zudem abends eingesetzt und sorgen bei Wildtieren für Stress in deren Ruhephase.
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Ein Problem, das leicht zu übersehen ist, ist die Anreise der Wintersportler. Die meisten Menschen fahren mit dem Auto und nicht mit der Bahn in den Skiurlaub: 84 Prozent der Urlaubsreisen in die Alpen werden mit dem Auto gemacht. Der Skitourismus ist somit sowohl „Opfer“ des Klimwandels, da er auf genug Schneefall angewiesen ist, als auch Mitverursacher. Zerstört er die alpinen Ökosysteme, wird gleichzeitig seine eigene Grundlage zerstört.
Tipps, wie man seinen Skiurlaub zumindest etwas nachhaltiger gestalten kann, hat der WWF hier zusammengefasst.
Kitzbühler Bergbahnen: „Unser ökologischer Fußabdruck stimmt“
Die Kitzbühler Bergbahnen wehren sich gegen die Kritik. Der ökologische Fußabdruck der geöffneten Piste sei kleiner als der der Gletschergebiete, da die Anreise kürzer sei. Sowohl der Österreichische als auch der Deutsche Skiverband trainieren in Kitzbühl. So müssten die Sportler nicht irgendwo hin geflogen werden.
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Klimaschutz fordern und trotzdem Ski fahren – geht das?
Jetzt könnte man nach diesem Artikel denken, dass ich selbst gegen Skifahren eingestellt bin. Tatsächlich habe ich aber eine sehr wintersportverrückte Familie, fahre seit ich denken kann jedes Jahr in den Skiurlaub und habe diesen Artikel gerade geschrieben, weil ich selbst so gerne Ski fahre. Die Frage, ob ich es mit mir selbst verantworten kann, weiter Ski zu fahren, habe ich mir schon oft gestellt –und trotzdem will ich nur ungern darauf verzichten. Ich finde es aber absurd, dass Kitzbühl versucht, den Skibetrieb 200 Tage im Jahr aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig denke ich, dass man auch die Menschen, die in den Alpenregionen leben und vom Tourismus abhängig sind, verstehen muss. Wenn einige von ihnen für die Erweiterung oder den Zusammenschluss von Skigebieten sind, dann sicherlich, weil sie den Tourismus in ihrer Region aufrecht erhalten wollen. Andere befürchten, dass dieser gerade durch die weitere Beanspruchung der Natur und den ausbleibenden Schneefall gerade dadurch zerstört wird und suchen nach anderen Wegen von Tourismus.
Wie denkt ihr darüber? Fahrt ihr gerne Ski? Werdet ihr weiter Ski fahren? Dürfen wir weiter Ski fahren und gleichzeitig mehr Klimaschutz fordern? Oder passt unser Handeln dann nicht zu unseren Forderungen und wir sind inkonsequent? Ist Skifahren ein Luxus, den wir uns nicht leisten können, wenn wir die Natur erhalten wollen? Und was haltet ihr vom frühen Start der Skisaison in Kitzbühl? Ich freue mich über eure Kommentare.
Quellen
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kitzbuehel-ski-piste-1.4649596
https://www.kitzbuehel.com/de/winterurlaub/skigebiet
https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/wintersport-mit-folgen-das-oekosystem-alpen/
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