Von umweltverträglichen Batterien bis zu klimaneutralen Kühen?
Auch in diesem Jahr forschen die 2°Campus-Teilnehmer:innen an spannenden Projekten!
Wie lassen sich welche Dämmstoffe recyceln? Wie kann man Dual-Ionen-Batterien mittels Graphit aus
biologischen Quellen umweltfreundlicher machen? Kann Milchproduktion ökologisch sein? Und
welches Potential steckt in bunten Solarzellen?
Die diesjährigen 2°Campus Teilnehmer:innen können diesen Fragen mit der Hilfe ihrer
wissenschaftlichen Mentor:innen in den Sommerferien diesen Jahres nachgehen.
Die insgesamt 20 Teilnehmer:innen durften sich nach spannenden Expertenvorträgen und
Diskussionen in vier unterschiedliche Themengebebiete einteilen. Die Teams Ernährung, Mobilität,
Energie und Gebäude haben jedoch alle etwas gemeinsam, denn sie wollen mittels wissenschaftlicher
Forschung einen Beitrag zum Erreichen des 2°-Ziels (oder besser: des 1,5°-Ziels) leisten.
Die Forschung wird primär an 3 Universitäten in Deutschland stattfinden, an denen die
Teilnehmer:innen die erste Hälfte der Forschungsaufenthalte im Sommer verbringen werden.
Kooperationspartner des 2°-Campus sind die Universitäten in Münster (Westfälische WilhelmsUniversität Münster), in Wuppertal (Bergische Universität Wuppertal) und in Eberswalde (Hochschule
für nachhaltige Entwicklung Eberswalde).
In der zweiten Woche fahren alle Teilnehmer:innen zusammen mit den Teamleiterinnen nach Berlin
(Technische Universität Berlin), wo die Forschungsergebnisse analysiert, auf Fehler geprüft und die
Forschungsfragen beantwortet werden sollen.
Doch diese Forschung benötigt einen langen Vorlauf, weswegen die Teilnehmer:innen bereits jetzt
eine Forschungsfrage und einen Zeitplan bis zum 2. Block des 2°-Campus entworfen haben.
Dafür wurden im Rahmen des 1. Blocks des 2°-Campus vom 28. März 2021 bis zum 02. April 2021 die
wissenschaftlichen Fragestellungen ausgearbeitet und methodische und praktische Überlegungen
angestellt.
Im Folgenden stellen alle Gruppen ihre Forschungsfragen sowie ihr weiteres Vorgehen exemplarisch
dar.
Mobilität:
Mobilität ist ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens und deshalb auch ein nicht zu
vernachlässigender Faktor beim Erreichen der Klimaschutzziele. Um beispielsweise die Klimaziele von
2030 zu erreichen, muss der Verkehrssektor laut Bundesregierung seine Emissionen von 163.5
Millionen Tonnen CO2 (Stand: 2019) um ca. 41% jährlich auf 95-98 Tonnen reduzieren. Ein
vielversprechender Ansatz ist hier die Elektromobilität, die den Verkehrssektor nachhaltiger machen
soll. Wir werden uns deshalb mit dem wohl wichtigsten Bestandteil von Elektroautos, der Batterie,
beschäftigen.
Batterien werden heutzutage fast überall benötigt und sind vor allem in der Elektromobilität
unverzichtbar.
Graphic: Bartz/Stockmar, CC BY 4.0
Die Untersuchung von Batterien im Bezug auf Elektromobilität ist für die Mobilitätsgruppe angesichts
der Forschungsgegenstände vergangener 2°-Campus Gruppen nichts Neues, also warum forschen wir
dieses Jahr an Dual-Ionen-Batterien? Herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien können schnell geladen
werden und gehen normalerweise nie kaputt.
Ist ein Umdenken also überhaupt notwendig? Trotz ihres großen Potenzials hat die Lithium-IonenBatterie auch viele Nachteile.
Der größte Nachteil besteht in der Nachhaltigkeit der zur Herstellung benötigten Rohstoffe. Die
Materialien Nickel und Cobalt, welche die Kathode bilden, werden teils unter menschenunwürdigen
Bedingungen abgebaut und verursachen zudem mit ihrer Förderung und Verarbeitung viele
Emissionen.
Um dieses Problem zu umgehen, werden in der Dual-Ionen-Batterie Nickel und Cobalt durch Graphit
ersetzt, sodass dieses sowohl für die Anode als auch für die Kathode genutzt wird.
Graphit kann entweder synthetisch aus Erdöl hergestellt werden, indem es stark erhitzt wird, oder in
Bergwerken gefördert werden. Aber auch das ist uns noch lange nicht nachhaltig genug!
Deshalb untersuchen wir, welchen Einfluss aus Biomasse hergestelltes Graphit auf die Leistung der
Batterie hat. Wir möchten herausfinden, welche Biomassen (zum Beispiel industrielle Abfälle wie Reste
aus der Papierherstellung) sich am besten dafür eignen und wie sich diese auf die Batterie auswirken.Im Sommer möchten wir daher, unterstützt von unseren wissenschaftlichen Mentoren Sven und Jens,
am MEET in Münster forschen und dort unter anderem Testbatterien mit unterschiedlichem, aus
Biomasse hergestelltem, Graphit produzieren und testen.
So möchten wir herausfinden, ob und inwiefern man herkömmliches Graphit in der Dual-IonenBatterie durch nachhaltigeres Graphit aus Biomasse ersetzen kann, um eine noch umweltfreundlichere
Speichertechnik zu ermöglichen.
Energie:
Wie lassen sich organische Farbstoffsolarzellen durch eine Variation der ITO- und TitandioxidSchichten optimieren?
Unter dieser Leitfrage wird sich das diesjährige Energie-Team damit beschäftigen, wie die Technologie
von erneuerbaren Energien effizienter und umweltfreundlicher werden kann. Wusstet ihr
beispielsweise, dass der Wirkungsgrad bei Solarzellen derzeit nur rund 22% beträgt, also nur etwas
mehr als ein Fünftel der potentiellen Energie tatsächlich genutzt werden kann?
Die organische Farbstoffsolarzelle enthält - im Gegensatz zu den "klassischen" siliziumbasierten
kristallinen Solarzellen - als Farbstoff natürliche pflanzliche Stoffe, etwa aus Brombeeren oder roter
Bete.
Sie besteht aus zwei Elektroden, angebracht im Abstand von nur wenigen Mikrometern. Die Kathode
ist dabei doppelt beschichtet: neben einer dünnen Schicht aus Titandioxid kommt nun die benannte
Farbstoffschicht zum Einsatz. Sie absorbiert das Sonnenlicht und bewirkt eine Ablösung der einzelnen
Elektronen von den Farbstoffmolekülen. Das Titandioxid nimmt die freien Elektronen auf, sodass die
positiven Ionen durch die Elektrolytlösung zur Kathode wandern. Auf diese Weise entsteht eine
elektrische Spannung, welche über einen externen Stromkreis elektrische Geräte antreiben kann.
Leitfähige Indium-Zinn-Oxid-Schichten (ITO-Schichten) auf den Glasplatten ermöglichen dabei diesen
Stromfluss.
Graphic by Natalia Teplitska
Wir sehen in solchen Farbstoffzellen großes Potenzial, denn sie sind kostengünstiger und einfacher zu
produzieren als die derzeit üblichen Varianten. Jedoch liegen ihre Lebensdauer und der Wirkungsgrad
zumeist noch weit unter den herkömmlichen kristallinen Solarzellen.
Und hier kommen wir ins Spiel:
Wir wollen gemeinsam mit unseren Mentor:Innen im MExLab der Uni Münster herausfinden, wie
insbesondere die Titandioxid- und ITO-Schichten optimiert werden können, damit Sonnenlicht
effizienter von der Solarzelle absorbiert werden kann. Dazu werden wir uns vor allem anschauen, wie
die Dicke der beiden Schichten die Effizienz der Solarzellen beeinflusst. Wir stellen dafür selbst welche
her und nehmen sie dann mit Messgeräten, wie dem Spektralphotometer, unter die Lupe.
Denn nur, wenn es uns gelingt, die Technologien zu verbessern und nachhaltiger zu gestalten, haben
wir eine Chance, den Energie- und Klimaproblemen der Gegenwart und Zukunft zu begegnen!
Seid also gespannt auf unsere Ergebnisse! :-)
Ernährung:
Sind zufriedene Kühe klimafreundlicher?
Zusammen mit Ann-Kristin Saurma-Jeltsch (wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HNE Eberswalde)
beschäftigen wir uns dieses Jahr mit der Milchproduktion - dazu bearbeiten wir folgendes Thema:
Kann Milchproduktion ökologisch sein? – Betrachtung von Tierwohl und Klimafreundlichkeit
Bei der Bewertung unterschiedlicher Haltungsformen betrachten wir zwei Dimensionen,
Nachhaltigkeit und das Wohlergehen der Tiere.
Graphic: stanze CC-BY-SA 2.0
https://www.flickr.com/photos/stanzebla/8696223685
Wir fragen uns: Besteht eine Korrelation zwischen Tierwohl und Methanausstoß, kann beispielsweise
ein eindeutiger Zusammenhang zwischen schlechten Haltungsbedingungen und einem erhöhten
Methanausstoß hergestellt werden?
Zwischen 500 und 1500 Litern umweltschädliche Gase stößt der "Klimakiller" Kuh täglich aus, davon
30-40% Methan und 50-60% Kohlenstoffdioxid. Lassen sich diese Emissionen auf natürliche Weise (z.B.
durch Futter) minimieren? Abgesehen davon kommen bei der Betrachtung von Tierhaltung auch
ethische Fragen auf.
Wir werden beobachten, wie sich das Verhalten der Tiere in verschiedenen Haltungsformen
unterscheidet, um herauszufinden, wie sich das Wohlergehen von Kühen effektiv verbessern lässt.
Zudem wollen wir ermitteln, inwiefern sich die Züchtung auf das natürliche Verhalten der Kühe
auswirkt.
In der Verknüpfung ökologischer und moralischer Aspekte sehen wir großes Potenzial und blicken
gespannt auf den Sommer, wenn wir erforschen: Können wir Kühe glücklicher machen und gleichzeitig
das Klima retten?
Gebäude:
Als der vierte Pfeiler der Forschung am 2°-Campus deckt die Gebäude-Gruppe einen weiteren,
essentiellen Baustein unseres alltäglichen Lebens ab. Ein Großteil des Tages verbringt man in
Gebäuden, insbesondere natürlich dem eigenen Domizil, aber auch im Büro, im Supermarkt oder beim
Shopping. Daher ist es eminent, auch diese Dimension sowohl unter dem Aspekt der Energieeffizienz
(daraus folgend auch der Emissionsreduktion) als auch unter Betrachtung der Lebensqualität und der
daraus erwachsenden gesellschaftlichen Verantwortung zu analysieren.
Graphic: Thusfloe CC BY-SA 4.0
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:MHMA_0216773.jpg#/media/File:MHMA_0216773.jpg
Damit im Sommer direkt mit der Arbeit begonnen werden kann, wurde auch in der Gebäude-Gruppe
eine Forschungsfrage formuliert. Unterstützt wird die Forschungsgruppe dabei von Prof. Dr. Karsten
Voss, der seit 2003 an der Bergischen Universität Wuppertal in der Fakultät für Architektur und
Bauingenieurwesen - Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung lehrt und forscht.
Nach einem kurzen "Brainstorming" über die Gesamtheit aller zur Verfügung stehenden Themen
begrenzte sich die Gruppe final auf das Thema des Recyclingpotentials von Bestandsgebäuden unter
dem Gesichtspunkt der Emissionsreduktion.
Konkret lautet die Forschungsfrage:
"Wie können Bestandsgebäude recyclinggerecht und unter Verwendung von Baustoffrecycling
modernisiert werden, um zur Emissionsreduktion im Lebenszyklus beizutragen?"
Beim Klimaschutz ist es wichtig, zeitnah und konkret zu handeln. Um nach diesem Credo an unserer
Forschungsfrage arbeiten zu können, erstellten wir mit unserem Mentor ein strukturiertes Vorgehen
sowie eine wissenschaftliche Methodik.
Oftmals wird kritisiert, dass Informationen, gerade sehr spezifische, nicht hinreichend verfügbar sind,
doch durch Herrn Voss' Expertise in umfassenden Materialdatenbanken, die eine schiere Flut an
detailliertem Fachwissen bereitstellen, wird es der Gruppe in Zukunft nicht an den erwähnten
Informationen, welche die Grundlage der Recherche und der weiteren Vorgehensweise bilden,
mangeln.
Erwähnenswert ist in erster Linie Ökobaudat, eine Baustoffdatenbank des Bundesministerium Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung, welche bei der Bestandsanalyse hilfreich sein wird. Auch WeCobis "bietet
für die wichtigen Bauproduktgruppen und Grundstoffe umfassende, strukturiert aufbereitete,
herstellerneutrale Informationen zu gesundheitlichen und umweltrelevanten Aspekten einschließlich
möglicher Anwendungsbereiche" (https://www.wecobis.de/).
Chronologisch begonnen wird mit der Analyse unserer eigenen Anwesen, welche durch Fachinterviews
mit erlesenen Experten verschiedenster Bereiche ergänzt wird. Um die große gesellschaftliche und
politische Tragweite zu würdigen, führen wir eine typologische Klassifizierung der Forschungsobjekte
durch und abstrahieren diese auf die Gesamtheit. Weiterhin wird uns die große Ehre zuteil, ein mit
intensivem Forschungsaufwand kreiertes und brandneu erschienenes Analysetool (UMI-Tool :=
UrbanMining-Tool) zu testen, welches durch eine Kaskade an Kalkulationen einen Wert zur Einordnung
des Recyclingpotentials des eingegebenen Rohstoffs zurückgibt.
Der Forschungsaufenthalt ist mit enormer Vorarbeit verbunden, aber das Ziel, das Klima zu schützen,
ist jede Mühe wert! Die einzelnen Schritte sind fest terminiert, wir sind stets vernetzt und arbeiten
passioniert an unserem Forschungsziel, oder viel eher, dem zugrundeliegenden
gesamtgesellschaftlichen Ziel!
Wir freuen uns auf den Sommer und werden Euch bis dahin weiter über den Forschungsstand auf dem
Laufenden halten!
Liebe Grüße,
die Teilnehmer des diesjährigen 2°-Campus
Zum Thema der Ernährungsgruppe habe ich erst gestern einen Artikel gelesen:... mehr